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Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon

Titel: Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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in den Sinn, seine hochgradige Verwundbarkeit, seine Neigung zum urplötzlichen Kollaps.
    Über die Plejaden huschte ein flüchtiger Schleier.
    In jedem anderen Fall hätte ich diese Wahrnehmung abgetan als optische Täuschung. Aber diesmal hätte ich mich mit einer solchen Erklärung selbst betrogen. Der Schleier war apokalyptische Realität. Die Qualle ,Roswitha' hatte einen ihrer Tentakel ausgestreckt.
    Der Weltuntergang stand unmittelbar bevor.
    Um 07.00 Uhr hatten wir zur Stelle sein wollen. 13.03 Uhr war es geworden. Wir waren spät dran.
    Mein Blick kehrte zu den Monitoren zurück. Anton und Caesar wurden nicht mehr benötigt. Die ganze Bescherung war auf den Radarschirm Berta geschaltet. Die beiden Zyklone erschienen darauf wie zwei Lavaströme, die sich aus verschiedenen Richtungen aufeinander zubewegten. Auf die Stelle, wo sie sich vereinigen mußten, konnte man den Finger legen: November India Romeo dreimal die Zwo. Den Strömen voraus eilten kleinere und größere Sturzbäche.
    Die Lautsprecher traten in Aktion.
    „Brücke - TÜ. Dingi ist klar", meldete Lieutenant Xuma.
    „Roger, TÜ!" bestätigte ich.
    „Brücke - Landedeck." Lieutenant Levy war auf dem BV-N-Monitor deutlich zu sehen. „Ich halte mich bereit, Sir."
    „Roger, Lieutenant", bestätigte ich. „Zwei Fahrten. Jeweils fünf Mann. Klar?"
    „Positiv, Sir", sagte Lieutenant Levy auf dem Landedeck zu der Kamera, die sein Bild zu mir in das Cockpit übertrug, „jeweils fünf Mann. Aye, aye, Sir."
    An Steuerbord glitt das demolierte Heck der Mahatma Gandhi vorüber. Die Triebwerksaufhängung sah aus wie von Titanenhand geknickt - kein Wunder, daß sich der Hund in den eigenen Schwanz biß. Der Brocken, der den Schaden angerichtet hatte, war im Anschluß daran auf der Bordwand, von achtern bis vorn, Rutschbahn gefahren. Die Delle sah aus wie ein aufgeschnittenes Ofenrohr. Die Antenne bestand nur noch aus einem Stummel. Daneben war eine Notantenne angebracht.
    „Brücke -RC" sagte Lieutenant O'Brien. „„Roswitha' beeilt sich."
    Das Licht der Plejaden war matt und kraftlos geworden. ,Roswithas' zweiter Tentankel bestand aus einem Staubfeld. Das war kein flüchtiger Schleier mehr.
    „Roger, RC!" bestätigte ich. „Mich interessieren in Zukunft nur noch Klamotten."
    „Positiv, Brücke", erwiderte Lieutenant O'Brien. „Ich werde mich daran halten. Stichwort: Letzter Tango."
    Die Henri Dunant kam zum Stillstand, das Pfeifen der Bremsdüsen, unterbrochen vom Poltern des Triebwerks, verstummte. Captess Kato wandte den Kopf.
    „Schiff klar zum Bootsmanöver, Sir."
    Ihre Stimme klang ruhig - und ruhig war auch die Hand gewesen, mit der sie die Henri Dunant an die Mahatma Gandhi heranmanövriert hatte.
    „Danke, Captess." Ich drückte die UKW-Taste. „Giap, over!"
    Die Mahatma Gandhi meldete sich sofort. „Ich höre, Brandis. Over!"
    „Das Dingi geht raus. Wer kommt zuerst? Over!" „Die Orbis -Leute. Ich will sie los sein. Over!"
    „Roger, Giap. Schmeiß die Orbis-Leute raus! Wir wollen hier keine Wurzeln schlagen."
    Das Dingi war bereits unterwegs und hielt mit pulsierendem Feuerstrahl auf die Mahatma Gandhi zu. Über die Einzelheiten des Bootsmanövers bedurfte es keiner Absprachen. Sie alle waren Teil eines Aktes der Routine, der in den Sauregurkenzeiten, wenn niemand etwas von uns wollte, immer und immer wieder geübt wurde, bis jeder Handgriff saß. Lieutenant O'Brien war ein hervorragender Bootsführer. Bei den sogenannten Aufpickübungen, die wir gelegentlich veranstalteten - dabei ging es darum, mit einem Greifer einen im Raum treibenden Gegenstand an Bord zu ziehen -, manövrierte er das Dingi auf den Zentimeter genau.
    „Die Orbis -Leute sind bereit, Brandis", sagte Giap im UKW-Lautsprecher. „Ich fahre jetzt die Klappe auf."
    „Roger", sagte ich, „und Beeilung beim Einsteigen. Kein Gepäck, kein Tüddelkram!"
    Das Dingi, eben noch silbrig glänzend, wurde plötzlich grau. Ich richtete mich auf und warf durch das Backbordfenster einen Blick zurück. Die Sonne begann sich zu verfinstern. Sie sah aus wie ein verstaubter großer Lampion, der von einem wer weiß wann gefeierten Fest vergessen zurückgeblieben war. ,Tamara' warf ihren Schatten voraus. Den gezahnten Ausläufer konnte man auch auf dem Bildschirm sehen.
    Captess Kato bemerkte: „Dreck überall, Sir."
    „Ja", bestätigte ich, „Dreck überall. Und wir sitzen gleich mittendrin."
    Sie beugte sich vor und überprüfte VKS und Handruder. Ihre Hände waren gepflegt,

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