Weltraumpartisanen 19: Astropolis
im Besitz der Wahrheit bin.«
Ich brach das Schweigen.
»Was nennst du Wahrheit, Gil?«
»Das hier, Mark!« Er klopfte leicht gegen das Emblem über seinem Herzen. »Die Spritze, die den Augenblick zur Ewigkeit macht. Keine Bevölkerungsprobleme mehr, Mark, kein Hunger, keine Not – eine höchst vernünftige Entscheidung. Ein Leben ohne Tod und Krankheit.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Gil, wenn du die Menschheit liebst, wie du sagst – warum gehst du dann über Leichen?«
In Grahams Augen stand auf einmal ein ferner Glanz.
»Was tust du, Mark, wenn du dein Kind liebst – und es gehorcht dir nicht? Du züchtigst es. Nun, die Menschheit ist wie ein Kind – unerfahren und unwissend. Sie weiß noch nicht, was ihr Glück ist – aber sie wird es erfahren, wenn man sie dazu gezwungen hat. Also, Mark, nimm Vernunft an.«
Graham streckte mir die Hand entgegen. Ich ergriff sie nicht.
»Gib dir keine Mühe, Gil. Du magst mich altmodisch nennen – aber ich hab’ nun mal was gegen dein Paradies aus der Spritze. Was ich dir zum Vorwurf mache, ist dies: daß du den Leuten keine Wahl läßt.«
Grahams Hand sank herab.
»Es gibt nur eine Form der Wahl, Mark – für uns zu sein oder gegen uns. Es geht nicht an, daß sich die Menschheit in zwei Hälften teilt – in eine unsterbliche und in eine andere, die fortfährt, Kinder in die Welt zu setzen. Was wäre die Folge? Es liegt auf der Hand. Die Kinder wüchsen heran und würden ihre Ansprüche anmelden auf all die Positionen, die von den Unsterblichen längst besetzt sind. Es müßte zu Unruhen kommen, zur Revolution, zu Mord und Totschlag.« Grahams Stimmung war umgeschlagen; er warb nicht länger – er drohte. »Auch du wirst dich entscheiden müssen, Mark – spätestens, wenn du das Cockpit verläßt.«
Er wartete auf ein Zeichen der Unterwerfung – dann trieb ihn die Ungeduld weiter: »Da wäre noch etwas, Mark: Pater Georgius und seine Anhänger. Wir haben eine leere Kirche vorgefunden. Sie können nicht geflogen sein. Du weißt nicht zufällig, wo sie im Augenblick stecken?«
Ich hielt seinem Blick stand.
»Du bist an der falschen Adresse, Gil.«
Graham wandte sich mit einem Ruck an Lieutenant Wronski.
»Auch Ihre Frau ist plötzlich verschwunden, Lieutenant. Sie werden verstehen, daß wir keine Ausnahmen dulden können. Also, wo ist sie?«
Lieutenant Wronski machte ein steinernes Gesicht. Armandez trat plötzlich an ihn heran und zupfte ihm etwas von der Schulter. Ich hielt den Atem an. Armandez hob ein langes blondes Haar in die Höhe.
»Professor«, sagte er, »mir scheint, wir sollten uns hier etwas umsehen.«
Lieutenant Wronskis Gesicht verlor die Farbe.
Graham zeigte mir ein falsches Lächeln.
»Du hast doch nichts dagegen, Mark? Eine reine Formalität.«
Meine Hand ruhte auf dem Auslöser des Korrektors – und ich wußte, daß Graham das sah.
»Gil, du bist nicht daheim auf Mutter Erde. Damit mußt du dich abfinden. Wenn ich auf diesen Knopf drücke – und das werde ich tun, falls du mich dazu zwingst –, wird das Ende deiner Herrschaft anbrechen, das Ende von ganz Astropolis. Wir werden der Sonne entgegenstürzen, Gil, unaufhaltsam, schneller und immer schneller, und irgendwann – Lieutenant Wronski wird es dir gern ausrechnen: wann genau – werden wir Feuer fangen und verglühen. Dagegen hilft kein Serum.«
Grahams Augen richteten sich auf Armandez. Armandez machte ein gequältes Gesicht – aber er nickte.
»Er hat uns in der Hand, Professor. Wir alle würden dabei draufgehen.«
Graham faßte sich.
»Nun gut, Mark. Im Augenblick sitzt du am längeren Hebel – aber das letzte Wort wird noch zu sprechen sein. Auch du wirst Farbe bekennen müssen. Und was diese Leute angeht, nach denen wir suchen – Astropolis ist, wie du ganz richtig sagst, nicht Mutter Erde. Wir werden sie finden.«
Graham wandte sich dem Aufzug zu, und Armandez eilte hinter ihm her. Dr. Becker, der die ganze Zeit über kein Wort gesprochen hatte, seufzte und wiegte den Kopf, und ich glaubte, so etwas wie Bedauern in seinem Blick zu sehen, wie er sich da schwerfällig abwandte.
Ich richtete den Blick auf Lieutenant Mobuto. Ich brauchte nichts zu sagen; wir verstanden einander auch so. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Die Augen blickten selbstbewußt und kühl.
»Mir scheint, Sir, wir haben nichts mehr gemeinsam. Was geschehen ist, ist geschehen.«
Lieutenant Mobuto machte kehrt und schob sich als letzter in den Fahrstuhl.
Lieutenant Wronski holte
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