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Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Titel: Weltraumpartisanen 19: Astropolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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aufhält?«
    Major Bold hatte seine Frage so ungeschickt formuliert, daß mir die Antwort darauf leichtfiel. Ein Stein fiel mir vom Herzen, blieb mir doch auf diese Weise erspart, den verehrten Pater Georgius in Schwierigkeiten zu bringen. Major Bolds Frage war klipp und klar – und ebenso klipp und klar, ohne zu lügen, konnte ich sie beantworten. Falls Graham in der Tat untergetaucht war, konnte ich am wenigsten ahnen, wo er sich aufhielt. Im Gegensatz zu Major Bold war und blieb ich ein Außenseiter auf Astropolis.
    »Bedaure, Major«, erwiderte ich kühl. »Darf ich fragen, was Graham mit dem Serum zu schaffen hat?«
    Major Bold starrte das Foto an.
    »Einiges spricht dafür, daß Graham seine Tätigkeit im Krankenhaus als Arzt, der Zutritt hatte zu den Labors, dazu mißbrauchte, um das Serum weiterzuentwickeln – so daß wir heute vor einer hochexplosiven Situation stehen.«
    Meine Empörung über das Eindringen der Gendarmen wich einem Frösteln. Major Bold war gewiß nicht zu beneiden. Eins kam zum anderen: Grahams Agitation, das Plakat mit der Warren-These am Kirchenportal – und dann ein weiterentwickeltes, vielleicht sogar verbessertes Tarassenkosches Serum. Das Gespenst der Spritze ging um. Was jetzt fehlte, um die Explosion auszulösen, war nur noch eine hysterische, fanatische Menschenmenge, die entschlossen war, für das Geschenk des ewigen Lebens über Leichen zu gehen.
    Auf der Erde war es möglich gewesen, die schwelende Revolution im Keime zu ersticken – teils durch eine unnachsichtige Verfolgung der Warrianer, vor allem aber, weil Tarassenko selbst auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung den Wert oder richtiger den Unwert seines Serums entlarvte, als er im Alter von nur 64 Jahren an einer Lungenentzündung starb. Auf die Mehrzahl seiner Anhänger hatte das wie eine ernüchternde Dusche gewirkt, doch einige Unentwegte hatten fortan das Gerücht geschürt, daß Tarassenko nur deshalb der Erfolg – Triumph über Krankheit und Tod – versagt geblieben war, weil man ihm im Auftrag der III. Abteilung eine verfälschte genetische Berechnung zugespielt hatte. Das Gerücht, das Serum sei im Prinzip richtig und bedürfe nur einer geringfügigen Verbesserung, war niemals völlig verstummt.
    Major Bold hatte von einer Weiterentwicklung des Serums gesprochen. Falls es Graham in der Tat gelungen sein sollte, die Spritze wirksam zu machen, war die Gefahr für Astropolis mehr als groß – und Major Bolds unkorrektes Vorgehen war damit so gut wie entschuldigt. Er tat seine Pflicht mit Starrheit und Phantasielosigkeit – und vielleicht war eben dies der einzige Weg, um der Bedrohung Herr zu werden.
    Die Warrianer freilich würden den Vorwurf, daß sie die Welt bedrohten, entrüstet zurückweisen. Ihre Antwort hatte seit jehergelautet: Im Kampf um das Überleben der Art sei jedes Mittel erlaubt. Sie sahen sich an der Spitze einer neuen Humanität – jenseits aller Egoismen, zu denen auch die Liebe zwischen Mann und Frau gehörte.
    Major Bold legte die Hand an die Mütze.
    »Commander, ich hoffe, Sie tragen mir mein Vorgehen nicht nach. Offen gesagt, ich war von Anfang an davon überzeugt, bei Ihnen nichts zu finden – aber ein Hinweis ist ein Hinweis, und man muß jeder Spur nachgehen, ohne Rücksicht auf die Person.«
    Die Gendarmen verließen polternd den Turm.
    Auf dem Bett lag das vergilbte Buch. Ich nahm es zur Hand. Der unterstrichene Satz hatte seit Jahren als Motto über meinem Leben gestanden; ich wußte ihn auswendig. Aber Lieutenant Wronski hatte die besten Jahre noch vor sich – Jahre, in denen es an Anfechtungen und Zweifeln nicht fehlen würde.
    Für ihn und seine junge Frau war das Buch zur Hochzeit das passende Geschenk – vor allem an einem Tag wie diesem, an dem das Unheil seinen Schatten vorauswarf.
    Ein Neubeginn in Reinheit und Unschuld? Eine neue Erde, auf die die Menschen das Böse nicht einschleppen sollten?
    Für Astropolis standen, falls die Fahndung erfolglos blieb, schlimme Zeiten bevor, und Lieutenant Wronski und seine Bellinda würden sich zu entscheiden haben, auf welcher Seite sie stehen wollten.
    Für mich selbst war die Entscheidung längst gefallen.
    Ich wollte als Mensch leben, leiden und lieben. Ich wollte keine Unsterblichkeit. Ich lehnte die Spritze ab.
     
    Der Fahrstuhl hielt in der Höhe des Maschinenraumes, und ich stieg aus, um meinen fälligen Kontrollgang zu machen und ein paar Worte mit Robins zu wechseln, der um diese Uhrzeit seine einsame Wache ging:

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