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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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aber dann bitte doch Wiener Walzer oder Wagner!«
    Der Mißerfolg fraß an ihm. Es war ihm nicht gegeben, die Sache von der heiteren Seite zu nehmen. Die Lebenskunst eines Diogenes im Faß war ihm fremd. Logik ging ihm über alles. Fünf gerade sein lassen? Unmöglich.
    »Es war eine Panne«, klagte er. »Und es wird noch mehr Pannen geben, fürchte ich, wenn es mir nicht gelingt, mich auf die Feinheiten des Abrufs zu konzentrieren. Wissen Sie, wieso ich auf diesen singenden Barpianisten kam?«
    Ich sah ihn fragend an.
    »Gregorius ist schuld!« verkündete Smirnoff Spinni. »Ungeachtet seines Alters hatte er eine melodische Stimme, und seine Sprechweise war angenehm rhythmisch.« Sein Blick bat um Nachsicht. »Als Merkmal für den Abruf ist das, wie Sie selbst bemerkt haben, höchst mager. Fast, möchte ich sagen, verlangen Sie Unmögliches von mir.«
    Man sah ihm die Erschöpfung an. Seine Hände zitterten.
    Inzwischen war auch mir das Lachen vergangen. Mir war eingefallen, weshalb ich auf P-kop war.
    Die Zeit rannte.
    Ich trat vor das Bullauge. Von Rechts wegen hätte man unter der herrschenden kosmischen Konstellation zu dieser Stunde die Erde sehen können müssen, aber der heimatliche bläuliche Glanz wollte sich nicht zeigen.
    Mein Blick richtete sich auf die Henri Dunant , die mit einer Kabellänge Abstand in einer schwachen astralen Dünung dümpelte. Das Johanniterkreuz war mehr als nur ein Emblem. Es war eine Verpflichtung. Der Einsatz galt dem havarierten Raumschiff Erde.
    »Wieviel Zeit benötigen Sie, Professor?«
    Smirnoff wiegte den Kopf. Er wollte sich nicht festlegen. Ich konnte das verstehen.
    »Es kann Tage dauern, Brandis, vielleicht sogar Wochen. Ich werde mein Bestes tun – aber das heißt nicht, daß ich Ihnen den Erfolg garantiere. Verbleiben wir so, daß ich Sie zur gegebenen Zeit benachrichtige. Dann können wir einen Mitschnitt machen.«
    Bisher hatte ich ihm nicht erzählt, wie begehrt seine Adresse plötzlich war. Sollte ich es tun? Er brauchte Ruhe und Konzentration. Jegliche Form von Aufregung konnte nur schaden. Einstweilen bestand für ihn keine Gefahr. Die Wölfe pirschten entlang der Schifffahrtsstraßen und in der Nachbarschaft der besiedelten Planeten, und den VOR-Späher – es mußte ein VOR-Späher gewesen sein! – hatte ich abgeschüttelt.
    »Ich wahre Funkstille, Professor«, erwiderte ich. »Gleiches sollten auch Sie tun. Heben Sie die Formel für mich auf, bis ich Sie abhole.«

10.
    Unter den Sternen konnte es geschehen – vor allem, wenn die Wachsamkeit unter dem Einfluß der unwandelbaren Monotonie nachließ –, daß man die grausame Wirklichkeit vergaß. Unter den Sternen war alles beim alten, und nichts würde sich dort ändern, selbst wenn auf der Erde alles Leben erlosch. Auf den astralen Schiffahrtsstraßen würde es weniger Verkehr geben; das war alles.
    In Metropolis war kein Vergessen möglich. Auch diesmal wieder war für mich die Landung gleichbedeutend gewesen mit dem Wiedereinsetzen eines Albtraumes.
    Es war ein Schock.
    Als ich von Bord ging, kämpfte ich um Haltung.
    Es lag nicht nur an diesem Dämmerlicht, das grau und verdrossen an allen Dingen klebte. Auch auf dem Uranus wurde es nie richtig hell, und doch ließ es sich dort leben. Es lag an allem. Es lag vor allem an dem unverhüllten, durch nichts mehr kaschierten Siechtum, das sich unter dem trüben Milchglas des Himmels ausbreitete. Die Erde war krank und machte aus diesem Umstand kein Geheimnis. Sie sah krank aus, sie fühlte sich krank an, sie roch nach kaltem Fieberschweiß.
    Und die Menschen, von denen ich in Metropolis in Empfang genommen wurde, waren von der gleichen schleichenden Pestilenz befallen. Aus bleichen, eingefallenen Gesichtern, aus dunklen entzündeten Höhlen blickten Augen ohne Hoffnung.
    Inzwischen wußte wohl jeder auf dem Gelände der VEGA, daß das der letzte Transport vom Uranus gewesen war. Das dortige SOS-Silo war leergeräumt.
    Aber die Gedanken der Menschen standen nicht still. Sie gingen über den Tag hinaus.
    Mit allem zusammen, was die Metropolis-Konvois herangeschafft hatten, bei sorgfältigster Rationierung, sollte es der heimgesuchten Stadt vielleicht gerade möglich sein, das nächste Vierteljahr zu überdauern. Und dann würde man wieder dort stehen, wo man schon einmal gestanden hatte. Nur daß diesmal kein Konvoi mehr kommen würde. Das war vorbei. Selbst der Himmel war leergeplündert.
    Ein Vertreter der VEGA in der Begleitung eines Regierungsbeamten nahm

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