Weltkrieg der Waehrungen
Social Security laufen. Das Problem an der Idee der Transferunion liegt darin, dass das gesamteuropäische politische Bewusstsein nur gering ausgeprägt ist. Sogar in dem wiedergewonnenen deutschen Nationalstaat gehörte der Solidaritätszuschlag für die östlichen Bundesländer, für die »Landsleute im Osten«, zu den unpopulärsten Politikentscheidungen, die in der Nachkriegszeit getroffen wurden. Die Ablehnung eines »Griechen-Soli« dürfte im Wahlvolk noch weitaus heftiger ausfallen. Meinungsumfragen bestätigten immer wieder, dass die groÃe Mehrheit der Deutschen (aber zum Beispiel auch der Niederländer) direkte Finanzhilfen an die Peripheriestaaten gelinde gesagt nicht befürwortet. In einer Meinungsumfrage vom Februar 2012 wandten sich 62 Prozent der Deutschen gegen weitere Kredite an Griechenland. Die Vorstellung, für die Fiskalunion Steuern nach Brüssel zu überweisen, lässt vielen schlicht die Haare zu Berge stehen.
Kritiker der Idee merken zudem an, dass die Europäische Union bereits jetzt gewaltige Transfers kennt und das keineswegs nur positive Effekte hatte. Deutschland überwies zuletzt netto rund acht Milliarden Euro im Jahr nach Brüssel. Griechenland wiederum kann bis 2013 allein aus dem EU-Kohäsionsfonds, der das Wohlstandsgefälle zwischen den Mitgliedsstaaten abbauen und dadurch Zusammenhalt schaffen soll, insgesamt gut 20 Milliarden Euro abrufen. Die jährlichen Zuwendungen belaufen sich auf rund 1,3 Prozent der aktuellen hellenischen Wirtschaftsleistung. Auf deutsche GröÃenordnungen umgerechnet wären das 33 Milliarden Euro im Jahr. Auf die gesamte Historie betrachtet sind die Transfers an die Peripheriestaaten erheblich. Seit seinem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft 1981 hat Griechenland insgesamt 133,5 Milliarden Euro Subventionen kassiert. Das ist mehr als die Hälfte des heutigen Bruttoinlandsprodukts. Ãbertroffen wird das Land in der Ãgäis damit nur noch von Spanien, das mit netto 157,5 Milliarden Euro subventioniert wurde. Portugal erhielt insgesamt 72 Milliarden, Irland 67,5 Milliarden Förderung aus EG- und EU-Töpfen. 70 Darüber hinausgehen zu wollen, könnte einen jener politischen Grabenkämpfe heraufbeschwören, die die Europäische Union über Jahre lähmen.
Ãkonomen der Ãsterreichischen Schule und der liberalen Tradition bezweifeln generell den Nutzen solcher Geldtransfers zwischen Nationen, die am Ende womöglich furchtbare Fehlanreize setzen. Was nützt es, wenn der Wasserkopf Brüssel Geld nach Spanien kanalisiert, das dann dort nur wieder Immobilienblasen nährt? Was hilft es, ineffiziente Strukturen zu subventionieren, zum Beispiel, dass in Griechenland Bauern für am Baum verdorbene Früchte mehr erhalten als für auf dem Markt verkaufte? 71 Zu wissen, dass das Gros des jetzigen EU-Haushalts der Agrarförderung zugutekommt, stärkt nicht gerade das Zutrauen in die Fähigkeit der Eurokraten, das Geld sinnvoll einzusetzen. So wichtig die Landwirtschaft für den Erhalt traditioneller Kulturlandschaften in Thessalien oder in der Bourgogne sein mag â die Vorstellung, dass diese Gelder der Wettbewerbsfähigkeit Gesamteuropas im 21. Jahrhundert förderlich sind, erscheint abwegig.
Wirtschaftsregierung, aber wer regiert?
Die dramatische Lage der Eurozone lässt manchen über einen radikaleren Ansatz nachsinnen. Während sich die Pro-Kopf-Einkommen in der Tat seit Jahrzehnten angleichen, war zuletzt eine Auseinanderentwicklung der einzelnen Volkswirtschaften zu beobachten. Die Deutschen haben sich, vereinfacht gesagt, aufs Exportieren, die Südländer aufs Konsumieren spezialisiert. Der bundesrepublikanischen Wirtschaft bescherte das hohe AuÃenhandelsüberschüsse, den Ãkonomien der Peripherie negative Salden in der Leistungsbilanz. Das 47-Millionen-Einwohner-Land Spanien, hier als Beispiel für die gesamte Peripherie genommen, hatte vor der Finanzkrise das in absoluten Zahlen zweithöchste Handelsdefizit der Welt â übertroffen nur von den Vereinigten Staaten, deren Volkswirtschaft fast neun Mal so groà ist.
Setzt sich die Entwicklung fort, so unterwirft das die Währungsunion einer immer gröÃeren Belastung, schon allein, weil die Defizitländer auf unablässige Kapitalimporte angewiesen sind, um so weiterzumachen. Ein solches System von Staaten, die über eine einheitliche Währung
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