Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor

Titel: Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
zugetragen hatte, fehlte es an Vergleichen. Ein Super-Seveso. Eine Zivilisation, die sich selber auslöscht.
    Brandis legte mir eine Hand auf die Schulter.
    „Prägen Sie sich das ein, Martin!" sagte er. „ Und machen Sie, wenn wir wieder daheim sind, gefälligst den Mund auf! Auch bei uns macht sich der alte Schlendrian wieder breit, als ob es die Warnungen der zwanziger und dreißiger Jahre nicht gegeben hätte!"
    Captess Kato holte uns ein.
    „Nicht nur bei Ihnen in der EAAU!", warf sie ein." Die VOR bilden keine Ausnahme. Man sündigt, wo man kann."
    So war es in der Tat. Die schönen Zeiten, in denen es in der EAAU klare Wasser und saubere Luft gegeben hatten, waren nach dem Bürgerkrieg nicht wiedergekehrt. Von Jahr zu Jahr wurden die Zustände schlimmer. Sollte mir die Aufgabe zugefallen sein, den Verantwortlichen die Augen zu öffnen? Ich schluckte.
    Wir verließen das Haus durch den Vordereingang und traten hinaus auf die Straße.
    Das einzige, was sich bewegte, war der giftgelbe Staub im Wind.
    Die Stadt hätte jeden x-beliebigen irdischen Namen tragen können: Los Angeles, Johannesburg, Frankfurt. Gewiß gab es Unterschiede. Die Architektur war noch phantasieloser, die ganze städtebauliche Anlage noch unmenschlicher. Alles, was zur Verschönerung einer menschlichen Siedlung beiträgt, fehlte. Es war eine Stadt für Maschinen; die Menschen hatten hinter diesen zurückstehen müssen. Und dann war ihnen nicht einmal die Zeit geblieben, um zu fliehen. Ihre Automobile standen noch so, wie sie sie abgestellt hatten: am Straßenrand eine endlose Kette aus verwittertem Blech.
    Nicht alle Automobile waren leer. Manche Leute waren offenbar nicht mehr dazu gekommen auszusteigen.
    Mitten auf der Kreuzung stand der Kastenwagen eines Technischen Einsatzkorps. Lieutenant Xuma öffnete den Schlag und drückte ihn sofort wieder zu. Wir hatten genug gesehen: Knochenfinger, die einen Geigerzähler umklammerten.
    „Jetzt wissen wir", bemerkte Levy, „was ihnen den Rest gegeben hat: die Reaktoren."
    Das Besondere an diesem Kastenwagen war sein Aufsatz: ein leichtes Maschinengewehr.
    Ich verspürte plötzlich ein ungutes Gefühl.
    Wer oder was war der Feind gewesen? Hatte es Aufstände gegeben, Revolten, Ausschreitungen und Plünderungen? Oder war die Gefahr von außen gekommen? Wir hatten es zu tun mit einer Frage, auf die es vorerst keine Antwort gab. Vielleicht wußte Commander Busch, der sich draußen vor den Toren umsah, mehr. Das graue Licht nahm die Farbe von kalter Asche an. Die Nacht brach an. Es dunkelte rasch. Ich wandte mich um. Bis vor kurzem noch war, alles beherrschend, der gedrungene Rumpf der Henri Dunant zu sehen gewesen: ein Eiffelturm vor einer Puppenstube. Jetzt sah ich nur noch kalte Asche.
    Brandis ordnete den Rückzug an.
    „Morgen", sagte er, „ist auch ein Tag. Es gibt keine Notwendigkeit, etwas zu riskieren."
    Als ich mich einmal umsah, bemerkte ich, daß Pierre Tannard, der Paracelsus-Chief an einer neuen Brille nestelte. Als er mein Erstaunen wahrnahm, grinste er schief
    „Man muß sich zu helfen wissen", sagte er. „Die paßt. C'est la guerre."
    Der Himmel allein wußte, wem diese Brille einmal gehört hatte. Und der gleiche Himmel hatte sie dem kurzsichtigen Glatzkopf zum Geschenk gemacht. Tannard hatte recht . Wenn man am Leben bleiben wollte, durfte man nicht allzu zimperlich sein.
    Als wir beim Schiff wieder eintrafen, sah man die Hand vor Augen nicht. Busch und seine Männer waren bereits zurück: gleich uns mit leeren Händen. Immerhin wußten sie zu berichten, daß wir offenbar nicht die einzigen Schiffbrüchigen auf diesem Himmelskörper waren. Unmittelbar bevor es dunkel wurde, hatten sie die Umrisse eines anderen Schiffes gesehen.
    „EAAU-Bauweise", sagte Busch, „sechziger Jahre, könnte auf einer italienischen Werft entstanden sein. Wir haben noch gerufen, bekamen aber keine Antwort."
    Schwester Clarissa rief zum Essen.
    Dr. Hudson und seine Leute waren nicht untätig gewesen. Sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, uns mit einer warmen Mahlzeit zu empfangen. Die damit verbundenen technischen Probleme hatten sie gelöst, indem sie am Fuß der Steigleiter ein Feuer entfacht hatten. Als Geschirr diente ein buntes Sammelsurium von Gegenständen, die sie sowohl aus der Werkstatt des Maschinenraumes als auch aus den Beständen des Hospitals zusammengetragen hatten.
    Ein paar Stunden lang hatte ich unseren Faktor völlig vergessen. Nun fiel ich in den irrwitzigen Alptraum zurück.

Weitere Kostenlose Bücher