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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Vorwurf galt nicht mir persönlich. Er galt allen, die an diesem Leid nicht teilhatten.
    »Ruth«, antwortete ich sanft, »erwarte keine Wunder von mir. Ich bin nicht allwissend. Vor einer Viertelstunde erst habe ich Land berührt. Unterwegs herrschte Funkstille.«
    Der Aufzug hielt. Wir traten hinaus in die kalte Lichtlosigkeit eines atlantischen Nachmittags im März. In anderen Jahren um diese Zeit hatte der Duft des subtropischen Frühlings selbst über diesem windgepeitschten Beton des Parkdecks gelegen.
    Statt des Frühlings schmeckte ich Bitterkeit. Es gab keinen Frühling mehr. Die Jahreszeiten waren außer Kraft gesetzt. Es gab nur noch das trostlose Einerlei von Dunkelheit und wenig Licht. Mich fröstelte.
    Ruth war stehengeblieben.
    »Sir Oleg hat uns ein Ultimatum gestellt, Mark.«
    Ich starrte Ruth an. Sie machte eine fahrige Bewegung aufwärts.
    »Alle Macht der Venus, Mark. Hastings soll zugeben, daß er gescheitert ist, und einpacken. Die Erde wird in Zukunft von der Venus aus regiert. Sir Oleg besorgt das unter seinem neuen Titel Asterator. Den Imperator hat er gleich übersprungen.«
    Eine Weile wußte ich einfach nicht, was ich sagen sollte.
    Ich dachte an meine beiden Begegnungen mit dem eleganten und alerten Gouverneur der Venus mit der teuren Duftnote. Unter seiner Eitelkeit hatte ich Ehrgeiz geahnt, doch keine gewalttätige Großmannssucht. Oder? Stets hatte er mich an etwas erinnert, das sich nicht greifen ließ.
    Auch jetzt war es wieder da: eine Bewegung im Nebel – zu fern, zu vage, zu ungewiß, um etwas damit anfangen zu können.
    Ich brach das entsetzte Schweigen.
    »Ja, um Himmels willen, Ruth – worauf stützt er diesen Anspruch? Was außer seinen paar Raumgeschwadern hat er denn in der Hand, um sich plötzlich so stark zu fühlen?«
    Ruth hob müde die Schultern.
    »Auf jeden Fall garantiert er, daß unter ihm jeder satt werden wird.« Sie reichte mir das schlafende Bündel. »Wenn du willst, daß ich dich nach Hause kutschiere …«
    Ruth setzte sich hinter das Steuer der Libelle. Ich stieg von der anderen Seite ein. Mark junior schlang einen Arm um meinen Hals und grunzte wohlig.
    Die Libelle schwang sich in die Luft.
    Auf dem Antoine-lbaka-Platz hatte sich eine vielköpfige Menschenmenge versammelt. Ruth überflog sie mit geringem Abstand. Ich erkannte geballte Fäuste. Ein paar Steine stiegen hoch, ohne uns zu erreichen. Die Menschen schleppten Transparente mit sich und wälzten sich wie ein Termitenzug in Richtung auf das Regierungsviertel.
    »Sir-Oleg-Anhänger!« erklärte Ruth. »Sie wollen, daß er die Herrschaft übernimmt.«
    »Und Präsident Hastings?«
    Ruth seufzte.
    »Ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Wenn er der Mann ist, für den ich ihn halte, wird er kämpfen.«
    Ich blieb stumm. Was ließ sich darauf erwidern?
    Wir waren daheim. Die Libelle setzte auf, und wir stiegen aus. Das Bündel, das ich die ganze Zeit über im Arm gehalten hatte, dachte nicht daran, wach zu werden. Es fühlte sich wohl. Dort, wo ich es gegen die Brust gepresst hielt, war mir warm. Als ich nachfühlte, bekam ich eine feuchte Hand. Ich erstarrte.
    »Ruth!«
    Ruth warf einen flüchtigen Blick auf die Bescherung.
    »Stell dich nicht so an, Mark!« sagte sie. »Du warst auch nicht anders. Und der Overall kommt sowieso in die Wäsche.«
    Die Wände der Wohnung strahlten Kälte aus. Ruth machte Licht, nahm mir den Jungen ab und entschwand mit ihm ins Schlafzimmer. Ich spürte ihre unausgesprochene Verzweiflung.
    Mit all den Menschen in dieser Stadt hatte sie einen erbitterten Kampf gegen den Hunger und die Verzweiflung geführt – wofür? Der Erde drohte die politische Degradierung. Eine neue Weltordnung bahnte sich an, die Vorherrschaft der Venus.
    Ich sah auf die Uhr. Die Nachrichtensendung der Stella-TV hatte schon begonnen. Auf der gläsernen Wand erschienen die Bilder des Tages. Ich stellte mich davor und knöpfte dabei den durchnäßten Overall auf.
    Das Fernsehen zeigte die verschwommenen Umrisse eines Taurus -Zerstörers über der Stadt.
    »… da die Nachrichtenverbindung zwischen Venus und Erde nach wie vor unterbrochen ist, wurde das Ultimatum durch ein venerisches Parlamentärschiff direkt über den wichtigsten Zentren der Erde, darunter auch Metropolis, ausgestrahlt.«
    Ich hörte plötzlich auf, am Reißverschluß zu zerren, und lauschte der Stimme des fremden Offiziers, der mit kühler, leicht näselnder Stimme das Ultimatum vortrug.
    »Punkt eins. Die Bewohner des Planeten

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