Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
Rezeptionsetage und winkte ein Jit herbei. Auf ein Frühstück mußte sie heute verzichten, aber sie konnte ja später mit Dak zu Mittag essen.
Mit fünf Minuten Verspätung kam sie an der vereinbarten Stelle an. Innerlich fluchend über ihre eigene Bummelei und das komplizierte Verkehrssystem auf Vesa. Yvette haßte Verspätungen. Es erweckte in ihr das Gefühl, irgendwie unfähig zu sein. Sie stürzte aus dem Jit, betrat das überfüllte Kasino und begann sofort mit der Suche nach Dak.
Sie konnte ihn nicht sofort entdecken und betete darum, daß auch er zu spät käme, um ihre Unpünktlichkeit nicht zu merken. Sogar um diese Zeit war das Kasino schon ziemlich voll. Da sich das Leben auf Vesa unterirdisch abspielte, war man hier nicht vom willkürlichen Tag-und-Nacht-Rhythmus abhängig und konnte hier rund um die Uhr aktiv bleiben. Vielleicht war Dak schon gekommen, hatte gesehen, daß sie nicht da war und hatte sich bis zu ihrem Auftauchen unter die Leute gemischt.
Yvette wartete. Die eine Minute wurde zu fünf Minuten, dann zu zehn. Noch immer keine Spur von Dak. Ungeduld begann an ihren Nerven zu zerren und nahm abwechselnd die Form von Zorn und Besorgnis an.
Wie kann er es nur wagen, mich warten zu lassen? Er war es ja gewesen, der sich hatte unbedingt treffen wollen. Und wenn ihm etwas passiert ist? Wenn er in seiner Badewanne ausgerutscht ist und sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hat?
Plötzlich überkam sie das Gefühl, daß es sehr auffällig wirken müßte, daß sie ganz allein im Eingang stand, während die Menschen um sie herum zu den Spieltischen drängten. Endlich beschloß sie, etwas von sich aus zu unternehmen. Sie ging an ein öffentliches Telefon, warf eine Münze ein und rief das Soyuz-Hotel an, in dem, wie sie wußte, Dak abgestiegen war. »Verbinden Sie mich mit Gospodin Lehmans Zimmer, bitte«, ersuchte sie, als sich die Telefonzentrale meldete.
Schweigen am anderen Ende, dann sagte die Stimme: »Tut mir leid, der Herr ist nicht mehr da.«
Yvette stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Sie meinen wohl, er ist auf dem Weg zu einer Verabredung?«
»Das kann ich nicht wissen, Gospoza.«
»Karascho. Danke.« Sie legte auf und nahm im Kasino das Warten wieder auf.
Sie wartete eine weitere halbe Stunde und wurde von Minute zu Minute unruhiger. Er dürfte nicht mehr als fünfzehn Minuten von seinem Hotel hierher brauchen, das wußte sie. Was hatte ihn aufgehalten?
Hatte sich etwas so Dringendes ergeben, daß er sie versetzen mußte, ohne sie zu benachrichtigen? Sie war von sich nicht so eingenommen, um nicht einzuräumen, daß es für ihn eine Menge anderer, wichtigerer Dinge gäbe, als sie es war. Sie entsann sich aber auch des bittenden, verzweifelten Tones, mit dem er sie gestern um diese Verabredung gebeten hatte. Das hatte er aufrichtig gemeint, und es war schwer vorstellbar, daß etwas dazwischenkam, das ihn von der Verabredung hätte abhalten können, die er so sehr herbeigesehnt hatte.
Aber er war nicht da und sein Hotel gab die Auskunft, daß er fort wäre. Sie sah hinaus und spähte die Verkehrstunnels entlang, so weit sie konnte. Der Verkehr schien ungehindert zu fließen, und die Fahrzeuge näherten sich zügig der großen, kuppelüberdachten Kreuzung vor dem Kasino. Ein Verkehrsunfall war also auszuschließen. Was war der Grund für sein Nichterscheinen? Wo war er? Er konnte doch nicht plötzlich verschwunden sein ...
Plötzlich erstarrte Yvette vor Schreck.
»Mon Dieu!« stieß sie leise hervor. »Das kann nicht sein! Das darf doch nicht sein!«
Aber ihr logischer Verstand sagte ihr, daß es sehr wohl sein konnte. Was hatte man in der Telefonzentrale gemeint mit der Auskunft, er wäre nicht mehr da? Plötzlich gab es für Yvette nichts Wichtigeres auf der Welt, als die Antwort darauf zu finden. Sie rannte hinaus und winkte ein Jit herbei. »Soyuz-Hotel«, sagte sie atemlos zur Fahrerin. Die Frau nickte und berechnete den Fahrpreis. Yvette stopfte ihr ein Banknotenbündel in die Hand und setzte sich hinten hin.
Im Augenblick fiel ihr das Denken schwer. Ihr ansonsten klarer, wacher Verstand trieb hilflos in einem Meer der Verwirrung und umkreiste das Problem, ohne sich darauf konzentrieren zu können. Sie wollte sich dem Problem nicht stellen, obwohl sie wußte, daß sie es in allernächster Zukunft tun mußte. Ihr ganzer Körper war gefühllos vor Angst, normalerweise ein ihr unbekanntes Gefühl. Angst um sich selbst war ihr fremd – aber die Angst um
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