Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
Sir.«
»Guten Morgen, Captess. Tut mir leid, daß wir Sie um den Schlaf bringen müssen.«
Sie strahlte mich an.
»Oh, keine Ursache, Sir. Wie sagt man bei Ihnen? Früher Tag hat ein sehr teures Gebiß.«
Ich mußte ein verblüfftes Gesicht gemacht haben.
Über den Lautsprecher lieferte Lieutenant Stroganow die Übersetzung: »Das bedeutete, Sir: Morgenstund hat Gold im Mund.«
2.
Grischa Romen, Captain (VEGA),
Commander Raumrettungskreuzer Florence Nightingale
Aufgezeichnet nach persönlichem Bericht
»Datum: 26. Dezember 2083. Zeit: 11.37 Bordzeit. RV Fulgor erreicht. Kein FK-Kontakt möglich. Ich drehe bei.«
An Bord des Raumrettungskreuzers Florence Nightingale ließ der C.v.D. (Commander vom Dienst) Captain Romen die Diktiertaste los, warf die Gurte ab und trat, nachdem er seinen Piloten, Lieutenant Manuel Prado angewiesen hatte, noch näher an die Fulgor heranzugehen und dann zu stoppen, hinter das Bikolar. Die Optik begann zu arbeiten und stellte sich scharf. Der Havarist war ein Raumversorger der uralten Hunter-Klasse. Dort, wo sich ursprünglich in Form einer weithin lesbaren Aufschrift auf aluminiumgrauen Grund der Schiffsname befunden hatte, gähnte der schartige Ausläufer eines schwarzgesäumten unregelmäßigen Lochs von der Größe eines Fußballtores.
Der Grund, weshalb die Fulgor nach ihrem ersten panischen Notschrei plötzlich verstummt war, lag im Fadenkreuz des Bikolars. Von der Antenne war nur noch ein untauglicher Stummel vorhanden. Die Explosion – eine Folge des gemeldeten Brandes – hatte den Raumversorger in einen Schrotthaufen verwandelt.
Die Sonne blendete. Captain Romen wandte den Kopf.
»Seitenwechsel!«
»Seitenwechsel! Aye, aye, Sir.«
Unter Lieutenant Prados Händen begannen die Manöverdüsen zu fauchen. Die Florence Nightingale nahm langsam Fahrt auf.
Hinter dem blonden Spanier, der von der Strategischen Raumflotte zunächst zur VEGA übergewechselt war und hernach auf eigenen Wunsch zur UGzRR, lag eine abgebrochene Laufbahn als Torero. Darüber, weshalb er auf dem Höhepunkt des Ruhms der Arena den Rücken gekehrt hatte, gab es allenfalls Gerüchte. Captain Romen hatte ihn nie danach gefragt. Lieutenant Prado war der geborene Rettungsflieger: ein Mann mit unerschütterlichen Nerven und blitzschnellen Reaktionen. Was er früher gewesen war, ging einzig und allein ihn selbst etwas an.
»FK – Brücke.«
Captain Romen ließ die Fulgor , während er sprach, nicht aus den Augen. »Können Sie mich jetzt durchstellen?«
»Nee, Sir. Leider.«
Lieutenant Krosanke, der ein Halbdeck tiefer seinen Dienst versah, machte kein Hehl daraus, daß er mit Spreewasser getauft worden war. Sein Berliner Zungenschlag verlieh dem nüchternen Metro einen nahezu exotischen Hauch. »Die Fulgor ist, wenn ich das sagen darf, Sir, auch auf dem UKW-Ohr taub.«
Das war zu erwarten gewesen. Captain Romen überlegte. Das ganze Manöver des Abbergens würde einfacher sein, falls es ihm gelang, ein paar Worte mit dem anderen Schiffsführer zu wechseln.
»Frage, FK: Ist sie auch taub auf dem Walkie-Talkie Ohr?«
»Wie, Sir?«
Auf einem Raumretter wurde das Unübliche zur Regel. Man mußte sich zu helfen wissen. Ein Walkie-Talkie gehörte zur Standardausrüstung aller EAAU-Frachter und -Versorger. Der kombinierte Raumhelm mit angeblocktem Luftventil, mit thermostatgeregelter Heizung und integriertem UKW-Gerät inklusive Rekorder, wie er zur normalen Ausrüstung des fliegenden VEGA-Personals gehörte, blieb auf den Transportern die seltsame Ausnahme. Wenn man, aus welchem Grund auch immer, ausstieg, hängte man sich ein Walkie-Talkie über die Kombination. Lieutenant Krosanke, der erst seit einer Woche an Bord war, konnte das nicht wissen.
»Versuchen Sie's per Walkie-Talkie, Lieutenant!« sagte Captain Romen. »Sie werden überrascht sein, wie gut unser Freund noch hören kann.« Danach preßte er seine Augen erneut gegen das Bikolar.
Der Notruf war neun Stunden alt. Lieutenant Krosanke hatte ihn bereits aufgefangen und an die Brücke weitergemeldet gehabt, als sich die Raumnotwache Las Lunas vernehmen ließ. Sie wußte auch nicht mehr als: »Mayday, mayday, mayday! RV Fulgor in RG November, India, Romeo Sechs-Drei-Sechs. Feuer an Bord. Erbitte dringend Hilfe. Mayday, mayday, mayday!«
Die von der Fulgor bekanntgegebene Position deckte sich nicht mit dem Resultat der beiden Peilungen, die sich im Grenzgebiet von 637 und 638 trafen. Es mochte sein, daß durch den Brand das
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