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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Griechenland, die ganze Währungsunion würden damit Terra incognita betreten.
    Würde die Athener Regierung öffentlich auch nur über einen Rückzug aus der Währungsunion diskutieren, hätte das eine sofortige Kapitalflucht aus dem Land zur Folge. Die griechischen Sparer würden versuchen, ihre letzten Euro-Noten ins Ausland zu bringen, ehe ihr Vermögen in eine mutmaßliche Weichwährung transferiert wird. Der Ansturm auf die Geldhäuser würde einen Finanzkollaps auslösen und das Bankwesen des Landes binnen kürzester Zeit ruinieren. Der einzige Trick, der einen solchen programmierten Kollaps vermeiden könnte, wäre eine monetäre Über-Nacht-Aktion, eine Art Währungsputsch.
    Das Ausscheiden aus einem Währungsbund ist historisch gesehen kein ganz seltenes Ereignis. Nach einer Zählung sind seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht weniger als 87 Münzunionen aufgekündigt worden. Doch in fast allen Fällen ging der Einführung nationalen Geldes die Auflösung eines Kolonialreichs voran. Bei Griechenland lägen die Dinge anders. Der Maas­tricht-Vertrag sieht keinen Austritt vor, und für die politische Integration des Kontinents wäre es der schwerste Schlag seit Gründung der Europäischen Union. Der Währungscoup würde zudem die Frage seiner demokratischen Legitimität aufwerfen, da er ja ohne vorherige Befragung des Volkes und ohne Parlamentsbeschluss von der Exekutive durchgezogen würde. Zyniker mögen freilich anmerken, dass die Griechen wie die meisten Völker Europas nicht über die Abschaffung ihrer nationalen Währungen mitentscheiden durften. Warum also sollten sie zu deren Wiedereinführung gefragt werden? Die Exekutive könnte den Schritt mit der nationalen Notlage begründen und sich im Nachhinein die Absolution durch das Parlament erteilen lassen.
    Die Rückkehr zur Drachme mag rechtlich und politisch diffizil sein, technisch ist sie keinesfalls undurchführbar. Es beginnt an einem Wochenende mit einer überraschenden Unterbrechung des Fernsehprogramms. Der Regierungschef erscheint im Bild und verkündet die Umstellung auf ein neues Zahlungsmittel. Gleichzeitig wird eine mehrwöchige Bankenruhe ausgerufen. Die Finanzinstitute müssen geschlossen bleiben, damit die Kunden nicht sämtliches Geld noch in Euro von ihrem Konto abziehen, und damit die Angestellten die Zeit haben, den Umtausch in die »Neu-Drachme« vorzubereiten.
    Gleich am Montag beginnen die Behörden, an jeden Haushalt genügend Ersatzgeld für die Übergangszeit zu verteilen. Dieses Ersatzgeld kann durchaus provisorischen Charakter haben, es können etwa einfache Coupons sein, die später gegen frisch gedruckte Banknoten und frisch geprägte Münzen zu tauschen sein werden. Einzelhändler und andere Stellen sind per Dekret dazu verpflichtet, die Coupons anzunehmen. Während der »Bankenruhe« wird das Buchgeld auf dem Konto automatisch umgestellt, einige wenige Wochen sollten dazu reichen. Nach dieser Zeit der geschlossenen Bankschalter kann dann sukzessive der Umtausch von altem Bargeld in neues abgewickelt werden. Kritisch sind die vorhandenen Barbestände an Euro, die viele Griechen zu Hause horten.
    Nach manchen Schätzungen haben die Hellenen zwischen Beginn der Krise und Ende 2011 rund 6000 Euro pro Person abgehoben. Die Regierung wird großes Interesse daran haben, dieses Geld im Inland zu halten und in Neu-Drachmen zu tauschen, auch wenn der Kurs der Landeswährung zum Euro absacken dürfte. Manche Ökonomen gehen davon aus, dass die Neu-Drachme zum Euro 50 bis 70 Prozent verlieren würde. Eine breit angelegte Kapitalflucht würde das Land finanziell ausbluten und den Neustart erschweren. Um das zu verhindern, sind eine Zeit lang Devisenkontrollen an der Grenze und zusätzlich wohl inländische Zahlungsverkehrsbeschränkungen unerlässlich, zum Beispiel ein Maximalbetrag für Bargeld-Transaktionen, also beispielsweise Abhebungen vom Konto. Vor allem die Devisenbewirtschaftung ist mit den EU-Verträgen schwerlich in Einklang zu bringen. Im Extremfall müsste ein Land, das sich vom Euro verabschiedet, daher in Erwägung ziehen, die Gültigkeit des Maastricht-Vertrags einseitig außer Kraft zu setzen. Das käme einem Teilaustritt aus der Europäischen Union gleich, aber auch das wäre mit der nationalen Notlage zu rechtfertigen.
    Als größtes und

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