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Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Titel: Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Mundharmonika bewirkt, was er sich als Ziel gesetzt hatte. Die Männer vergaßen, in welch mißlicher Lage sie sich befanden, und die Vendetta erbebte unter ihrem herausfordernden Gesang: »Die allerschlimmsten Nieten der Weltraumlotterie – das sind die Raumbanditen mit ihrem Spinnenvieh …«
    Der Tibetaner schloß die Tür auf, und Fiorentino sagte mit wütendem Gesicht: »Vorwärts, vorwärts! Der Kommandant will euch sehen.«
    Die Männer stimmten die nächste Strophe an: »Für uns ist nichts verboten, wir tun, was uns gefällt. Wir sind die Raumpiloten direkt vom Arsch der Welt …«
    Fiorentino entsicherte die Bell.
    Captain Romen steckte die Mundharmonika ein. Man tat besser daran, sich mit Fiorentino und dem Muskelpaket nicht anzulegen.
    »Gentlemen«, sagte er, »auf zur Audienz!«
    Die aufrührerische Absicht des Liedes wirkte nach. Es gab keinen Plan. Es gab keine Absprache. Und selbst wenn es Captain Romen bekannt gewesen wäre, was die beiden Fulgor -Piloten im Schilde führten – er hätte sie schwerlich zurückgehalten. Bislang hatte er abgewartet und auch seine Männer zum Abwarten verpflichtet, aber nun galt es, sich mit der bitteren Erkenntnis vertraut zu machen, daß die Chancen schlechter standen denn je. Aller Voraussicht nach trat die Besatzung der Florence Nightingale ihren letzten Gang an.
    Sie tat dies, wie Captain Romen bei einem raschen Blick durch ein Bullauge feststellte, ausgerechnet unter dem Sternbild der Taube, das mit sanftem Flimmern steuerbord voraus in Sicht gekommen war: untrügliches Zeichen, daß die Vendetta auf erheblich verändertem Kurs lag.
    Captain Romen fuhr sich über die pochenden Schläfen. 
    »Unsere Position …«, sagte er. Dann verzog er das Gesicht, weil ihm bewußt wurde, daß er wieder einmal ins Leere hinein gesprochen hatte: ungereimtes Zeug. Die Nerven, stellte er fest, begannen ihm durchzugehen. 
    Das Triebwerk der Vendetta sprang an. Captain Romen griff nach dem nächsten Handläufer und hielt sich fest. Das Schiff bockte unter dem ihm aufgezwungenen Manöver. Ahmed Khan nahm keine Rücksicht darauf, daß sich an Bord auch eine Besatzung aus Fleisch und Blut befand.
    Fiorentino fluchte.
    »Porca miseria!« – »Verdammt und zugenäht!«
    Der Erste Pilot der Fulgor rollte über die Flurplatten, und Fiorentino überschüttete ihn mit den gemeinsten italienischen Verwünschungen. Er tobte, aber er durchschaute Albrechts Absicht nicht und griff nicht ein. Albrecht rollte dem Tibetaner vor die Füße und riß ihn um. Und im gleichen Atemzug schrie Piersanti: »Bandito maledetto – ora tocca a te!« – »Elender Bandit, jetzt bist du an der Reihe!« – und griff nach der Bell.
    Die Bell ging los, und die Welt ging unter. Die Decke verwandelte sich in eine knisternde Funkengarbe, und die Luft füllte sich mit grünen, ätzenden Schwaden. Es roch nach verschmortem Kunststoff, nach versengtem Metall und verkohlter Isolierung. Captain Romen taumelte zurück: halb blind, halb taub, halb erstickt. Was geschehen war, ließ sich erklären.
    Die Bell hatte sich in die Decke hinein entladen – dorthin, wo die empfindlichen Nervenstränge des Schiffes verliefen. Sie hatte das Metall schmelzen lassen, die Isolierung zerstört und die im Tunnel verlaufenen Glasfaserkabel versengt. Während im Schiff die Alarmglocken schrillten, traten die Absauger in Aktion und reinigten die Luft.
    Captain Romen sah: Vor dem Cockpit war die Brückenwache aufgezogen: drei mit kurzläufigen Laserkarabinern bewaffnete kräftige Burschen. Sie hielten sich bereit, um im Notfall einzugreifen. Captain Romen sah ferner: In der Decke gähnte ein tellergroßes Loch, und darin schwelte es noch immer.
    Und dann sah er, wie der stiernackige Chief Agent sich gleichmütig bückte, den stöhnenden Ersten Piloten der Fulgor aufhob und wie einen Mehlsack, mühelos, zurück in die Zelle warf. Ein paar Schritte weiter stand Fiorentino, preßte mit dem rechten Fuß unbarmherzig Piersantis Gesicht gegen die schmierigen Flurplatten und hielt mit der summenden Bell die fünf Lieutenants in Schach. 
    »Perbacco!« sagte Fiorentino. »Verdammt! Dieser Vorfall wird ein Nachspiel haben. Ein paar Ihrer Männer werden Ihre Dienste sehr benötigen: als Ausbilder im Beten.« 
    Der summende Lauf der Bell wies Captain Romen die Richtung: zurück in die Zelle.
     
    Die Fulgor -Piloten erholten sich nur langsam. Piersanti litt unter krampfhaftem Erbrechen, und Albrecht klagte über unerträgliche Nackenschmerzen.

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