Weltraumpartisanen 19: Astropolis
Lieutenant?«
Er wiegte den Kopf.
»Ich werde die Dunkelheit ausnützen und querfeldein fahren, Sir. Ich glaube nicht, daß dort wer kontrolliert. Der ganze Mob ist auf dem Platz versammelt.«
Den Gedanken, ihn zu begleiten, ließ ich rasch wieder fallen. Um die Antenne zu flicken – falls der Schaden sich überhaupt beheben ließ –, war ein Mann genug. Auf mich und Lieutenant Wronski wartete eine andere Aufgabe.
Gegen 18.00 Uhr Astropolis -Zeit beschloß ich, die Maschine zu räumen, aber als ich dort anrief, bekam ich keine Antwort.
Armandez, der, wie der Dienstplan auswies, um diese Zeit seinen Wachtörn zu gehen hatte, war nicht auf seinem Platz.
Eine halbe Stunde später versuchte ich es erneut:
»Maschine – Brücke!«
Armandez meldete sich auch diesmal nicht, und damit stand es für mich fest, daß auf ihn nicht mehr zu zählen war.
Lieutenant Wronski hob die Schultern.
»Abgehauen, Sir!«
Ich dachte an die Fingerabdrücke auf der Broschüre, die auf der Werkbank gelegen hatte, ich ergänzte: »Oder zu den Warrianer übergelaufen.«
Lieutenant Wronski verzog das Gesicht; ich ahnte seine Verachtung: »Nun, wenigstens wird er jetzt tausend Jahre haben, um mit seinem Gewissen ins reine zu kommen, Sir. Judas hat weniger benötigt, um den Strick zu nehmen.«
Ich sah auf die Uhr.
Anderswo auf Astropolis war es bereits Nacht, aber wir mußten noch warten.
Auf der Plaza Humanitas brach die Menge in ein Triumphgeheul aus.
Ich beugte mich über die Brüstung. Die Entscheidung war gefallen: Aus einem Fenster des Astropols wurde eine weiße Flagge geschwenkt.
Das rußgeschwärzte Tor stand auf, und die TABs waren seitwärts zurückgewichen und bildeten eine Gasse, durch die sich der Abzug der Verteidiger vollzog. Präsident Andrew Wilson, mit erhobenen Händen, führte den Zug an. Hinter ihm, in der gleichen Pose der Unterwerfung, gingen die Minister.
Lieutenant Mobuto wandte mir ein graues Gesicht zu.
»Und was weiter, Sir?«
Ich hob die Schultern. Die Kapitulation des Astropols hatte eine neue Situation geschaffen. Die Regierungsgewalt war nunmehr auf die Warrianer übergegangen. Ich würde es zu tun haben mit einem Präsidenten namens Gilbert Graham.
Lieutenant Wronski rührte mich an.
»Jetzt kommen die Gendarmen, Sir!«
Major Bold war mit erhobenen Armen herausgetreten – und das Triumphgeheul der Menge schwoll an.
Einen Atemzug lang blickte ich hoch zu den Sternen – in das unendliche Meer der Lichtjahre, in dem sich alsbald jede Spur von Astropolis verlieren würde, falls niemand zur Stelle sein sollte, um im entscheidenden Augenblick das Manöver zu leiten, das dem Flug durch den Raum ein Ende setzte.
Was weiter? hatte Lieutenant Mobuto gefragt.
Auf Astropolis hatten die internen Machtverhältnisse gewechselt. Aber die Flugorder, die mich auf dieses Objekt geführt hatte, blieb weiter in Kraft.
Ich starrte hinab auf die Plaza Humanitas, wo Präsident Wilson, wieder als erster, den Ärmel hochrollte, um sich von einem der Weißkittel die Injektion verabreichen zu lassen, gegen die er so lange gekämpft hatte.
Einer nach dem anderen tat es ihm nach.
Es wurde ein unwürdiges Schauspiel.
Auch Major Bold entblößte seinen Oberarm.
Zum erstenmal sah ich mit eigenen Augen, was es hieß, wenn man sagte: Eine neue Zeit bricht an . Falls man Grahams Beteuerung vom verbesserten Tarassenkoschen Serum Glauben schenken durfte, so würde es für alle diese Menschen, die sich da der Spritze unterwarfen, fortan keinen natürlichen Tod geben – oder allenfalls in einer kaum faßbaren, astronomisch dunklen Ferne. Aber mit dieser Entscheidung willigten sie zugleich ein, daß auf Astropolis niemals der fröhliche Schrei eines Kindes ertönen würde. Die Jahre, die Jahrhunderte, die Jahrtausende würden ins Land gehen – und immer würden es die unverändert gleichen Menschen sein, die auf Astropolis ihrem Tagwerk nachgingen. Würde es diesen Verdammten je dämmern, wovon sie sich losgesagt hatten, als sie sich entschlossen, auszubrechen aus dem natürlichen Kreislauf von Stirb und Werde, dem vom Käfer bis zum Kosmos alles sonst unterlag? Mein Mund fühlte sich trocken an.
Was weiter?
Ich gab Lieutenant Mobuto die Antwort.
»Wir tun, was unsere Pflicht ist, Lieutenant.«
Das schwarze Gesicht aus dem Senegal blieb mir zugewandt.
»Aye, aye, Sir.«
Unter uns wurden die Schatten länger.
Die Ereignisse der nächsten Stunden würde ich am liebsten mit Stillschweigen übergehen. Wenn ich
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