Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
undurchführbar herausgestellt.
Am kühnsten war der von Lieutenant Kardorff entwickelte Vorschlag: »Warum nicht ein direkter Angriff auf Ahmed Khan? Sobald das Gehirn ausgeschaltet ist, ist die ganze Bande führerlos. Sie wird verhandeln.«
»Ausschalten!« erkundigte sich Captain Romen. »Womit?«
Lieutenant Kardorff hatte sich, bevor er den Mund auftat, Gedanken gemacht.
»Mit einer selbst zu bauenden Schußwaffe, Sir. Ich denke da an eine Zwille. Benötigt wird ein kräftiges Gummiband und ein Stück Metall. Beides sollte aufzutreiben sein. Damit zerschieße ich die Glasglocke …«
Der bebrillte Navigator der Florence Nightingale wollte noch sagen, daß er in jungen Jahren ein wahrer Meister im Zwillen-Schießen gewesen war, aber Captain Romen hatte sich bereits an den L.I. gewandt: »Was sagen Sie dazu?«
Lieutenant Krosanke schüttelte den Kopf.
»Fehlanzeige, Sir. Lieutenant Kardorff vergißt die elektronische Mauer. Die wird auch von einem Geschoß nicht durchschlagen.«
Die Versuchung, auf Ahmed Khans Angebot einzugehen – und sei es nur zum Schein – war groß. Dagegen sprach die Einsicht, daß auf diese Weise nichts zu gewinnen war, denn im Stützpunkt fehlte es gewiß nicht an willfährigen Ärzten und die Persönlichkeit auslöschenden Drogen. Sobald man die Vendetta verließ, konnte man alle Hoffnung fahren lassen. Man würde am Leben bleiben, gewiß – aber um welchen Preis!
Das war eine Entscheidung, die jeder für sich allein treffen mußte. An diesem Punkt endete die Gehorsamspflicht. Ein alter Briefumschlag gab das Material für die Stimmzettel her.
Ahrned Khan schien das Interesse an seinen Gefangenen verloren zu haben. Die Zeit verrann, ohne daß er auf sein Ultimatum zurückkam. Es mochte sein, daß die Schiffsführung ihn in Anspruch nahm, denn das Triebwerk der Vendetta sprang ein paarmal an, und einmal schwenkte die Vendetta so unvermutet und abrupt nach Backbord ab, daß Captain Romen, der sich in der Zelle die Beine vertrat – vier Schritte vor und vier zurück – den Halt verlor und auf die Flurplatten fiel.
Als er sich mit Lieutenant Prados Hilfe wieder aufgerafft hatte, verspürte er einen ziehenden Schmerz in der Schläfengegend. Er lehnte sich gegen die Wand und sagte laut und vernehmlich: »Ja, ich höre.«
Lieutenant Prado drehte sich verwundert nach ihm um und erwiderte: »Sir, ich habe nichts gesagt.«
Captain Romen massierte seine Schläfen.
»Ich denn?«
»Es kam mir so vor, Sir.«
»Sie müssen geträumt haben!« sagte Captain Romen und nahm seinen Rundgang wieder auf.
Lieutenant Prado ließ das Thema fallen. Der verwirrte Zustand seines C.v.D.'s mochte eine Folge des Sturzes sein, anders war er nicht zu erklären. Auch Captain Romen vergaß den Zwischenfall. Seine Gedanken waren von andersgearteten Überlegungen in Anspruch genommen. Da war die Sorge – mehr um seine Männer als um sich selbst. Nicht einer von ihnen hatte geschwankt, als er seine Stimme abgab und damit Ahmed Khans Angebot zurückwies. Auch die beiden Fulgor -Piloten zogen am gleichen Strang.
Captain Romen seufzte.
Das Gespür, auf das er sich verließ, wurde mehr und mehr in Frage gestellt. Die ersehnte Gelegenheit zum überraschenden Handeln hatte sich bislang nicht eingestellt. Fiorentino und Wang Fu waren erfahrene Kerkermeister und stets auf der Hut. Stets war es der Tibetaner, der die Verpflegung brachte, und stets hielt sich der Erste Steuermann im Hintergrund auf, den Finger am Abzug seiner doppelaktiven Bell.
Das schlimme war, daß der Mut allmählich mürbe wurde. Was den Männern fehlte, war dann und wann eine Aufmunterung, die ihren Stolz wachrief. Captain Romen griff in die Tasche. An der Mundharmonika, die er stets bei sich trug, hatten die Piraten keinen Gefallen gefunden. Sie war ihm belassen worden. Er klopfte sie aus, setzte sie an die Lippen und begann zu spielen. Er spielte ein altes russisches Zigeunerlied. Es war wehmütig und getragen und erzählte die Geschichte eines jungen Burschen, der Abschied nimmt von seinem Tab'r, seinem Lager, um in der Fremde sein Glück zu suchen.
Lieutenant Anderson protestierte.
»Nicht doch, Sir. Spielen Sie besser etwas Munteres. Spielen Sie …«
Lieutenant Anderson pfiff die Melodie vor. Captain Romen wechselte den Takt und nahm sie auf. Zuerst war es nur Lieutenant Anderson, der mitsang. Als zweiter stimmte Lieutenant Prado mit kräftigem Bariton ein. Und ein paar Augenblicke später hatte Captain Romen mit seiner
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