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Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille

Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille

Titel: Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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autorisiert. Und nun fordere ich Sie im Interesse von Commander Brandis auf –«
    Weiter kam er nicht.
    Major Degenhardt hatte ein Paar eiskalter Augen auf ihn gerichtet.
    Major Degenhardt sprach, ohne daß seine Lippen sich bewegten.
    »Noch ein Wort, und Sie werden für die Dauer dieser Reise Ihre Kammer nicht mehr verlassen, Mr. Seebeck. Ich hoffe, das ist klar genug.«

9.
    Das Gesicht war maskenhaft starr und wächsern; auf der Stirn perlte der Schweiß; die Lider waren geschlossen. Es war schwer zu sagen, ob Commander Brandis überhaupt etwas wahrnahm. Allein der erfahrene Mediziner hätte diese Frage beantworten können.
    Seebeck hatte sich den Stuhl neben die Koje gerückt. Auf dem Fußboden stand sein Rekorder. Es war seine Absicht gewesen, einige Stichworte zu seiner Reportage auf Band zu sprechen, doch schon nach zwei, drei Sätzen hatte er, wie so oft übermannt von einem Gefühl der Vergeblichkeit, aufgegeben.
    Die Stunde der Abrechnung. Bereits in dieser Formulierung drückte sich seine erbärmliche Ohnmacht aus. Die Formulierung war verknüpft mit Begriffen wie meßbare Zeit und überschaubare Räumlichkeit. Ein Blick aus dem Fenster indes genügte, um all diese Begriffe zu kosmischem Staub werden zu lassen. Die Erde befand sich irgendwo, jenseits alles Begreifbaren, und die Phantasie reichte nicht aus, um den Weg zu ihr zurückzufinden. Die Invictus war eingetaucht in die Ewigkeit.
    Seebeck kämpfte mit dem Schlaf. Dann und wann – es war das Anspringen der Triebwerke, was ihn weckte – schrak er auf, fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und schämte sich seiner Pflichtvergessenheit. Das An und Aus der Triebwerke ebenso wie das ruckartige Hin und Her der Bewegung, die immer wieder das bordinterne Schwerefeld durcheinanderbrachten, so daß Seebeck mehr als einmal das Gefühl einer beklemmenden Leichtigkeit empfand, ließen ihn wissen, daß die computergesteuerte Verfolgung weiterging. Die Invictus, ein witternder Bluthund, hatte die Spur des VOR-Schiffes aufgenommen und ließ sich nicht abschütteln.
    Der Uranus, die Klinik, die rettenden Hände unter der Operationslampe – all das waren nur noch zerstörte Hoffnungen, verblassende Bilder, ein nebliger Hauch. Dort, wohin der Bug der Invictus zielte, dehnten sich Millionen und Abermillionen von Lichtjahren.
    Lichtjahre … Aus riesigen Affen, die sich aufrichteten, um die wildreichen Savannen und Steppen besser zu überblicken, hatte sich in grauer Vorzeit der Mensch entwickelt. Wäre er damals aufgebrochen mit Kurs auf Andromeda – er wäre noch immer unterwegs. Die bernsteinfarbenen Faustkeile, die bronzenen Schwerter, die geheimnisumwitterten Pyramiden, die lichtumflossenen Tempel von Hellas und Rom, die Scheiterhaufen des Mittelalters – nichts, nichts davon hätte es gegeben auf diesem Kurs ohne Ankunft. Die Bilder zerflossen.
    Seebeck döste.
    Irgendwann zuckte er zusammen und stellte mit Verdruß fest, daß es ihm erneut nicht gelungen war, sich wach zu halten. Die Triebwerke liefen. Die Invictus schüttelte sich unter irgendeinem abrupten Manöver. Seebeck blickte in ein Paar geöffneter Augen. Commander Brandis sah ihn an. Seebeck nahm das Schweißtuch zur Hand.
    Commander Brandis schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf und bewegte die Lippen.
    »Was … was ist passiert?«
    Er war zu sich gekommen, aber sein Vermögen, sich zu erinnern, war getrübt.
    Seebeck gab seiner Stimme den zugleich aufmunternden als auch besänftigenden Klang des erfahrenen Arztes.
    »Sie hatten einen Unfall, Sir – nichts, worüber man jetzt reden sollte.«
    Commander Brandis war bei Bewußtsein und ließ sich nicht mit Worten allein abspeisen.
    »Wann? Wie?«
    Seebeck sah ein, daß er nicht ausweichen durfte. So knapp die ihm gestellte Frage auch formuliert war, so unmißverständlich war die darin enthaltene Aufforderung zur Aufklärung. Das war keine Frage mehr, die aufstieg aus den dunklen Tiefen des Fiebers. Sie war nüchtern und präzise.
    »Vor ein paar Tagen«, antwortete Seebeck, »beim Übersteigen auf das Dingi. Wir kamen – Sie erinnern sich, Sir? – von der Najade. Ich verfehlte den Sprung. Dabei ist es passiert.«
    Die Augen blickten auf einmal lebhaft – und Seebeck wußte, daß dahinter das Erinnern stand.
    »Die Najade … richtig, diese leidige Angelegenheit. Ich nehme doch an, Lieutenant Stroganow hat den Kommandanten inzwischen …«
    Mitten im Satz schloß Commander Brandis erschöpft die Augen. Seebeck beugte sich über die Koje.

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