Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
Trauerspiel zu erinnern.
»Worauf, Lieutenant, wollen Sie hinaus?«
Lieutenant Xuma schluckte, aber er sah mir fest ins Gesicht.
»Sir«, sagte er, »ich möchte vorausschicken, daß Captess Kato der gleichen Ansicht ist wie ich: daß wir die wenige kostbare Zeit, die uns unter Umständen zur Verfügung steht, nicht damit vergeuden dürfen, blindlings und ohne einen Anhaltspunkt den leeren Himmel abzusuchen.«
Das war in der Tat der springende Punkt: der Mangel an Anhaltspunkten. Die Spur, der wir bis zur Fulgor gefolgt waren, hatte sich als Sackgasse erwiesen.
Lieutenant Xuma machte mir klar, daß ich mit leeren Händen dastand: »Hidalgo ist nur ein Planetoid von insgesamt über viertausend. Für eine Notlandung kommt letztlich jeder davon in Betracht. Sir, wollen Sie sie alle absuchen?«
Die Frage war überspitzt. Als möglicher Landeplatz für die Florence Nightingale kamen allenfalls noch Adonis und Eros in Betracht. Ersteren konnte man in 60 Stunden erreichen, und, falls man dort nichts fand, den davonziehenden Eros im Verlauf einer weiteren Woche.
Bisher hatte ich mir nichts vorzuwerfen, schon gar nicht mit meinem Abstecher zum Hidalgo. Meiner Methode lag das alte klassische Prinzip zugrunde, das John Harris einmal in die Worte gefaßt hatte: Lassen Sie sich nicht bluffen durch die Dimension. Für die Schiffahrt ist auch der Weltraum nur ein Ozean. An diese Regel hielt ich mich. Auf der Suche nach einer vermißten Karavelle klapperte ich gewissermaßen die verstreuten Inseln ab – in der Hoffnung, früher oder später auf eine Spur zu stoßen, gleichviel, ob die Florence Nightingale das Opfer einer technischen Panne oder eines noch zu klärenden Zwischenfalles war. Lieutenant Xumas Frage war überspitzt, aber sie machte mich erneut auf den Zeitfaktor aufmerksam. Die Gründlichkeit meiner Methode war gekoppelt mit Langsamkeit.
»Haben Sie einen besseren Vorschlag zu machen, Lieutenant? Ich höre.«
In das Ebenholzschwarz von Lieutenant Xumas Gesicht mischte sich eine Schattierung von Grau. Er war sich der Position, die er bezogen hatte, durchaus nicht sicher.
»Ja, Sir. Ich gebe zu, daß mein Vorschlag aus dem Rahmen fällt, und ich bekenne mich zu ihm nur unter dem Gesichtspunkt, daß wir nichts zu verlieren haben. Captess Kato hat mich daraufgebracht.«
Ich wandte mich an die junge VOR-Pilotin. Ihre mandelförmigen Augen blickten fest.
»VK, Sir!« sagte sie.
Darauf war ich nicht gefaßt.
»VK«, wiederholte Lieutenant Xuma. »Verzögerungslose Kommunikation. Ich will nicht behaupten, daß Captess Kato und ich mehr davon verstehen als Sie, Sir, aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß in den VOR etliche Fälle von funktionierender VK verbürgt sind.«
Der Einfluß des Guru machte sich bemerkbar. Zumindest in Captess Kato verfügte der alte Schwindler über einen natürlichen Verbündeten. Beide waren sie VORs. Und Lieutenant Xuma? Er stammte aus einem Erdteil, in dem der Aberglaube seit jeher eine unheilvolle Rolle gespielt hatte. Mein Blick richtete sich auf meinen bewährten Navigator.
»Und Ihre Meinung, Lieutenant Stroganow?«
Der Sibiriak bewegte die mächtigen Schultern.
»Sir, ich räume ein, daß an Ihrer Methode, eine Raumsuche zu organisieren, im Prinzip nicht zu rütteln ist. Sie hat sich, wie alle wissen, bewährt. Ihr Nachteil ist, daß sie sich über Wochen und Monate erstrecken kann. Ist es Hidalgo nicht, dann sind es vielleicht Adonis und Eros. Sind es auch diese beiden nicht – nun, dann nimmt man zunächst Kurs auf Odysseus und Rektor. Ich brauche wohl nicht eigens hervorzuheben, daß wir für eine so lange Abwesenheit von unserem Stützpunkt gar nicht eingerichtet sind. Mit anderen Worten – wenn wir Aussicht haben wollen auf Erfolg, benötigen wir Captain Romens exakte Position.«
Lieutenant Stroganow hatte recht. Die Henri Dunant war ausgelegt als Rettungskreuzer, nicht als Expeditionsschiff. Die Anzeige des Steuerbordtanks näherte sich der Null-Marke. Danach blieb uns nur noch der Inhalt des Backbordtanks, auf den ich spätestens beim übernächsten Anwerfen des Triebwerks zurückgreifen mußte. Damit freilich, daß er mich auf dieses Defizit aufmerksam machte, war die Situation nicht geklärt.
»Und woher zum Teufel soll ich die Position nehmen, Lieutenant? Soll ich vielleicht wie der Zauberer in den schwarzen Zylinder greifen?«
Mein alter Navigator wiegte den Kopf.
»Nein, Sir. Worum wir Sie ersuchen möchten, ist dies: daß Sie Professor Deschehen eine
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