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Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Titel: Weltraumpartisanen 19: Astropolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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soll es lösen – aber Ihr Vertrauen zu mir geht nicht so weit, daß Sie mir das Problem beim Namen nennen.«
    Ich schwieg. So war es. Er hatte recht.
    »Nun gut, sagte Pater Georgius, »ich will meine Antwort in Watte packen. Es gibt ein Gesetz, das über allen anderen steht, und es lautet: Du sollst deinen Nächsten lieben . Und diesem Gesetz füge ich als meine eigene Auslegung hinzu: Wenn du aber am Scheideweg stehst, an dem du deine Liebe aufteilen mußt zwischen den Starken und den Schwachen, zwischen den Mächtigen und jenen, die an der Verfolgung tragen – dann folge der Stimme deines Gewissens.«
    Was eigentlich hatte ich zu hören erwartet – einen schmerzlosen Ausweg? Ich griff nach der Mütze. Der Weg, den ich mir gemacht hatte, war überflüssig. Ich war nicht klüger als zuvor. Auch das Orakel von Delphi hätte seine Sprüche nicht gründlicher verschleiern können.
    Pater Georgius hielt mich zurück.
    »Haben Sie eine andere Antwort erwartet, Commander?«
    Ich wollte ihn nicht kränken.
    »Es ist schon gut, Pater, so wichtig ist die Angelegenheit nicht. Ich habe lange genug gestört.«
    Pater Georgius zeigte mir ein feines Lächeln.
    »Ich glaube, Commander, Sie täten gut daran, die Karten auf den Tisch zu legen. Ich nehme an, jener große Unbekannte, von dem Sie reden, hört auf den Namen Gilbert Graham.«
    Ich gab es nicht zu, aber ich stritt es auch nicht ab. Ich schwieg.
    Pater Georgius ließ mich plötzlich stehen, nahm ein kleines Kruzifix von der Wand und verwahrte es in seiner Reisetasche.
    »Was will er von Ihnen?« fragte er dann.
    »Ich soll ihn als blinden Passagier auf Astropolis einschleusen. Dort hofft er in Sicherheit zu sein. Er schwört, daß er in Zukunft nur noch als einfacher Arzt arbeiten wird.«
    Pater Georgius wiegte den Kopf. »Und Sie haben zugesagt?«
    »Ich habe abgelehnt, Pater. Ich kann es nicht tun, und ich will es nicht tun.«
    »Und dann plagen Sie sich mit dem Vorwurf, ihn der III. Abteilung ans Messer zu liefern?«
    »So ist es. Sobald er mein Haus verläßt, ist er ein toter Mann. Man ist nicht darauf aus, ihm den Prozeß zu machen. Man will ihn zur Strecke bringen.«
    Pater Georgius seufzte.
    »Ja, ich habe es gesehen und gehört. Das ist wirklich ein großes Problem für Sie.«
    »Nun, jetzt wissen Sie’s. Entschuldigen Sie, daß ich Sie gestört habe, Pater.«
    Ich straffte mich und steuerte auf die Tür zu. Pater Georgius’ Stimme bewirkte, daß ich noch einmal stehenblieb.
    »Sie hatten nicht völlig unrecht mit dem, was Sie vorhin sagten, Commander. Ich bin wirklich in einer glücklichen Lage, ich bin nur meinem Gewissen verantwortlich. Schicken Sie Professor Graham zu mir.«
     

3.
    Geschwindigkeit ist keine Hexerei, sagt man, aber Tatsache ist, daß sich das Tempo unseres Lebens einem Punkt nähert, an dem der Mensch, der mit der Technik lebt, sich als das schwerfälligere Element erweist.
    Eben noch hatte ich Ruth O’Haras Umarmung verspürt und den Duft ihres Haares geatmet – und nun zerriß vor dem kreisrunden Fenster auf einmal die Nacht, und die Raumfähre tauchte ein in das gleißende Licht der Sonne, in dem Astropolis geduldig seine berechnete Bahn zog.
    Astropolis – eine Synthese aus Werkstoff und technischem know how, ein künstliches Objekt – oder der geniale Nachvollzug einer schon einmal stattgefundenen Schöpfung?
    Die Illusion war immer wieder atemberaubend.
    Astropolis, die Kugel in der Kugel, erweckte den Anschein – wenn man sich nicht festhielt an der äußeren transparenten Hülle, deren Aufgabe es war, die Atmosphäre beieinanderzuhalten und die schädliche kosmische Strahlung zu filtern –, ein völlig natürlicher, erdverwandter Planet zu sein.
    Die Raumfähre zog darunter hinweg, und mein Blick wanderte über grüne Wälder und braune, der Bestellung harrende Äcker, über schimmernde Wasserläufe und anmutig gewundene Straßen bis hin zu der kühnen Architektur einer City, die ebensogut irgendwo auf der Erde gelegen sein konnte, wäre in ihrem Zentrum nicht der steil anfragende gewaltige Turm gewesen, dessen einzige Bestimmung es war, die Kuppel zu tragen, die sich wie ein Schildkrötenpanzer aus der äußeren Hülle in das Reich der Sterne wölbte. 
    Solange der künstliche Planet noch nicht aufgehört hatte, ein ziehendes Schiff zu sein, stellte diese Kuppel gewissermaßen sein Cockpit dar: Dort oben, hoch über der Plaza Humanitas, liefen die Nervenstränge der komplizierten Elektronik zusammen, und von dort aus

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