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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Linie, auf der sich P-kop sowohl um die Venus als auch mit dieser gemeinsam um die Sonne bewegte, bildete eine rotierende Ellipse. An zwei, drei Stellen pro Umlauf näherte sie sich dem vermessenen Raumgebiet, ohne dies je zu berühren. An der Gesetzmäßigkeit dieser unendlichen Reise durch das Sonnensystems war nicht zu rütteln.
    Der Kurswechsel in Richtung auf die Plattform P-kop war das Ergebnis einer an Bord gefällten einstimmigen Entscheidung.
    Die Partie war vielleicht noch nicht verloren.
    Sir Olegs Spürhunde würden, sofern sie nur, wie ich hoffte, über eine Einstrichpeilung verfügten, etliche Zeit benötigen, um die Plattform aufzustöbern. Mit etwas Glück sollte es möglich sein, ihnen zuvorzukommen. Professor Smirnoff mußte in Sicherheit gebracht werden, bevor sich die willfährigen Untertanen des selbsternannten Asterators seiner bemächtigen.
    Und wenn wir zu spät kamen? Ich wagte nicht, daran zu denken.
    Was in diesen Tagen im planetarischen Verbund der EAAU über die Bühne ging, war der unverfrorenste Staatsstreich aller Zeiten – und der zynischste. Der Gouverneur der Venus hatte sich mit der Großen Katastrophe gegen das Recht verbündet. Einmal im Besitz der Gregorius-Formel, würde es für ihn keinen Anlaß mehr geben, seiner Machtausübung juristische oder moralische Schranken zu setzen. Das nackte Leben von 17,4 Milliarden Menschen auf der Erde hing von seinem Wohlwollen ab. Mit Hilfe des Gregorius-Weizens konnte er für sie gewissermaßen Manna vom Himmel regnen lassen – oder aber durch Verweigerung des Saatguts auf sie mehr denn je die apokalyptischen Reiter des Hungers loslassen.
    Doch damit nicht genug.
    Allmählich begann ich zu ahnen, in welchen Kategorien der elegante Gouverneur der Venus dachte.
    Ein Instrument, das ihm die Gregorius-Formel in den Schoß warf, mochte auch noch anderen, weitreichenderen Zielen dienen. Wenn er die Praeteroskopie konsequent für seine Zwecke ausbeutete, würde er alsbald allwissend genug sein, um seinen bösen Schatten auch auf die Vereinigten Orientalischen Republiken zu werfen.
    Der alte, liebenswerte Narr auf P-kop würde nur noch zu gehorchen haben, ein willenloser Sklave.
    Ich hatte mich täuschen lassen. Von Anfang an hatte die Henri Dunant im Netz der gigantischen Intrige ihren festen Platz gehabt.
    Nun war sie in dieser Angelegenheit ein letztes Mal unterwegs: in einem verzweifelten Rennen gegen die Zeit. Gott helfe uns! Mit diesem Gedanken ließ ich mich in die Koje fallen.
    Das Knacken des Lautsprechers riß mich unbarmherzig aus dem bleiernen Schlaf der Erschöpfung. Captain Mboya sprach: »Brücke, Sir. Es ist gleich zwei Uhr siebenundvierzig.«
    Ich kämpfte mich zurück aus Traum und Entspannung in die Wirklichkeit.
    »Frage: Kontakt?«
    Captain Mboyas Auskunft verhieß nichts Gutes.
    »Bis jetzt nicht, Sir. Leider.«
    »Ich komme.«
    Ich fuhr in die Kleider, stülpte mir die Mütze auf und eilte in das RC. Dort saß Lieutenant O’Brien mit aufgekrempelten Ärmeln und müden Augen vor leeren Monitoren. Ich blieb neben ihm stehen. Er blickte auf.
    »Nichts, Sir.«
    »Kein Echo?«
    »Nein, Sir.«
    Ich wechselte hinüber in das Kartenhaus. Bereitwillig überprüfte Lieutenant Stroganow die Rendezvous-Berechnung. Es gab nichts zu berichtigen. Ich hatte es auch nicht erwartet. Der grauköpfige Sibiriak mit den breiten Schultern war ein unfehlbarer Navigator.
    Ich sah auf die Uhr.
    03.15 Uhr.
    Praktisch waren wir am Ziel – und an der Tatsache, daß sich die Plattform P-kop nicht dort befand, wo sie sich in diesem Augenblick nach allen Gesetzen der Himmelsmechanik zu befinden hatte, war nicht länger zu rütteln.
    Als ich mich vor dem Computer aufrichtete, war ich mit meinem Latein am Ende.
    »Sir!«
    Lieutenant O’Brien stand auf der Schwelle.
    »Was gibt’s, Lieutenant?«
    »Keine Plattform, Sir. Aber es könnte sein, daß da im Raum etwas treibt. Ich habe da plötzlich ein unerklärliches Echo.«
    Die Plattform konnte es nicht sein. Dazu war das Echo zu unruhig. Mal war es da, mal nicht. Ich ließ mir den Kurs geben und stieg damit hinab auf die Brücke.
    Vor dem Fenster schillerte die Venus.
    Die Henri Dunant schwenkte herum. Vor ihrem Bug lag plötzlich wieder der leere Raum mit seiner unfaßbaren Unendlichkeit, lagen all die Millionen und Abermillionen Lichtjahre, diese funkelnde Wüste, hinter der doch immer wieder nur eine neue Unendlichkeit beginnt.
    Die Erde zeigte sich nicht, als ich zurückblickte, aber die Venus stand

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