Weltkrieg der Waehrungen
Statuten des Bretton-Woods-Systems hatten die ausländischen Notenbanken das Recht, die Dollar-Ãberschüsse in Gold zu tauschen. Davon machten sie im Klima des um sich greifenden monetären Misstrauens nun zunehmend Gebrauch. Das hatte zur Folge, dass Fort Knox (die berühmte Lagerstätte des amerikanischen Goldes) in den Sechzigerjahren einen steten Abfluss von Edelmetall in Richtung Europa verzeichnete.
Deutschland, das bei Kriegsende praktisch überhaupt kein Edelmetall mehr besessen hatte, konnte bereits 1956 mehr Gold vorweisen als die Banque de France. 21 Streng genommen verlieà nur ein geringer Teil des Goldes von Amerika die Tresore der Fed in physischer Form. Teilweise wurden die Barren schlicht an Ort und Stelle umetikettiert, was immer wieder zu Verschwörungstheorien Anlass gab und gibt, das deutsche Gold werde von Amerika als Pfand für deutsche Bündnistreue gehalten. In der Tat hielt sich die Bundesbank mit Forderungen nach in Gold umgetauschten Dollars vornehm zurück: Auf die Spitze getrieben wurde das Recht, Dollarforderungen in pure Unzen Edelmetall zu konvertieren, von dem stets unbequemen Verbündeten Frankreich. Das hing, wie so oft in der Geschichte, mit dem »Personal« an der Spitze zusammen.
De Gaulles Angriff
Seit 1958 residierte im Elysée-Palast Charles de Gaulle. Es war der Streit um die Strategie in der Algerien-Frage, der die Nation zerrissen und den Weltkriegsheld als starken Mann an die Macht gebracht hatte. Kaum im Amt, gestaltete de Gaulle Frankreich grundlegend um. Er gab dem Land eine neue Verfassung und schuf die Fünfte Republik, die bis heute Bestand hat und sein Gepräge trägt. Der von ihm angeordnete Rückzug aus Algerien war zwar schmerzhaft, beendete aber einen teuren und letztlich aussichtslos gewordenen Feldzug, der immer mehr Ressourcen und Menschenleben gekostet hatte. Die Reformen machten Frankreich nicht nur politisch stabiler, sie führten auch zu einer ungeahnten Modernisierung. Doch auch die Währungspolitik war für den General Chefsache.
Die Dominanz der angelsächsischen Währungen war der französischen Politik bereits in den Zwanzigerjahren ein Dorn im Auge gewesen. Nun hing Frankreichs Geldpolitik einmal mehr von den Volten Washingtons ab, und dessen Ungeschick in Indochina brachte aus Sicht von Paris zunehmend Risiken für die heimische Wirtschaft mit sich. Eine gewisse Schadenfreude über das Scheitern der USA an dem Kriegsschauplatz, der unter dem Namen Äi á» n Biên Ph ủ bereits zum Waterloo für die französische Streitmacht geworden war, kann nicht ausgeschlossen werden. De Gaulle lieà die amerikakritische Tradition der Zwischenkriegszeit mit neuem Selbstvertrauen wiederaufleben. Für ihn war die Dominanz des Dollar eine nationale Zumutung. Sein Finanzminister Valérie Giscard dâEstaing wetterte 1960 gegen das »maÃlose Privileg«, das Amerika als einzige Nation mit einer Reservewährung genieÃe. Der General entwickelte eine ähnliche Obsession, die Abhängigkeit der französischen Währung und Wirtschaft vom Greenback abzuschütteln, wie sie eine knappe Generation später sein Amtsnachfolger François Mitterand gegenüber der D-Mark ausbilden sollte.
Hinzu kam de Gaulles enorme Wertschätzung für Gold als Währungsmetall. Der Gründer der Fünften Republik misstraute dem Papier-Dollar zutiefst, für das gelbe Metall hingegen empfand er eine fast schon religiöse Verehrung. Gold war eben immer noch Gold. Und dass der Dollar »so gut wie Gold« war, konnte in den Zeiten der permanenten Defizit-Politik niemand mehr ernsthaft behaupten. Für den General wurde die Vorstellung, das Gold von Amerika nach Frankreich zu holen, fast zur Manie. Er befahl der Banque de France, ausgiebig von den Möglichkeiten Gebrauch zu machen, die ihr das Bretton-Woods-Abkommen bot, und sich Dollar-Forderungen in Gold transferieren zu lassen. Die Bestimmungen sahen zwar in der Tat vor, dass sich ein Staat Forderungen in Edelmetall auszahlen lassen könne. Doch das Volumen der französischen Forderungen kam einem Frontalangriff auf den Dollar gleich. Da das US-Geld mit Edelmetall unterlegt sein musste, unterspülte der zunehmende Abfluss nach Frankreich die Wertbasis der US-Währung. Der französische Präsident mit seinen 1,95 Metern KörpergröÃe wurde zum lebendig gewordenen Triffin-Dilemma, zum europäischen
Weitere Kostenlose Bücher