Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet
Stamm einer Fichte. Gleich darauf vernahm ich den Hall eines Schusses. Ich zog Oliva hinter mir her ins Dickicht.
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8.
Ein altes Sprichwort lautet: Viele Hunde sind des Hasen Tod. Wie zutreffend es ist, sollten Oliva und ich mit aller Härte erfahren.
Offenbar war, nachdem man uns entdeckt hatte, von den alarmierten Behörden eine Fahndung großen Stils eingeleitet worden. Polizeieinheiten waren eingetroffen und durchkämmten nun den Wald.
Anfangs war unsere Flucht ziel- und planlos gewesen, doch nachdem es mir gelungen war, mich zu orientieren, strebte ich jener tief eingekerbten Schlucht entgegen, der ich bei meiner ersten Erkundung des Spiegelplaneten mit dem Dingi gefolgt war.
Meine Absicht war es, den in der Schlucht strömenden Fluß zu erreichen, um ihm sodann, im hoffentlich nicht zu tiefen Wasser watend, mehrere Kilometer weit gegen die Strömung zu folgen. Falls dieser Plan gelang und die Hunde unsere Spur verloren, konnten wir in Ruhe den nächsten Schritt ins Auge fassen: die Rückkehr nach Magnoville .
Als wir schließlich - es war gegen Mittag - die Schlucht erreichten, mußte ich zu meiner Bestürzung feststellen, daß ich mich getäuscht habe.
Der Fluß war wesentlich tiefer, als er mir beim Überfliegen erschienen war, und als wir uns trotzdem anschickten, ihm schluchtaufwärts zu folgen, blieb Oliva plötzlich stehen und hob den Kopf.
Das Rauschen der Stromschnellen übertönte ein hornissenartiges Brummen.
Der Hubschrauber schwebte genau über uns, und ich konnte sehen, wie einer seiner Insassen sich aus der offenen Kanzel beugte und mit der Hand auf uns wies.
In dieser Schlucht war unsere Flucht zu Ende.
Der Hubschrauber hatte uns aufgespürt, und nun war es nur noch eine Frage der Zeit, eine Frage von Minuten, wann die über Funk verständigten Verfolger mit ihren Hunden zur Stelle sein würden, um den Eingang wie auch den Ausgang der Schlucht abzuriegeln und die Höhen zu besetzen.
Der Hubschrauber ließ sich nicht abschütteln, und selbst wenn man sich vor ihm unter irgendwelchen Büschen und Bäumen verbarg, war damit nicht das geringste gewonnen. Der Hubschrauber hatte nichts anderes zu tun, als seine Position zu halten, bis die grünuniformierte Meute heran war und einen mit vorgehaltener Waffe aus dem Versteck zog.
Oliva war blaß geworden, aber zu meiner Beruhigung verfiel sie nicht wieder in Panik, sondern zeigte sich gefaßt und tapfer.
„Mark", sagte sie, „wir sollten aufgeben. Meinst du nicht auch? Früher oder später erwischen sie uns doch. Wir sollten aufgeben, weil es keinen Ausweg mehr gibt. Zeigen wir ihnen, daß wir keine ängstlichen Rehe sind, die davonlaufen."
Ich dachte an die Waffen, die daheim in den Arsenalen der VEGA lagerten. Der Hubschrauber wäre eine leichte Beute gewesen. Ich verdrängte den Wunsch aus meinem Bewußtsein . Die Erde war weit entfernt - ein Planet jenseits der Sonne. Und eben diese Sonne sah ich nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit zum letzten Mal.
Oliva sprach weiter.
„Mark, ich möchte nicht, daß du dir meinetwegen Vorwürfe machst. Mit dir zu gehen war mein freier Entschluß . Durch dich habe ich etwas kennengelernt, was ich sonst nie zu sehen bekommen hätte. Auch wenn ich jetzt sterben muß , so weiß ich doch wenigstens, wie wunderbar schön und herrlich dieser Planet ist. Und dies zu wissen, Mark, ist den wenigsten vergönnt. Glaube mir, es ist den Tod wert."
Oliva kam langsam auf mich zu.
„ Laß uns voneinander Abschied nehmen, Mark, solange dazu noch Gelegenheit ist."
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, und ich spürte ihre warmen Lippen auf den meinen, doch diesmal verzauberten sie mich nicht, denn mein Blick ging über Oliva hinweg: er hatte etwas bemerkt, was seiner Aufmerksamkeit zuvor entgangen war: rostige Geleise.
„Mark, es war schön zusammen mit dir..."
Mein Blick wanderte auf den Geleisen weiter und weiter und kam schließlich zur Ruhe - und dort, wo er verweilte, gähnte schwarz und schartig der Einstieg zu einem Bergwerk.
Das Bergwerk war stillgelegt - wahrscheinlich schon vor Jahren -, aber der Stollen und die Geleise, die in ihn hineinführten, waren geblieben.
Oliva seufzte, als ich ihre Arme von meinem Nacken löste.
„ Oliva , hör zu!" sagte ich. „Zum Abschiednehmen ist es zu früh. Noch haben wir eine Chance."
Ich zog sie hinter mir her; sie widerstrebte nicht. Wir begannen zu laufen.
Der Hubschrauber setzte sich in Bewegung. Der Wind, den er verursachte, wirbelte das Wasser
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