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Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon

Titel: Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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nicht wieder zurück bin, ist die Raumposition November India Romeo umgehend zu räumen."
    Ich warf die Gurte ab und rannte los.
    In der Schleusenvorkammer lag die Ausrüstung. Ich streifte den Anzug über, schnallte den Rucksack tun und setzte den Helm auf. Die Schleuse öffnete sich mit sanftem Zischen - und dann war ich draußen, ließ den Rucksack anspringen und nahm Kurs auf die Irrlichter. Warum tat ich das? Es gibt Entscheidungen, über die man nicht nachdenken kann.
    Im Helm begann es zu knistern. Wahrscheinlich wurde ich von der Henri Dunant gerufen, aber da ich es versäumt hatte, den Verstärker einzuschalten, schlugen die Stimmen nicht durch.
    Das Schiff war in guten Händen. Diese japanische Porzellanpuppe war kaltblütig. Irgendwann - mit noch etwas mehr Erfahrung - würde sie einen hervorragenden Commander abgeben. Falls sich die Flotte vergrößerte, sollte ich ihr wahrhaftig ein eigenes Kommando geben. Ich berichtigte mich. Ich hatte damit nichts mehr zu tun. Jim Collins war Erster Vormann. Ich würde mit ihm reden müssen - falls sich dazu noch einmal Gelegenheit bot.
    Ich sah mich um. Wenn man von den huschenden Schleiern absah, die die Plejaden verdunkelten und die Sonne in eine trübe Funzel verwandelten, herrschte Ruhe im Raum.
    Ruhe vor dem Sturm. Der Vergleich drängte sich auf.
    Ich erreichte die Mahatma Gandhi, bekam den Lukengriff zu fassen, legte die linke Handfläche auf die Kontaktplatte, und die Technik gehorchte. Ich betrat das Schiff, legte in der Schleusenkammer den Helm ab, der mich behinderte, und eilte auf die Brücke. Dann stand ich da und fand keine Worte. Zwei Freunde waren auf der Mahatma Gandhi zurückgeblieben: der tote Chief und sein Commander.
    Das fahle, kränkliche Licht, das durch die Scheiben fiel, der apokalyptische Atem des Untergangs, umschlang sie mit einem unsichtbaren Band.
    Auf den Flurplatten lag bleich und kalt, mit geschlossenen Augen, der Leichnam von Lieutenant Omar. Er lag da wie aufgebahrt, die Hände über der Brust gekreuzt. Lediglich die Kerzen fehlten. Neben ihm, mit durchgebluteten Verbänden und erloschenem Gesicht, kauerte Thai Giap. Ob er mich nicht sah oder nur nicht sehen wollte: ich weiß es nicht. Jedenfalls nahm er von mir keine Notiz. Sein Blick ging durch mich hindurch.
    Der Monitor Berta flackerte. Die Vorhuten waren aufeinandergestoßen. Über ein Blechdach huschte eine Regenböe und zog weiter.
    Ich löste mich aus meiner Erstarrung.
    „Giap!" sagte ich. „ Giap, wir steigen jetzt über! Keine Widerrede!"
    Giap seufzte, schüttelte kaum merklich den Kopf und sagte: „Verschwinden Sie, Brandis. Mit mir ist nichts mehr los. Und außerdem -" sein Blick richtete sich auf den toten Chief - „kann ich ihn nicht allein lassen. Er hat das nicht verdient. Er hat das weiß Gott nicht verdient. Er war mein Chief, solange ich denken kann."
    Ich begriff ihn. Unter den Sternen sind die Bindungen von Mensch zu Mensch oft sehr eng. Man fliegt miteinander, man lebt miteinander. Man überlebt gemeinsam. Und manchmal auch nicht. Dennoch mußte ich ihm das ausreden. Wie? Mir blieben noch drei Minuten.
    „Giap, so geht das nicht!"
    Nein, die Zeit zum Reden war vorbei.
    Ich rannte ins Hospital, riß den Schrank auf, zerrte eine der Transportfolien mit integriertem Sauerstoff heraus und hetzte damit zurück.
    Giap hatte sich nicht gerührt.
    Er war ein kleiner Mann, der nicht viel wog, und überdies durch den Blutverlust geschwächt. Ich zog ihn hoch, stellte ihn auf die Beine und wickelte ihn in die Folie. Er versteifte sich. Er setzte mir seinen letzten, erbitterten Widerstand entgegen.
    „Hören Sie auf Brandis!" keuchte er. „Ich erlaube das nicht! Ich ..."
    Ich vernestelte die Folie, so gut ich das in der Eile konnte.
    „Giap", sagte ich dabei, „bei uns heißt das: Laßt die Toten die Toten bewachen!" Oder hieß es: begraben? Es kam nicht darauf an. „Giap, Sie werden noch gebraucht. Die UGzRR kann nicht auf Sie verzichten."
    Er seufzte noch einmal, dann brach sein Widerstand zusammen, und er fiel mir schlaff in die Arme. Ich zog die Folie über seinem Gesicht zusammen, zerdrückte die Sauerstoffpatrone und wuchtete mir Commander Thai Giap über die Schulter.
    Im Schleusengang stülpte ich mir den Helm auf - doch erst als ich draußen war und den Rucksack startete, fiel es mir ein, daß ich erneut vergessen hatte, den Verstärker einzuschalten. Ich zog durch den leeren Raum zwischen den beiden Schiffen, unter mir, über mir, von allen Seiten

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