Weltraumpartisanen 06: Die Vollstrecker
aufgebracht, »es muss doch Mittel und Wege geben, dieses lächerliche Verfahren abzublasen. Gleichgültig, was sich damals auf der Venus zugetragen hat - Monnier hat diesem Land soeben einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Das muss man doch in Rechnung stellen.«
»Man wird es in Rechnung stellen«, erwiderte Harris kühl, wobei er seinen Transporter herbeiwinkte, »spätestens bei der
Bemessung des Urteils. Kommen Sie jetzt, Commander. Der Minister wartet auf uns.«
Diesmal war ich nicht gewillt, einfach aufzugeben. Weder Harris noch der Minister waren mit Monnier zur Hölle und zurück geflogen.
»Sir«, sagte ich, »unter diesen Umständen lege ich mein Amt als Vertreter der Anklage nieder!«
Harris’ Blick kehrte zu mir zurück.
»Ich vermag Sie daran nicht zu hindern, Brandis. Aber wenn Sie Ihr Amt niederlegen, tue ich mit dem meinen das Gleiche. Ist das der Gefallen, den Sie Monnier erweisen wollen?«
Meine beste Karte war ausgespielt und er hatte sie gestochen. Ich fühlte mich elend und niedergeschlagen.
Der Transporter schwebte heran und ging mit leisem Fauchen in die Knie. Harris legte seinen Arm um meine Schulter. Nie zuvor hatte er dies getan.
»Brandis«, sagte er, »nichts auf der Welt ist vollkommen, nicht einmal das Gesetz. Aber dann und wann wird doch noch ein gerechtes Urteil gesprochen. Sie sollten Vertrauen haben.«
Und da Ruth auf uns zukam, ergänzte er: »Und jetzt, wenn ich bitten darf, kein Wort mehr darüber!«
14.
Wenn man den Informationsmedien glauben durfte, dann begann sich das getrübte Verhältnis zwischen der EAAU und den VOR wieder zu normalisieren - worunter zu verstehen war, dass es, ohne sich weiter zu verschlechtern, gewissermaßen einfror. Hier und da war es über die Grenze hinweg zu vereinzelten Kontakten gekommen, doch der Abrüstungsvertrag war und blieb in weite Ferne gerückt. Die VOR ließen durchblik-ken, dass sie nicht vollends und endgültig davon Abstand genommen hätten, doch unter den obwaltenden Umständen hiel-ten sie entsprechende Verhandlungen für wenig Erfolg versprechend. Einige unserer führenden Kommentatoren, die Einblick hatten in die asiatischen internen Machtkämpfe, führten diese reservierte Haltung auf das Erstarken der
Drachen-Partei
zurück, unter deren Druck die zur Koexistenz neigenden VORPolitiker nunmehr ständen. Andere Kommentatoren beschäftigten sich mit der Aktivität der Vollstrecker und forderten härtere Strafen und strengere Kontrollen, auch »wenn hierzu einige unserer Gesetze abgeändert werden müssten«. Das Fernsehen brachte eine neunteilige Dokumentation über den Terrorismus im 19. und 20. Jahrhundert und entlarvte seine utopistische Grundhaltung. Material und Argumente waren nicht neu, doch dem einen oder anderen Sympathisanten der Vollstrecker mochten sie trotz allem zu denken geben, und das war fraglos schon ein Gewinn. Im Großen und Ganzen aber stand man dem Phänomen nach wie vor hilflos gegenüber. Die Vollstrecker, zu diesem Eindruck mochte man gelangen, waren ein Virus, mit dem man sich abzufinden hatte, eine Pest, die aus unerfindlichen Gründen über die Menschheit gekommen war und die man wohl bekämpfen, nicht aber heilen konnte.
In der VEGA-Werft wurde Tag und Nacht gearbeitet, um aus der Hermes wieder ein vollwertiges Schiff zu machen. Große Stücke der Außenhaut wurden ausgetauscht und ein neuer Bordcomputer wurde installiert. Es sei das reinste Wunder, hieß es, dass wir mit dem Wrack noch heil und gesund zurückgekehrt seien. Normalerweise - so der bissige Jargon - hätte man uns den Kaffee auf der Milchstraße servieren müssen.
Eines Morgens waren sämtliche öffentliche Gebäude von Metropolis mit einem projizierten Steckbrief versehen. Als Staatsfeind Nr. l wurde ein hakennasiger, braunäugiger Mann gesucht. Der Text lautete:
Es wird dringend gesucht ALEXANDER TORGAU-GRA-BOWSKI geboren am 13. April 2033 in Mexiko City, ursprünglich Inhaber des Lehrstuhls für Soziologie und gesellschaftliche Kommunikation in Warschau.
In den Jahren 2069 bis 2071 befehligte der Gesuchte eine Abteilung der Tödlichen Garde, wurde aber nach Beendigung des Bürgerkrieges, da ihm keinerlei subjektive Schuld nachgewiesen werden konnte, von allen Anklagepunkten freigesprochen.
Alexander Torgau-Grabowski steht heute in dem dringenden Verdacht, Organisator, Anführer und treibende Kraft einer konspirativen Verschwörung zu sein, die sich die Vernichtung der gegenwärtigen Zivilisation zum Ziel gesetzt hat und
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