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Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet

Titel: Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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ein paar tastenden Schritten im neuen Stollen wußte ich Bescheid. Meine Beine fühlten sich auf einmal schwerer an. Der Stollen führte aufwärts.
    „Komm!"
    Ich schüttelte die Lampe. Sie war fast leer. Unsere Galgenfrist lief unerbittlich ab.
    Oliva atmete schwer. In der Tiefe des Berges war es heiß und stickig. Früher einmal mochte es hier Ventilatoren gegeben haben, doch diese waren längst nicht mehr in Betrieb. Immerhin war der Umstand, daß die Luft sich, wenn auch unter Anstrengung, atmen ließ, ein gutes Zeichen: demnach mußte es die alten Luftschächte noch geben.
    Oliva wirkte erschöpft.
    „Mark", sagte sie, „wenn es an der Zeit ist zu sterben, mußt du es mir sagen. Ich habe keine Angst. Seit ein paar Stunden habe ich keine Angst mehr. Ich habe die Welt gesehen. Ich habe den Wald gesehen. Glücklicher als ich kann kein Mensch sterben."
    Ich setzte mich wieder in Bewegung.
    „Du redest dummes Zeug, Oliva ", erwiderte ich. „Solange wir laufen können, werden wir laufen."
    Der Stollen führte weiter bergan. Und dann geschah es: Oliva und ich kamen um eine Biegung, und frische, kühle Luft strömte uns entgegen, und unsere Augen tränten unter der Einwirkung des gleißenden Lichtes, das die tiefstehende Sonne in diesen zweiten Eingang warf.
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    9.
    Ich vernahm einen befreiten Aufschrei, und dann drängte sich Oliva an mir vorüber und rannte, so rasch ihre Füße sie trugen, dem Licht entgegen. Ich ließ die Grubenlampe, die wir nun nicht länger benötigten, fallen und eilte hinter Oliva her.
    „ Oliva ! Warte!"
    Oliva hörte nicht auf mich. Zu groß war ihr Verlangen, aus der Gruft, in der der Tod auf uns lauerte, endlich heimzukehren zu den Quellen des Lebens. Doch so sehr ich dies auch begriff, so sehr bestürzte mich auch ihre Unvernunft.
    Oliva stürzte hinaus ins Freie, und ich sah, wie sie draußen ihre Arme der Sonne entgegenhob : ein stummer, verzückter Tanz, in dem sich ihre ganze Glückseligkeit ausdrückte.
    Ich durfte nicht stehenblieben, um dieses Bild zu genießen.
    Zwei, drei Sekunden lang war ich wie blind.
    Was mich warnte, war ein kaum wahrnehmbares Beben der Erde, gefolgt von einem metallischen Klirren.
    Oliva tanzte mitten auf dem Bahndamm, und ein Güterzug hielt mit großer Geschwindigkeit auf sie zu.
    Ich war heran und riß Oliva von den Geleisen, und der Zug donnerte an uns vorüber und hinterließ einen wahren Wirbelwind.
    Oliva barg schluchzend den Kopf an meiner Schulter. Der Schreck war ihr in die Glieder gefahren; sie brauchte lange, um sich davon zu erholen.
    Ich preßte Oliva an mich, strich ihr beschwichtigend über das rabenschwarze Haar und dankte dem Himmel dafür, daß ich gerade noch rechtzeitig zur Stelle gewesen war. Allmählich wurde mein Blick klarer; ich besah mir die Gegend. Das Hochgefühl, das mich vor wenigen Sekunden noch beseelt hatte, wich beklommener Ernüchterung. Denn was wir uns mit unserer Flucht durch das Bergwerk eingehandelt hatten, war ein geringfügiger Aufschub.
    Mein Blick wanderte über blinkende Schienenstränge und Weichen, über staubige Verladerampen, auf denen flinke, unbemannte Gabelstapler hin und her huschten, über ein Gewirr nickender Kräne mit gähnend leeren Kabinen, die mit aufreizender Gleichmäßigkeit Kiste um Kiste von den Verladerampen in bereitstehende Güterwagen umschlugen; er wanderte über die endlose Flucht von Lagerhallen hinüber zu den ausgedehnten Fabrikhallen und Türmen einer bis an den Horizont reichenden Industrieanlage - und das tiefe Atemholen, zu dem ich bereits angesetzt hatte, stockte in plötzlicher Mutlosigkeit.
    Oliva schien den Umschwung meiner Stimmung zu spüren, denn sie hob den Kopf und sah mich fragend an:
    „Mark, was ist? Wohin sind wir geraten?"
    Ich starrte auf einen hohen kubischen Bau, in den aus drei Himmelsrichtungen mächtige Energiestränge einmündeten: eine letzte, zusätzliche Bestätigung dessen, was ich bereits begriffen hatte. Die Abendsonne überflutete den Kubus mit ihrem milden, trügerischen Licht.
    Ich sah Fabriken, Förderbänder und Automaten, ich sah das pulsierende Herz einer von der Arbeit der Menschen unabhängig gewordenen Zivilisation.
    Es gelang mir, die Antwort gefaßt klingen zu lassen:
    „Wir befinden uns auf dem Gebiet von BIG MOTHER."
    Beim Überfliegen hatte ich mir die Geographie von BIG MOTHER eingeprägt: ein Akt der Routine, wie sie mit den Jahren jedem Raumpiloten in Fleisch und Blut übergeht. Nun kam uns dies zugute.
    Nachdem ich Uhrzeit

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