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WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

Titel: WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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den Fallenboden unmittelbar neben der Kreatur richtete, vermochte Fyrsar Einzelheiten zu erkennen.
    Nicht größer als seine Hand war die Fee, ihre Gestalt dabei men -schenähnlich. Noch immer entströmte ihr das eisblaue Strahlen, doch hatte es sich mit dem Schließen der Klappe so stark abgeschwächt, dass es ihre Gestalt nicht  mehr verhüllte. Wo ihr Körper endete und das Schimmern begann, konnte er schwer ausmachen, denn auch ihre Haut war von der Farbe unsicheren Winterlichts, knochenbleich und opali-sierend. Nichts umhüllte ihren Leib. Geschlechtsloser als der eines Kindes wirkte er und haarlos von Kopf bis Fuß. Fyrsar wusste nicht zu sagen, ob es sich um eine weibliche Fee handelte, ja ob derartige Unter-scheidungen überhaupt existierten.
    Die gespreizten Finger und Zehen endeten in saugnapfartigen Ver -dickungen, zwischen denen sich Flughäute spannten. Sieben Flügel entsprangen dem Rücken, von der Struktur eines zerrissenen Spinnen-netzes. Wie vermochten diese Schwingenskelette selbst so wenig Ge-wicht zu tragen?
    Am abscheulichsten aber fand Fyrsar ihr Gesicht. Mund und Nase bildeten lediglich Schlitze darin, während die Augen als schwarze Ab -gründe gähnten, in deren Nähe sich nicht einmal der eigene Schein wagte. Aus ihrer Stirn wuchsen Fühler, auch deren Enden waren mit Saugnäpfen versehen.
    Die Fee öffnete den Spalt ihres Mundes und entrollte eine schwarz -glänzende gespaltene Zunge, die viel zu lang für ihre übrigen Propor-tionen war. Schlangengleich schnellte sie in seine Richtung und wurde wieder eingezogen.
    Ein taubes Gefühl erfasste Fyrsar, seine Gedanken flossen träger dahin und der modrige Geruch des Friedhofs ließ seinen Atem plötzlich qu älend stocken. Der gegenwärtige Moment entglitt ihm und wurde von Bildern der jüngsten Vergangenheit überlagert, die aufflackerten wie nächtliche Landschaft unter Gewitterblitzen.
    Zum ersten Mal hatte er das kalte Leuchten des Zauber wesens in der Nacht nach Karoas` Beisetzung erblickt. Nichts hatte der alte Knau-serich Fyrsar hinterlassen, obwohl der ihm seit zwei Jahren treu gedient und all seine Launen ertragen hatte. Wie oft hatte Fyrsar seinem Herrn den Spucknapf geleert, wenn dieser nach einer durchzechten Nacht nicht aus dem Bett aufstehen konnte, kein Wunder also, dass Karoas schon in so jungen Jahren verstorben war.
    Natürlich hatte Fyrsar selbst für Gerechtigkeit gesorgt. Schließlich war er nun ohne Anstellung und gezwungen, sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten, was einem jungen Burschen von seinem Aus -sehen übel anstand. Das Geschmeide, auf das Karoas im Leben so viel Wert gelegt hatte, dass es ihm seine vor Gram verwirrte Witwe sogar mit ins Grab gab, war für den Toten nun ohne Nutzen. Niemals hätte Fyrsar damit gerechnet, nach Karoas` Tod einfach entlassen zu werden, aber genau das war geschehen. Konnte man es ihm da übelnehmen, wenn er sich aneignete, was ihm zustand?
    Sich zu dem Mausoleum Zutritt zu verschaffen, war Fyrsar ein Leichtes gewesen. Was für eine Verschwendung dieses Familiengrabmal doch darstellte! Nachdem sich der Sumpf immer weiter ausdehnte, würde es nicht mehr sehr lange standhalten können.
    Und in eben jenem Moment, als Fyrsar wieder unter dem lichtlosen Nachthimmel gestanden hatte, die Ringe und Ketten seines ehemaligen Herrn in seinen Taschen befühlend, war da dieses unstete Glimmen gewesen, das er stets nur hatte aus dem Augenwinkel wahrnehmen kön-nen. Ein bläuliches Flackern, welches dort, wo es aufschien, zeigte, dass Statuen und Stelen von Nebel umhüllt wurden. Spätestens in diesem Moment war sich Fyrsar sicher gewesen, nun wieder vom Glück be-günstigt zu sein.
    Schließlich kannte er die Abbildungen strahlender Gestalten aus den Folianten seines jüngeren Bruders. Es war n icht nötig, auch die Worte der versunkenen Sprache Latinum entziffern zu können, wie dieser Stu-benhocker Bilan, um erkennen zu können, was hier über den Friedhof tanzte.
    Natürlich bewahrte Fyrsar Stillschweigen über seine nächtliche Ent -deckung, und dies nicht nur, weil es zu Unannehmlichkeiten geführt hätte, wenn Bilan erfahren hätte, wie oft Fyrsar heimlich ins Zimmer seines Bruders eindrang, um dessen Besitz zu durchsuchen. Vielmehr stand zu befürchten, dass Bilan selbst Ansprüche auf die Wunschfee erheben würde, denn letzthin schienen seine Ambitionen geradezu ins Unermessliche zu wachsen. Oder wie sonst sollte man es nennen, dass Bilan ein Auge geworfen hatte auf

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