Weltkrieg der Waehrungen
Geldgeist zu Pferde, zur Nemesis des Dollar.
De Gaulle konnte die Weltwährung schwächen, doch am Ende nicht zerstören. Noch wirkten auf der internationalen Bühne genügend Gegenkräfte, die ein Interesse daran hatten, das System von Bretton Woods trotz all seiner Schwächen aufrechtzuerhalten. Nicht nur für Japan blieb es in einer gefährlichen Welt unter dem Strich ein gutes Geschäft, Sicherheitsgarantien der Amerikaner mit finanziellem Entgegenkommen zu vergelten. Der globale Frontalangriff auf den Dollar fand nicht statt, und er verlor 1969 schlieÃlich seinen führenden Kopf: Nach einem verlorenen Referendum trat de Gaulle als französischer Präsident zurück. Die Modernisierungspolitik des über Siebzigjährigen hatte zum Aufkeimen einer rebellischen Jugendbewegung beigetragen, die die bestehende Ordnung infrage stellte und gegen das gesellschaftliche Establishment revoltierte. So kippte die Stimmung gegen den Retter Frankreichs. Wie so viele Revolutionäre vor ihm wurde der General zum Opfer des eigenen Erfolgs.
Die wichtigste Bastion fällt
Der gallische Angriff trug gleichwohl zur allgemeinen Schwächung des Dollar bei, die sich nach 1965 zuspitzte und in einer zunehmenden Instabilität der Weltwährungsordnung bemerkbar machte. Je brüchiger die monetäre Nachkriegsordnung wurde, desto mehr wurden einzelne Wechselkurse durch Spekulanten attackiert. Sie trachteten danach, die Fehlbewertungen auszunutzen, um Gewinne einzufahren. Mehr noch als auf den Dollar richteten sich die Angriffe auf dessen erste Verteidigungslinie, das Pfund. Trotz des einzigartigen Sturzes GroÃbritanniens von der weltweit führenden Finanz- und Kolonialmacht zum nordwestlichen Vorposten Europas mit notorisch kränkelnder Wirtschaft hielt sich der Sterling bis in die Sechzigerjahre hinein als die zweitwichtigste Reservewährung. Was manche als Musterbeispiel für historische Trägheit apostrophierten, rührte zum Teil von der Bedeutung her, die britische Vermögenswerte in den ehemaligen Kolonien hatten. Hinzu kam die enge Bindung, die die Finanzzentren an der US-Ostküste und die Londoner City ausgebildet hatten. Das amerikanische Establishment betrachtete GroÃbritannien und das Pfund trotz der Differenzen über die Kolonialpolitik mit viel Wohlwollen. In Währungsfragen gab es zwischen London und New York eine »Special Relationship«, eine besondere Beziehung.
Während das Pfund noch Weltklasse zu sein schien, war die britische Wirtschaft in den Sechzigern auf dem absteigenden Ast. Die ökonomische Substanz rechtfertigte den hohen Kurs nicht mehr: Die Spekulanten erhöhten den Druck, und im Jahr 1967 war der Sterling schlieÃlich nicht mehr zu halten. Trotz der Verteidigungsbemühungen aus New York und Washington musste die Parität um demütigende 17 Prozent gesenkt werden. Der Sterling sollte als Reservewährung immer weiter an Boden verlieren, bis er in den Neunzigerjahren beinahe in der Bedeutungslosigkeit verschwunden war. Erst das Misstrauen gegen den Euro würde ihm später wieder zu einer Renaissance verhelfen. Die Abwertung des Pfunds war ein Warnsignal, wie ernst es um den Dollar stand, und wie es ihm weiter ergehen konnte. Wenn die britische Währung verwundbar war, dann war es auch die amerikanische.
Der Tod von Bretton Woods
Ein anderes Symptom der monetären Krise war der Goldkurs: Am freien Markt waren die Notierungen des gelben Metalls in den Sechzigerjahren schon länger über die offizielle Parität von 35 Dollar je Unze gestiegen. Anfänglich hatten die Bretton-Woods-Länder diese unliebsame Abweichung von der Norm durch Interventionen auf dem Goldmarkt ausgeglichen. Dazu wurde 1961 eigens ein Kartell, der Goldpool, gegründet. Doch die sich verstärkenden Konflikte zwischen den Regierungen führten im Frühjahr 1968 zur Aufkündigung des Pools. Auch von dieser Seite war fortan keine Hilfe mehr zu erwarten. Das einst so stolze Gebäude des Bretton-Woods-Systems wurde mehr und mehr zu einem einsturzgefährdeten Haus.
Anfang der Siebzigerjahre waren die Anfechtungen des Dollar so weit vorangeschritten, dass sich der seit 1969 amtierende neue Präsident Richard Nixon zu einem radikalen Schritt gezwungen sah. Am 15. August 1971 richtete sich Nixon in einer Fernsehansprache an das amerikanische Volk. Die Rede lief sonntagabends zur besten Sendezeit, anstelle der populären
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