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Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Titel: Weltraumpartisanen 19: Astropolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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an.
    »Bellinda!« wiederholte ich. »Wir haben noch eine Chance – aber dazu muß ich mit Lieutenant Wronski reden – mit Jaroslaw!«
    Die Nennung des vertrauten Namens brachte sie zu sich.
    »Jaroslaw!« wiederholte sie. »Ja, das ist möglich.«
    Ihre Hände, die die Verbindung herstellten, zitterten.
    Lieutenant Wronskis harter polnischer Akzent im Lautsprecher hatte die Süße einer Engelsstimme: »Brücke …«
    Ich riß Bellinda das Mikrofon aus der Hand.
    »Lieutenant, hier spricht der Commander. Keine Fragen! Sie nehmen sofort eine Kurskorrektur vor.«
    Lieutenant Wronski begriff nichts.
    »Sir, das ist unmöglich. Das würde bedeuten …«
    Was es bedeuten mußte, wußte ich selbst. Hinter Lieutenant Wronskis Begriffsstutzigkeit stand nacktes Entsetzen. Ein Kurskorrekturplan für ein Objekt von den Dimensionen wie PL 01 war ein feinmaschiges Gewebe.
    Für langatmige Erläuterungen war keine Zeit. Ich mußte mich darauf verlassen, daß Lieutenant Wronski die Anordnung ausführte – in jenem blinden Gehorsam, den ich zeitlebens abgelehnt hatte.
    »Kurskorrektur, Lieutenant!« sagte ich. »Sofort! Das ist ein Befehl.«
    Lieutenant Wronskis gepreßte Stimme ließ ahnen, daß er sich unterwarf: »Aye, aye, Sir.«
    Ich drängte Bellinda vom Steuer fort und ließ die Maschine anspringen. Ein neuerlicher Wutschrei war die Folge. Ein paar Männer hatten sich von irgendwoher einen eisernen T-Träger besorgt, und diesen setzten sie nun als Rammbock ein. Das Gehäuse krachte und splitterte. Es war ein Alptraum – schlimmer als alles, was mir je unter den Sternen widerfahren war an Meteoritenschlag und Schiffbruch. Der tollgewordene Mob, der sich um den Aufnahmewagen drängte, wollte sein Opfer haben – und nun, da die Machtlosigkeit der Gendarmen immer offenkundiger war, tauchte vor dem Fenster auch eine Hand mit der Spritze auf: das erste Anzeichen dafür, daß man es mit einer organisierten Bewegung zu tun hatte.
    Bellinda klammerte sich an meine Schulter.
    Ich hielt den Atem an und zählte die Sekunden.
    Falls Lieutenant Wronski sich an meine Anweisung hielt, stand der kleine Weltuntergang unmittelbar bevor: hervorgerufen durch die kurzfristige Unterbrechung der Rotation.
    Eine Scheibe zerplatzte, und ich starrte in das geifernde Gesicht der kreischenden Frau: »Jetzt! Jetzt! Packt sie! Haltet sie fest! Und dann gebt ihnen die Spritze!«
    Ein Arm zwängte sich ins Wageninnere, und ich schlug zu. Ich schlug zu, wie man mich es gelehrt hatte: aus dem Schultergelenk heraus, mit steifer Handkante.
    Der Schmerzensschrei des Getroffenen ging unter im panischen Aufheulen der Masse – denn in diesem Augenblick passierte es: Oben in der kosmischen Einsamkeit des Cockpits hatte Lieutenant Wronski auf den Korrektor gedrückt, und unter der Einwirkung der schlagartig freigesetzten Energie ging es durch Astropolis wie ein Erdbeben, die Menge, der der plötzliche Bruch in der Rotation den festen Halt unter den Füßen wegriß, bildete auf einmal einen wirren, zuckenden Haufen, aus dem heraus klägliche Schreie drangen.
    Das war der Augenblick, auf den ich gewartet hatte.
    Ich stieß den Fahrthebel nach vorn, und das Mobil bahnte sich fauchend einen Weg quer über die Plaza Humanitas . Ich nahm keine Rücksicht auf Beulen oder Schrammen.
    Flüchtig sah ich: Die Stimmung der Leute war umgeschlagen. Der plötzliche, jähe Stoß, der durch das künstliche Gehäuse gegangen war, das für sie die Welt darstellte, hatte ihnen die Verletzbarkeit von Astropolis ins Gedächtnis zurückgerufen und sie, wenigstens für den Augenblick, wieder zu normal reagierenden Menschen werden lassen. Und da sie nicht ahnen konnten, daß es sich bei diesem Stoß um die Auswirkung eines absichtlich herbeigeführten Maschinen- und Steuermanövers handelte, reagierten sie wie auf eine Naturkatastrophe. Der Platz begann sich zu leeren. Die Leute rannten schreiend, mit über den Kopf erhobenen Händen, um ihr Leben. Einen Atemzug lang glaubte ich Gilbert Graham zu sehen, im weißen Kittel, wie er sich den Leuten entgegenstemmte – dann verwischte das Bild.
    Das Mobil tauchte in eine halbwegs leere Straße. Ich holte aus der kleinen Maschine heraus, was sie hergab. Dann schimmerte in mattem Kupfer vor der Frontscheibe endlich das Portal der Magdalenen-Kirche, und ich erkannte, während ich auf die Bremse trat, über einer wehenden Soutane Pater Georgius’ besorgtes Gesicht.
    Ich stieß den Schlag auf.
    »Es ist nichts, Pater! Wir haben lediglich eine

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