Weltraumpartisanen 24: Astronautensonne
verwandelte sich wieder in ein phosphoreszierendes Glimmen am Firmament. Und auch dieses wurde alsbald überstrahlt von den schillernden Lichtspielen der Saturnringe. Zu jeder anderen Zeit hätte ich das grandiose Naturschauspiel auf mich wirken lassen; diesmal fehlte mir dafür der Sinn. Falls das Blatt sich nicht endlich wendete, würde nur allzu bald der Vorhang vor dieses Schauspiel fallen. Ein parzellierter Saturn benötigte keine Ringe. Die Partie stand schlecht.
Noch freilich gab ich sie nicht verloren. Jedoch um sie zu gewinnen, benötigte ich ausgeruhte Nerven und einen kühlen Kopf. Die Henri Dunant war aus dem Sperrgebiet heraus und hielt Kurs auf das Sternbild des Adlers. Vorerst wurde ich nicht benötigt. Ich warf die Gurte ab und stand auf.
„Wir werden’s mal von der anderen Seite versuchen, Captess. Lassen Sie sich den Kurs geben für Uniform Romeo Uniform. Vielleicht finden wir dort ein Loch, durch das wir schlüpfen können.“
„Aye, aye, Sir.“
„Und sagen Sie Bescheid, sobald wir dort sind.“
„Aye, aye, Sir.“
Captess Kato deutete eine ihrer anmutigen Verneigungen an. Ich überließ sie sich selbst.
Auf dem Weg zu meiner Kammer stieß ich mit Lieutenant Levy zusammen, der vom WC kam. Er quetschte sich an die Wand, um mir den Weg freizugeben.
„Angenehme Ruhe, Sir.“
Ich blieb stehen. Daß wir zuletzt miteinander gesprochen hatten, lag weit zurück. Es war vor dem Sechsunddreißigstundenritt gewesen. „Noch auf?“
„Zwangsläufig, Sir.“
„Macht sie wieder Kummer?“
„Im Gegenteil, Sir.“
Im Funkraum wurde Lieutenant Levy auf dieser Reise nicht benötigt. Die Henri Dunant hatte sich in ein stummes Schiff verwandelt: mit abgeschaltetem Sender. Dafür war Lieutenant Levy eine andere verantwortungsvolle Aufgabe zugefallen: Jennifer Jordan. Als sie an Bord kam, war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst gewesen: mit dem intellektuellen Bewußtsein einer Idiotin. Ich hatte sie ins Hospital gesteckt und Lieutenant Levy, dem auch die Bordapotheke unterstand, zu ihrem Pfleger ernannt. Nach einer dreitägigen Krise hatte Jennifer Jordan sich zu erholen begonnen und mich, als ich einmal nach ihrem Befinden sah, erkannt. Was immer man ihr eingepumpt hatte - es verlor seine Macht über sie.
„Ausgezeichnet“, sagte ich. „Ich werde ein paar Worte mit ihr reden.“
Dabei wandte ich mich dem Hospital zu. Lieutenant Levy rief mich zurück.
„Sir, dort werden Sie sie nicht vorfinden.“ Ich fuhr herum.
„Wo, zum Teufel, steckt sie?“
Lieutenant Levys Daumen zielte aufwärts. „Im Kartenhaus, Sir.“
Ich explodierte. „Und das haben Sie zugelassen?“
„Sir“, erwiderte Lieutenant Levy ruhig, „ich wurde gar nicht erst gefragt. Seitdem sie wieder auf den Beinen ist, setzt sie ihren Kopf durch. Ich kann schon verstehen, daß gewisse Leute vor ihr Manschetten haben. Eine verdammt anstrengende Person, Sir.“
Ich lenkte ein. Im Grunde war es meine Schuld, daß ich über die Fortschritte im Hospital nicht auf dem laufenden war.
„Schon gut. Ich bringe das in Ordnung, Lieutenant.“
„Danke, Sir.“
Lieutenant Levy wirkte mächtig erleichtert.
Der Schlaf mußte warten. Es gab noch einiges zu tun. Ich kehrte in die Messe ein, verdrückte einen Riegel Schokolade, kippte zwei Becher Kaffee und enterte hoch in das Navigationscenter. Ich trat polternd ein und blieb entgeistert stehen.
Wie sie als gesunde Frau aussehen mochte: darüber hatte ich mir nie den Kopf zerbrochen. Als ich ihr zum ersten Mal begegnete, an Bord der Starpeace, war sie in übler Verfassung gewesen, dem Tode näher als dem Leben. Sie hatte die Krankenhauskleidung eingetauscht gegen einen unserer gelbroten Overalls. Sie war im Waschraum gewesen und hatte das lange Haar zu einem rabenschwarzen Knoten gebändigt. Auch ohne Feder darin sah sie aus wie eine Indianerin im Film: wild, kühn und schön. Die Augen allerdings, mit denen sie mir entgegensah, waren weder die einer Wilden noch die einer posierenden Filmschönheit. Die Augen, die sich auf mich richteten, zeugten von Autorität und einem starken Willen.
„Ich glaube, Commander“, sagte sie, „ich habe Ihnen noch gar nicht gedankt.“ Ich ging darauf nicht ein.
„Lieutenant Levy ließ mich wissen…“
Sie fiel mir ins Wort.
„Ich hoffe, Sie haben ihm keine Vorwürfe gemacht. Ich bin wohlauf. Sie sehen es selbst. Und eben in diesem Augenblick ersuchte ich Lieutenant Stroganow darum, Sie zu verständigen. Es ist ein voller
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