Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
Räuber!«
Der Fiorentino genannte Pirat riß die Bell aus dem Futteral.
»Ti ammazo!« – »Ich bring dich um!«
Der zweite Pirat, ein stiernackiger, muskelschwellender Tibetaner, um dessen Hüfte sich ein breiter schwarzer Gürtel schlang, ausgewiesen als Wang Fu – Chief Agent , machte katzengleich einen Schritt beiseite, um sich aus der Schußrichtung zu bringen.
Captain Romen fuhr dazwischen. Das fehlte noch, daß dieser Fulgor -Pilot, kaum dem Tode entronnen, sich als lebensmüder Held aufspielte. Der Erste Steuermann der Vendetta sprach keine leere Drohung aus. Nicht umsonst wurde er in drei Kontinenten steckbrieflich gesucht. Nichts bedeutete ihm weniger als ein Menschenleben.
»Hören Sie auf mit dem italienischen Kauderwelsch, Pilot Piersanti! Mir scheint, Sie haben noch nicht begriffen, in welcher Gesellschaft wir uns hier befinden.«
Der Lauf der Bell richtete sich auf ihn.
»Maul halten! Und vorwärts, vorwärts!«
Die Gefahr für Piersanti war vorerst abgewendet. Captain Romen beschleunigte den Schritt. Mit einer Bell zu diskutieren, war müßig. Auch die Vendetta war aufgeteilt in ein Volldeck, zwei Halbdecks und die darin befindlichen, durch massive Schotten voneinander abgetrennten Stationen. Der Laufgang durchzog das ganze Schiff wie ein Mäanderband. Dort, wo sich der Aufgang zur Brücke befinden mußte, befand sich eine verschlossene Tür mit der Aufschrift: KOMMANDANT – Zutritt nur für Befugte.
Captain Romen wollte stehenbleiben, aber die Bell, die sich ihm pulsierend zwischen die Rippen bohrte, trieb ihn weiter.
»Jetzt nicht! Weiter!«
Die Bell in Fiorentinos Hand wies die Richtung: hinab in den Laderaum. Bevor Captain Romen gehorchte, drehte er sich noch einmal um. Durch eines der Bullaugen warf er einen letzten Blick auf die Florence Nightingale . Unter ihrer neuen Besatzung nahm sie Fahrt auf, umrundete das Wrack der Fulgor und nahm Kurs Andromeda.
Auch ohne wertvolle Ladung war sie ein nicht zu verachtendes Beutestück: ein schnelles, sonnensturmfestes Schiff mit erheblichem Aktionsradius. Wenn man ihr das entsprechende Waffensystem verpaßte, konnte sie es mit so manchem Kreuzer aufnehmen.
Fiorentino zog eine verschrammte Tür auf. Dahinter gähnte ein zum Kerker umgebauter Frachtraum.
3.
Mark Brandis,
Chef Raumnotrettungsflotte UGzRR
Eingabe ins elektronische Bordbuch
Es war zu erwarten gewesen: Der VN stellte sich als die Halluzination eines alkoholisierten Frachterkulis heraus. Als ich den Befehl gab, die Henri Dunant auf Heimatkurs zu legen, hatten wir im Raumgebiet DEB nicht allein den Sektor 209 um und um gewühlt, sondern auch ein halbes Dutzend angrenzender Sektoren, ohne auch nur auf ein Staubpartikelchen gestoßen zu sein.
Es wäre freilich auch kaum zu erklären gewesen, was ein Schiff in den Sektoren von DEB gewollt hätte – abseits der üblicherweise beflogenen Routen. Um ein Kriegsschiff konnte es sich nicht handeln, denn die Patrouillen wurden – mit Ausnahme der Sirius-Patrouille – im Verband geflogen. Und auch ein Expeditionsschiff war derzeit nicht unterwegs. Um diese Zeit war die Henri Dunant ein stummes und taubes Schiff. Kosmische Störungen hatten den Funkverkehr vorübergehend lahmgelegt. Lieutenant Levy bedauerte. Die Verbindung zur Raumnotwache Las Lunas oder zu einem anderen Schiff der Flotte ließ sich nicht herstellen. Bei aller Perfektion der Technik bekam man es doch immer wieder mit dem Walten der Natur zu tun. An und für sich waren diese kosmischen Störungen völlig ungefährlich – wenn man davon absah, daß für ein unter den Sternen einsam dahinziehendes Schiff auch eine lahmgelegte Verbindung bereits eine ernsthafte Bedrohung darstellte.
Bevor ich die Brücke verließ, übergab ich die Schiffsführung an Captess Kato, von deren fliegerischen Fähigkeiten ich mich mittlerweile überzeugt hatte.
»Wecken Sie mich nur, wenn es unumgänglich ist.«
Captess Kato wandte mir ihr ruhiges Gesicht mit den mandelförmigen Augen zu.
»Aye, aye, Sir. Angenehme Ruhe.«
Hinter mir lagen eine gestörte Nachtruhe und ein anstrengender Flug. Als ich mich in meine Kammer zurückzog, war ich müde bis in die Knochen. Die Zeiten, in denen mir all das nichts ausgemacht hatte, waren längst vorüber. Ich kam in die Jahre; daran war nicht zu rütteln. Die Hoffnung auf ein paar Stunden Schlaf zerstob, kaum daß ich mich ausgestreckt hatte. Im Lautsprecher wurde es lebendig.
»FK. Sir, ich habe seit ein paar Minuten Verbindung. Mike
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