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Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor

Titel: Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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zierlich wie eine silberne Zypresse überragte das Schiff seine häßliche Umgebung. Die italienische Bauweise war unverkennbar, die Eleganz der Linienführung unnachahmlich.
    Buschs Augen hatten nicht getrogen - und Busch war ein alter Hase unter den Sternen. Die Beschreibung, die er uns geliefert hatte, war zutreffend.
    Brandis hielt sich nicht auf. Sein Schritt wurde schneller. Ich keuchte hinter ihm her.
    „Kommen Sie, kommen Sie, Martin!" sagte Brandis. „Es kann sein, daß wir heute noch unser blaues Wunder erleben."
    Ich war zu erschöpft, um ihn zu fragen, was er meinte. Obwohl ich gut und gern zehn Jahre jünger war als er, war ich seinem Tempo nicht gewachsen.
    In einer verwilderten Gärtnerei, die wir durchquerten, blieb ich zurück, um zu verschnaufen. Das fremde Schiff war außer Sicht geraten. Buschwerk, von keiner ordnenden Hand mehr gebändigt, hatte sich breitgemacht. Darüber kreiste ein Schwarm rabenähnlicher Vögel.
    Ich war stehengeblieben und rang nach Luft, und bei der Gelegenheit hörte ich es zum ersten Mal.
    Das Geräusch ließ sich definieren: Es war ein Rascheln. Es war ein lautes Rascheln ganz in meiner Nähe. Dem Rascheln folgte ein Knacken. Ein Ast brach. In das Buschwerk kam Bewegung. Einmal, auf einer Safari in Ostafrika, hatte ich Ähnliches erlebt. Damals war es ein angeschweißter Büffel gewesen, der mich, als er plötzlich aus dem Gebüsch gebrochen kam, fast auf die Hörner genommen hatte. Lediglich die sichere Hand meines Begleiters hatte mich davor bewahrt. Was mochte es diesmal sein? Ich ließ es nicht darauf ankommen.
    Brandis sah sich nach mir um, und ich rannte los. Er wartete, bis ich ihn eingeholt hatte.
    „Nicht zurückbleiben, Martin!" tadelte er. „Wenn Sie mal eine Pause einlegen müssen, sagen Sie Bescheid, aber möglichst erst, sobald wir auf freiem Gelände sind."
    Ich blickte zurück. Zwischen den Büschen herrschte wieder Ruhe. Auch das Rascheln ließ sich nicht mehr vernehmen. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn.
    „Mark", sagte ich, „irgendwas war da los!"
    Brandis nickte und ging weiter.
    „Ja", antwortete er, „wir werden verfolgt. Ich weiß es schon seit einer Weile. Wir müssen aus diesem verdammten Buschzeug heraus."
    Ich wies meine leeren Hände vor.
    „Wir hätten uns bewaffnen sollen!"
    Brandis hob die Schultern.
    „Womit, Martin? Mit Pfeil und Bogen?"
    Er hatte recht . Ich ließ das Thema fallen.
    Wir bogen um eine Hecke und hatten das Schiff direkt vor uns. Es stand zwischen einer Kiesgrube und einem Wäldchen und war durchaus nicht mehr so groß, wie es auf die Entfernung hin geschienen hatte. Nun, da ich es aus der Nähe betrachtete, sah ich, daß es vom Faktor bereits angenagt war. Wahrscheinlich stand es schon seit etlichen Jahren an diesem Ort. Die stattgefundene Reduktion betrug schätzungsweise vierzig Prozent. Dies freilich sah ich erst im Anschluß auf den ersten Blick, und dieser fiel auf den Schiffsnamen.
    Die Lettern waren oxydiert, aber immer noch lesbar, und sie waren mir in der Reihenfolge, wie sie da auf dem silbernen Rumpf standen, seit ein paar Tagen geläufig. Brandis war stehengeblieben.
    „Martin", sagte er, „Sie haben die jüngeren Augen. Was entziffern Sie?"
    Ich buchstabierte es ihm vor: A-V-A-N-T-I. „Avanti."
    Wir standen vor dem Schiff des verschollenen Weltraumforschers Enrico Vargo. Vor sechzehn Jahren war er damit zu einem praktischen Experiment aufgebrochen. Das Rätselraten um seinen Verbleib hatte plötzlich ein Ende. Aus dem Loch, in das er sich - freiwillig wahrscheinlich, um seine Theorie zu beweisen - begeben hatte, war er nicht wieder in den freien Raum zurückgekehrt. Enrico Vargo war das Opfer des nach ihm benannten Faktors.
    Brandis faßte sich und stieß mich an.
    „Kommen Sie, Martini. Sehen wir uns an Bord um! Vielleicht stoßen wir auf etwas, was uns weiterhilft."
    Die letzten hundert Meter legten wir im Laufschritt zurück.
    Ich bin mir der Ungenauigkeit aller Entfernungsangaben bewußt. Sie sind relativ. Als Bezugspunkt dient mir mein damaliger proportionaler Zustand: der Faktor.
    Die Schleuse der Avanti stand offen. Anders als bei uns schien man auf die sich nach einer Landung ergebenden Schwierigkeiten vorbereitet gewesen zu sein. Die Strickleiter, die bis auf den Boden herabreichte, machte nicht den Eindruck, als sei sie eilig und unter erschwerten Bedingungen hergestellt worden. Der Venezianer hatte offenbar genau gewußt, was ihn erwartete. In seiner Brust mußte das Herz

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