WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
uns fragend an, während Angelo weiter vor sich hin plap -perte, als spräche er über alte Bekannte.
„Sie betreten jetzt den Sala del Maggior Consiglio . – In Italien isst man für gewöhnlich später, wundern Sie sich daher bitte nicht, dass Ihre Gast-geber selbst nichts essen werden. Wir nehmen unsere Mahlzeit geson-dert ein.“
„Oh, warum haben Sie denn das Essen nicht auf später verlegt? Das ist doch sicher umständlich für Sie!“
„Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Signorina . Unser Zeitplan erlaubt es einfach nicht anders. Der Ball beginnt um neun Uhr und Sie müssen noch eingekleidet werden. Und ich versichere Ihnen, dass das Dinieren mit Kostüm weitaus umständlicher wäre.“
Angelo öffnete die Tür. Endlich trafen wir auf unsere Gastgeber, die ebenfalls festlich gekleidet waren: in schwarz-silber. Ihre Masken reich -ten bis zur Nase, waren aber sonst genauso unangenehm anzusehen wie die, die das ganze Gesicht verdeckten.
„ Il mio righello , das sind Signore René Detter und Signorina Josephine Baker”, Angelo verbeugte sich, „der Doge Ludovico Manin und die Dogaressa Elisabetta Grimani.“
Wir reichten uns die Hände, wobei er meine gleich mit beiden um -schloss und Josephines galant küsste, ohne sie mit seinen Lippen zu berühren.
„Bitte, setzen Sie sich, Angelo wird Sie zu Ihren Plätzen bringen.“
„Kommen Sie“, forderte Angelo uns auf und wies uns die ersten Plätze auf der Seite des Dogen zu. Er hatte seinen Stuhl kaum zurechtgerückt, da betrat das nächste Paar den Saal und die Begrüßungszeremonie wiederholte sich.
„Wie viele Sprachen spricht denn der Doge?“, wollte Josephine wissen, die alles genau verfolgte.
„Er spricht alle wichtigen Weltsprachen, Signorina .“
„Er muss sehr sprachbegabt sein.“
„ Sì, Signorina .“
Rastlos ließ sie ihren Blick über den Tisch gleiten und entdeckte zwi -schen Wasserflaschen und Gläsern ein kleines Täfelchen, auf dem das Menü angepriesen wurde.
„Oh mein Gott!“, entfuhr es ihr, „was ist denn DAS?“ Mit ihrem Finger zeigte sie auf das Wort ‚Meerspinne‘ und rümpfte die Nase.
„Das ist ein Krebs, Signorina , schmeckt ausgezeichnet.“
Wirklich begeistert sah sie nicht aus. „Ich mag gar keinen Fisch“, verkündete sie kleinlaut.
„Schatz, bitte, du musst ihn ja nicht essen!“ Allein durch meinen Blick versuchte ich sie darauf aufmerksam zu machen, sich etwas zurückzu -nehmen.
Sie zog eine Schnute und lehnte sich zurück. „Ich bin nur so schreck-lich aufgeregt!“
„Ich weiß.“
Mit dem letzten Paar setzten sich auch der Doge und seine Frau an die Stirnseite des Tisches. „Es ist uns eine ganz besondere Freude, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind. Wir hoffen, Sie genießen Ihren Aufent-halt.“ Sie erhoben ihre Weingläser und wir griffen zu unseren und blickten erwartungsvoll drein.
„Trinken Sie“, forderte Angelo uns auf.
Wir waren alle etwas irritiert, da der Doge und seine Frau die Gläser unbenutzt wieder abgestellt hatten. Hier trank man Wein wohl nur zum Essen. Kurz darauf wurde die Vorspeise serviert.
„Sie essen auch nichts, Angelo?“
„ Sì, Signorina , zu früh.“ Er nickte.
Josephine verputzte die Vorspeise bis zum letzten Basilikumblatt und stocherte dafür im Risotto alla Marinara , bei dem sie zumindest versuchte ein paar Reiskörner zu essen, und im zweiten Gang, der Meerspinne, verlegen herum. Den anderen Gästen erging es nicht anders. Die einen mochten Fisch, die anderen nicht. Mit Freude wandte sie sich dafür dem Dessert zu: Mandelgebäck.
„Werte Gäste“, in meine eigenen Gedanken vertieft, zuckte ich zusam -men, „wir hoffen, es war alles zu Ihrer Zufriedenheit.“
Ohne weitere Formalitäten wurde der Tisch abgedeckt und wir von unseren Begleitern nach draußen gebracht. In Dreiergrüppchen liefen wir zum nächsten Raum, wo wir bereits erwartet wurden. So ungefähr musste es in der Garderobe einer exklusiven Modenschau aussehen. Mit Vorhängen abgetrennte Bereiche zum Umziehen, mehrere antike Frisierkommoden mit großen Spiegeln und dazugehörigen Sitzbänken. Die Stylistinnen waren im Vergleich zu den anderen eher schlicht g ekleidet, das wohl praktische Gründe hatte. Auch die Masken waren anders: sie bedeckten nur den Bereich um Augen, Nase und Mund. Unsere Kostüme glichen in der Form denen des Dogen und seines Gefolges und waren rot-gold.
Die Frauen wurden zuerst geschminkt. Josephine schielte dabei aber ständig zur Seite, was
Weitere Kostenlose Bücher