Weltraumpartisanen 19: Astropolis
allein vor einer Maschine, die nur einmal in vierundzwanzig Stunden für wenige Sekunden ansprang, um gleich darauf wieder zu verstummen, ohne daß doch die Wartung vernachlässigt werden durfte.
Es war mir gelungen, die Beklemmung abzuschütteln, die Major Bold und seine Gendarmen in mir wachgerufen hatten, und während mich der Fahrstuhl abwärts trug, in das technische Labyrinth des PL 01, in dem sich nur zurechtfand, wer tagein, tagaus darin zu tun hatte, konzentrierte ich meine Gedanken auf die bevorstehende Inspektion.
Der Gang war immer in helles Licht getaucht. Ich folgte der Beschilderung, bis ein Wispern mich veranlaßte, stehenzubleiben und mich umzudrehen.
Die Tür zur Klimazentrale, die eben noch geschlossen gewesen war, stand auf, und das Wispern wiederholte sich: »Mark, ich muß mit dir reden!«
Ich erkannte ihn erst auf den zweiten Blick. Auf den ersten hatte ich ihn in dem weißen Kittel, den er trug, für einen dieser Klima-Ingenieure gehalten, die sich aufführten, als wären sie Halbgötter in Weiß.
Ich zwang mich zur Ruhe, auch wenn es mir schwerfiel.
»Gil, ein halbes Hundert Gendarmen ist darauf versessen, mit dir zu reden! Laß mich, bitte, aus dem Spiel!«
Graham spielte die Karte der alten Freundschaft; er zwinkerte mir zu.
»Wie in den guten Zeiten, Mark! Weißt du noch – damals in Las Lunas? Die ganze uniformierte Meute war hinter uns her!«
Graham schwelgte in der Erinnerung.
So war es in der Tat gewesen – ein kaum erwähnenswerter DummerJungen-Streich. Nachdem wir dahinter gekommen waren, daß die Zentralsteuerung aller Sweet Monster, der in Las Lunas bevorzugten Spielautomaten, so eingestellt war, daß alle Gewinnchancen bei den Apparaten lag, hatten wir, als Monteure verkleidet, für eine Stunde der Ehrlichkeit im lunaren Spielerparadies gesorgt. Um ein Haar hätte uns der Streich Kopf und Kragen gekostet, denn in bezug auf die Sweet Monster verstand man in Las Lunas keinen Spaß.
»Gil«, sagte ich, »die alten Zeiten sind vorbei. Diesmal geht es nicht um Spielautomaten. Ist das deine Art, dein Wort zu halten?«
Grahams Gesicht wurde blitzartig kalt.
»Es gibt Verpflichtungen, Mark, die mehr zählen als ein Wort in einem Augenblick der Schwäche. Auch Galileo Galilei hatte bereits abgeschworen – und was hat er dann gesagt, als er zur Wahrheit zurückgefunden hatte? Er hat gesagt: ‚Und sie bewegt sich doch!’ Und dies, Mark, gilt auch für mich. Warren bewegt sich doch!«
Im Hintergrund setzte sich ein Fahrstuhl in Bewegung.
Graham warf einen Blick in die Richtung, aus der ich gekommen war. Stimmen und Schritte waren zu hören.
»Hier können wir nicht reden – nicht zwischen Tür und Angel. Mark, du mußt mich anhören. Es ist wichtig – für dich, für mich, für ganz Astropolis. «
Er stand – ich spürte es – in einer kritischen Phase seines Lebens. Was hatte er mitzuteilen? Konnte ich als alter Freund ihm helfen – und gleichzeitig auch Astropolis?
Nachdem ich eingetreten war, verriegelte Graham die Tür. Die Luft in der Klimazentrale hatte den Duft von Ozon – wie nach einem Gewitter.
»Hier sind wir ungestört, Mark. Und jetzt hör mich an!
Ich lehnte mich gegen die Wand – gleich neben den weißen Kitteln der Ingenieure, die griffbereit an den Haken hingen. Es war eine vertrackte Situation – doch ich hatte nicht die Absicht, weich zu werden.
War Graham zur Gewalt entschlossen? Ich schätzte ihn ein. Er war noch immer ein kräftiger Mann. Um etwas zu unternehmen, mußte ich auf die passende Gelegenheit warten.
»Ich höre, Gil – aber mach es kurz! Und laß vor allem die alten Zeiten aus dem Spiel. Wir leben hier und heute.«
Graham machte eine großartige Gebärde.
»Mark, du hast mir das Leben gerettet. Nur deswegen nehme ich das Risiko auf mich. Ich bin hier, um dich zu warnen.«
Er brach ab und wartete ab, ob ich Interesse zeigte. Ich rührte mich nicht.
»Mark«, fuhr er fort, »was soll das – du als Trauzeuge? Stell dich auf meine Seite. Eine neue Ära bricht an – und sie wird alle diese Wronskis und Bellindas, alle diese zwischenmenschlichen Egoismen, hinwegwerfen. Die Liebe zwischen Mann und Frau, Mark, hat ihre Schuldigkeit getan, sie wird nicht mehr benötigt – ja, sie wird mehr und mehr zu jenem feindlichen Element, das man, um das Überleben der Menschheit zu sichern, bekämpfen muß. Die Zukunft – das ist die Spritze; der Mensch, der das Serum empfängt, wird das ewige Leben erlangen.«
Ich unterbrach seinen
Weitere Kostenlose Bücher