Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
navigatorische System in Mitleidenschaft gezogen worden war, oder aber der Fulgor -Pilot hatte in der Eile und in der Aufregung die Zahlengruppen nicht richtig abgelesen.
Und noch ein Fehler ließ sich ihm ankreiden: daß er nach dem Absetzen des Notrufs, statt umgehend beizudrehen, auf nicht genanntem Kurs weiterhin Fahrt gemacht hatte. Die Florence Nightingale war genötigt gewesen, den halben Himmel nach ihm abzusuchen.
»Sir, Sie können jetzt mit der Fulgor sprechen.« Lieutenant Krosanke hatte das Cockpit betreten und reichte Captain Romen ein Walkie-Talkie. »Es hat eine Weile gedauert, bis ich den richtigen Kanal gefunden habe.«
»Danke, Lieutenant.« Captain Romen ergriff das handtellergroße Gerät. » Fulgor – Florence Nightingale .«
Eine verzerrte Stimme meldete sich: »Na, Gott sei Dank. Ich fürchtete schon, uns hätte keiner gehört.«
Captain Romen lachte in das Mikrofon.
»Ich nehme an, das soll heißen, daß Sie verdammt froh sind, uns zu sehen. Wie ist die Lage an Bord? Over!«
Der Lautsprecher schepperte.
»Nach dem großen Knall steht hier so ziemlich alles auf Null. Reicht's, wenn ich sage: Wir sind atemlos und haben kalte Füße …?«
Captain Romen nickte. Er wußte aus Erfahrung, was es bedeutete, unter gleichgültigen Sternen mit einem Schiff dahinzutreiben, auf dem ein Aggregat nach dem anderen seinen Dienst einstellte. Die Luft war auf einmal nicht mehr zu atmen, und durch die Isolierung sickerte die tödliche Kälte in die Stationen.
Die Fulgor hatte Glück im Unglück. Ein paar Monate zuvor – und sie wäre, wenn ihr nicht mehr oder minder zufällig ein gerade in der Nähe befindliches Schiff zur Hilfe geeilt wäre, ein Kreuz auf der Verlustliste gewesen. Auf eine Florence Nightingale durfte sie erst hoffen, seit unter dem Eindruck der Han-Wu-Ti -Tragödie in einer neptunischen Umlaufbahn sich EAAU und VOR bereitgefunden hatten, die UGzRR zu gründen. Von der breiten Öffentlichkeit unbemerkt, hatte damit in der Geschichte der Raumfahrt ein neues Kapitel begonnen.
Captain Romen hob erneut das Walkie-Talkie.
»Wieviel Mann?«
»Zwei. Mit mir noch der Second Pilot Antonio Piersanti. Mein Name ist Walter Albrecht.«
Bei der Versorgerflotte wurde seit Jahren an fliegendem Personal gespart. Zwei-Mann-Besatzungen zählten nicht zu den Ausnahmen – obwohl es jedem Hafenmeister klar war, daß man auf diese Weise hoffnungslos unterbemannte Schiffe zu den Sternen entließ.
»Roger. Ich nehme an, Sie sind bereit, Ihr Schiff aufzugeben.«
»Es bleibt uns keine andere Wahl. Frage: Wie soll der Abtanz über die Bühne gehen?«
»Das Dingi legt sich längseits und schießt Ihnen eine Leine 'rüber. Nehmen Sie an persönlichen Effekten nur mit, was unumgänglich ist. Ein Dingi ist kein Möbelwagen. Und überprüfen Sie vor dem Ausschleusen Ihre Kombinationen.«
»Aye, aye, Sir. Sie werden uns klar zum Übersteigen finden.«
Eine Besatzung schickte sich an, das waidwunde Schiff zu verlassen. Man besprach das Erforderliche. Für Sentimentalitäten hatte man keine Zeit. Es gab verbürgte Fälle, in denen die Besatzungen an Bord geblieben waren. Das Überleben war hart genug. Auch ohne Schuldspruch blieb man abgestempelt.
Captain Romen drückte die Taste. »Dingi klar machen!«
Die Florence Nightingale hatte den Havaristen mittlerweile umrundet, war auf eine Kabellänge Abstand an ihn herangegangen, und nun trieb sie mit gestopptem Triebwerk und verstummten Manöverdüsen in der großen solaren Umlaufbahn, aus der sich die Fulgor nie wieder lösen würde.
Die Lieutenants Torrente und Krosanke machten sich klar. Captain Romen verfolgte ihre Vorbereitungen vor einem BVN-Monitor. Das Bootsmanöver klappte von Mal zu Mal besser. Schließlich legte das Dingi ab und hielt auf die Fulgor zu.
Captain Romen spürte, wie etwas in ihm zur Ruhe kam. Mit jedem Notruf verbarg sich die Sorge, zu spät zu kommen. Diesmal durfte man aufatmen.
Auch Lieutenant Prado beobachtete das Manöver.
»Jetzt kommen sie, Sir!«
Auf der Fulgor war das Einmannloch entriegelt worden, aber statt des von Captain Romen befürchteten Gepäckwustes schwebte an der dünnen Leine lediglich der schmale Chromkoffer mit den Schiffspapieren zum Dingi hinüber. Im Anschluß daran hangelten sich die beiden Piloten schwerfällig durch den leeren Raum, bis sie von Lieutenant Krosanke in Empfang genommen wurden. Es war ein alltäglicher Fall, ohne nennenswerte Schwierigkeiten.
Captain Romen legte den
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