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Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Titel: Weltraumpartisanen 19: Astropolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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in das Funkenspiel der auf sie entladenen, wirkungslos verpuffenden Energie.
    Lieutenant Wronski gab mir willkommen Anlaß, dem Schauspiel zu entfliehen, indem er meldete: »Klar Schiff zum Manöver, Sir.«
    Aufatmend nahm ich meinen Platz ein.
    Noch war nicht alles verloren. Die neuerliche Kurskorrektur würde unsanft genug verlaufen, um auch dem letzten Tollhäusler auf der Plaza Humanitas die Augen dafür zu öffnen, auf welch delikater, gefährdeter Plattform er sich nach wie vor befand. Graham am wenigsten konnte daran interessiert sein, daß am Ende des Flugs von PL 01 die Katastrophe stand: das unkontrollierte Eintauchen in sonnenferne Zonen.
    Ich hörte auf, mich mit den Vorgängen am Fuße des Turmes zu beschäftigen, und konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf das anlaufende Manöver.
    »Kurs, Sir?«
    Ich kontrollierte die Anzeige.
    »Kurs gerichtet!«
    »Winkel, Sir?«
    Der Winkel wanderte ein, und ich drückte, als es soweit war, die Arretierung.
    »Winkel fest!«
    Die Handgriffe gehörten zu einer Welt mathematischer Ordnung. Sie verlangten Ruhe und Konzentration. Die Gedanken durften nicht abirren. Auf diesen Handgriff lag die Verantwortung für PL 01.
    »Schub, Sir.«
    Die Energie war gespeichert und brauchte nur noch freigesetzt zu werden – auf Kosten des Backbordtanks.
    »Schub programmiert!«
    Lieutenant Wronski blickte abwartend auf die Uhr.
    »Countdown, Sir. Neun … acht …«
    Im Lautsprecher meldete sich Lieutenant Mobutos Stimme.
    »Dringender Anruf aus dem Astropol, Sir, Major Bold. Frage: Darf ich durchstellen?«
    Der Countdown lief. Lieutenant Wronski hatte nicht aufgehört, die Tropfen der verrinnenden Zeit zu zählen: »… fünf … vier …«
    Das Astropol, Major Bold, die Plaza Humanitas, Gilbert Graham, das Warren-Komitee, die Tarassenkosche Spritze – all das mußte warten.
    Ich drückte die Taste.
    »Später, Lieutenant Mobuto.«
    Die letzten Zeittropfen fielen laut und deutlich: »… zwei … eins … null!«
    Ich löste aus und hatte plötzlich das Gefühl, im Sattel eines bockenden Pferdes zu sitzen. Ich stemmte mich gegen die Gurte. Für den Bruchteil einer Sekunde, während zugleich die Triebwerke ansprangen, stand die Sonne still – dann setzte die Rotation wieder ein, und ich sank in meinem Sessel zurück.
    Schweiß rann mir in die Augen und brachte sie zum Brennen. Ich fuhr mit dem Ärmel über das Gesicht.
    »Erbitte Kursbestätigung, Lieutenant!«
    Lieutenant Wronski ließ sich Zeit: Er kontrollierte die Anzeigen. Als er sich mir schließlich zuwandte, sah ich die Anzeichen der Erleichterung in seinem Gesicht.
    »Kurs liegt an, Sir.«
    Es war Musik in meinen Ohren. Der erste Schritt in die richtige Richtung war getan. Nun durfte man sich entspannen, bevor man den zweiten Schritt unternahm. Ich dachte an all die Physiker, Ingenieure, Techniker und Handwerker, die sich zusammengefunden hatten, um das 21. Jahrhundert mit diesem Wunderwerk der Technik zu krönen. Was sie vollbracht hatten, war eine einmalige Tat. Vorüber war die Zeit, in der sich der Mensch auf fremden, seinen Bedürfnissen nicht angepaßten Planeten mühsam behaupten mußte. Die PL-Reihe erschloß ihm den unendlichen Himmelsraum – und wohin er sich auch wandte: er trug wie die Schnecke ihr Haus die neue, eigens für ihn konstruierte künstliche Erde mit sich.
    Das und nicht Warren und nicht Tarassenko war die einzige gültige Antwort auf die große Herausforderung unserer Zeit.
    Ich warf die Gurte ab und trat wieder ans Fenster.
    Einmal mochte es mir gelungen sein, die Plaza Humanitas mittels einer Kurskorrektur leerzufegen. Diesmal hatte das Rezept versagt.
    Das Astropol war eine belagerte Festung. Die TABs hatten einen Ring darum gebildet. Zwei von ihnen bearbeiteten die schwere Tür mit ihren Schweißbrennern. Rauch stieg auf.
    Mein Traum von der neuen Welt schlug um in Ernüchterung.
    Ich drückte die Taste.
    »Stellen Sie das Gespräch jetzt durch, FK!«
    Major Bolds Stimme kam klar und deutlich.
    »Commander? Major Bold hier.«
    »Ich höre, Major.«
    »Wir sind in einer verzweifelten Situation, Commander. Fragen Sie mich nicht, wie das passieren konnte. Niemand von uns hat damit gerechnet.«
    Wie am anderen Ende der Leitung der hakennasige Gendarmeriemajor seinen Stolz herunterschluckte – das war deutlich zu hören.
    »Ich verstehe.«
    In das Gespräch mischte sich Unruhe: bestand aus dem Durcheinander von Stimmen und schweren Schritten. In der belagerten Festung schien ein heilloses Chaos zu

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