Weltraumpartisanen 28: Metropolis-Konvoi
Zusammenstoß war unvermeidlich.
Ich glaubte es krachen zu hören.
Wahrscheinlich sah es schlimmer aus, als es war. Die beiden Schiffe lösten sich wieder voneinander. Bis auf ein paar Beulen schienen sie unbeschädigt zu sein. Aber für die Atalanta, die um ein Haar auf ihren griechischen Vorläufer aufgebrummt wäre, war das ein Signal, die Beine auf eigene Rechnung in die Hand zu nehmen. Sie löste sich aus dem Verband und drehte ab. Aus der Düse quoll blauer Qualm, gefolgt von einer gelbroten Flamme. Auf der Atalanta war das Triebwerk gezündet worden.
Vielleicht hoffte sie, das hungrige Rudel würde sie der fetteren Beute wegen verschmähen. Es mochte auch sein, daß ihr Schiffer ganz einfach den Kopf verloren hatte. Auf jeden Fall stürmte die Atalanta in die entgegengesetzte Richtung davon.
Sie rannte den geifernden Wölfen direkt vor den Rachen.
»Holen Sie das Rindvieh zurück, Captain!«
»Aye, aye, Sir.«
Gerade noch rechtzeitig, bevor die Henri Dunant in voller Fahrt herumschwang, warf ich mich in den Sessel. Die Gurte rasteten ein und preßten mich gegen das Polster. Ich sah noch, wie der Konvoi eintauchte in den Glast der Sonne und außer Sicht geriet.
Der ganze Konvoi?
Ein Schiff mit dem Johanniterkreuz stieß gleichsam aus dem Nichts auf die Atalanta nieder. Ich erkannte die Fridtjof Nansen.
Lieutenant Levy saß hinter der Lichtorgel. Seine Handschrift – ein hämmerndes Stakkato – war unverkennbar.
Die Aufforderung war knapp und bündig.
»Folgen Sie! … Folgen Sie … Folgen Sie«
Captain Mboya warf mir einen fragenden Blick zu. Ich nickte. Die Fridtjof Nansen war Herr der Lage. Der Ausreißer schaltete das Triebwerk ab, schwenkte herum.
Die Henri Dunant drehte ab.
Und in eben dieser Sekunde waren die Wölfe zur Stelle. Aus der samtenen Schwärze lösten sich urplötzlich ihre funkelnden Leiber.
Es gab keinen Grund mehr, Funkstille zu wahren. Ich drückte die UKW-Taste.
» Fridtjof Nansen – Achtung!«
Der Rettungskreuzer stellte sich taub. Er fuhr fort, den Frachter auf den rettenden Kurs zu bugsieren. Auf seiner Außenhaut zeigten sich braune Sprenkel. Die Wölfe versuchten, ihn daran zu hindern. Ihre Energiekammern entluden sich.
Noch zeigte ihr Feuer wenig Wirkung, aber sobald sie die Entfernung verringerten, mußte es um die Fridtjof Nansen geschehen sein.
Ich drückte noch einmal die Taste.
» Fridtjof Nansen – Henri Dunant! Hauen Sie ab!«
Und diesmal gehorchte sie. Die Atalanta war nicht mehr zu retten. Aber sie rettete uns, als wir hinter unserem Konvoi herflüchteten, der Sonne entgegen. Die ausgehungerten Wölfe ließen uns ziehen. In ihrer Gier machten sie sich über den Frachter her und schlangen sich erst einmal satt.
11.
Aus »Metropolis 2089«, 21.12.
Das Visiofon summte. In ihrem Büro tauchte Ruth O’Hara schlaftrunken auf aus mildtätigem Vergessen. Es war eben nach fünf Uhr früh. Fast drei Stunden lang war sie der schrecklichen Wirklichkeit entrückt gewesen.
Harris selbst war am Apparat.
»Tut mir leid, Ruth. Aber Sie werden gebraucht.«
Harris’ Gesicht sah hager und eingefallen aus. So wenig er seine Leute schonte, so wenig schonte er sich. Am Abend war er selbst hinausgefahren zur Werft, wo man noch immer an der Explorator bastelte, dem alten Expeditionskreuzer.
Die anderen Mutter-und-Kind-Schiffe waren längst nach Las Lunas unterwegs. Die schrottreife Explorator war, sofern sie sich noch einmal in Dienst stellen ließ, eine zusätzliche Kapazität. Der alte Kasten blickte zurück auf eine ruhmvolle Vergangenheit. Vor sechs Jahren war er unter der Führung von Commander Brandis vorgestoßen bis in die Triton-Passage, wo ein Passagierschiff der VOR festsaß, die Han Wu Ti. Nun sollte er noch einmal für eine humanitäre Mission herhalten.
Ruth merkte, daß sie wieder einzuschlafen begann. Sie riß sich zusammen.
»Eine neue Liste, Sir?«
»Zweihundertvierundachtzig Plätze, Ruth. Wir haben aus der Explorator alles Überflüssige herausgerissen.«
»Und wann, Sir?«
»Jetzt gleich, Ruth. Wir rechnen damit, daß wir den Vogel gegen Mittag so weit haben werden, daß er abheben kann.«
Ruth zögerte.
»Weiß Pietro Anastasia Bescheid?«
»Ich gebe der Explorator einen zusätzlichen Schuldschein mit. Das sollte genügen.«
Harris ging es darum, so viele Mütter wie möglich mit ihren Kindern aus Metropolis herauszuschaffen. Und dafür zahlte er praktisch jeden Preis. Der Baby-Konvoi war ein Paradebeispiel der Evakuierungskunst. Um
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