Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
machten sie mit ihrer Geschwindigkeit wieder wett und ließen sich nur sehr schwer von einer Kugel treffen. Edna selbst hatte drei erlegt, Jules, Borov und Symond je zwei, und fast jeder der anderen Kandidaten einen. Die Prinzessin hatte dazu noch einen Weißhals erlegt, einen kleinen Pflanzenfresser. Weißhalsfleisch galt unter den Feinschmeckern Ansegrias als besonderer Leckerbissen, und Edna wurde zu ihrem Jagdglück allgemein beglückwünscht.
Es wurde an diesem Vormittag wenig gesprochen – hauptsächlich, um das Wild nicht aufzuscheuchen. Die allgemeine Stille wurde nur von Gewehrschüssen unterbrochen – und bei jedem Schuß zuckten die zwei d'Alemberts und die zwei Roumeniers zusammen und warfen einen verstohlenen Blick zu der Prinzessin hin. Aber keiner der Schüsse galt ihr.
Edna hatte ihre Bewacher völlig vergessen und genoß das Jagdvergnügen in vollen Zügen. Dir Antlitz glühte vor Energie, ihre Muskeln waren erwartungsvoll angespannt. Meist ging sie in Gesellschaft Paul Symonds. Sie sprachen rächt viel, und doch herrschte ein grundlegendes Einverständnis zwischen ihnen. Symond genoß die Jagd ebenso wie sie. Sie sah dasselbe Jagdfieber in seinen Augen schimmern, dieselbe Begeisterung beflügelte seine Schritte. Wenn er lächelte, so war sein Lächeln voller Wärme, und jeder Blick, den sie wechselten, stellte eine stumme Zwiesprache dar, bei der es keiner Worte bedurfte.
Als man sich auf einer kleinen Lichtung zu einem Imbiß niederließ, bemerkte Edna zu Choyen Liu, daß er als einziger der Kandidaten kein Jagdglück gehabt und nichts erlegt hätte. »Das kommt daher, daß ich vom Töten der Tiere als Sport nichts halte«, entgegnete er.
»Aber Sie sind kein Vegetarier. Ich sah, daß Sie Fleisch essen.«
»Es ist eine Frage der Bestimmung. Zum Verzehr bestimmte Tiere werden von den Menschen nur um ihres Fleisches willen gezüchtet. Wenn ich dies leugne, verschließe ich meine Augen vor ihrem Schicksal – und weigere mich im Grunde genommen, meine Stelle in der Kette des Lebens einzunehmen.
Aber diese Waldtiere haben eine eigene, von uns unabhängige Bestimmung. Wenn wir sie beliebig und zum Vergnügen jagen, stellen wir uns ihrer Bestimmung entgegen – und stören einen natürlichen Ablauf, der uns eigentlich nichts angeht.«
Langsam begann Edna an Lius kleinen philosophischen Gedankengpielereien Gefallen zu finden. Er trug Wortgefechte mit ihr aus, und sie genoß es. Ihr war, als fordere er mehr von ihr, als sie je zu geben bereit war. Sie stellte sich der Herausforderung und entgegnete: »Aber ist es nicht auch möglich, daß es die Bestimmung dieser Tiere ist, von unseren Gewehren getötet zu werden?«
Liu lächelte. Er freute sich, daß Edna auf seine Überlegungen einging. »Nicht, wenn ich nicht abdrücke«, sagte er und entfernte sich nach einer Verbeugung, um sein Essen abgesondert von den übrigen einzunehmen. Zurück blieb eine höchst erstaunte Krönprinzessin, die sich fragte, was in seinem Kopf wohl vor sich gehen mochte.
»Zerbrechen Sie sich seinetwegen nicht den Kopf«, sagte Borov. »Er wirft mit diesen mystischen Äußerungen um sich, seit er ankam. Kein Mensch hört ihm mehr zu.«
»Ich höre ihm zu«, lautete Ednas kühle Antwort. »Das Seufzen des Windes mag mehr Bedeutung haben als das Kreischen eines Pfaues.« Sie merkte gar nicht, wie sehr ihr Ausspruch dem anarianischen Sprichwortstil ähnelte. Ganz verwundert über ihren eigenen Tiefsinn, entfernte sich die Prinzessin und ließ den wütenden Borov allein mitten auf der Lichtung stehen.
»Ich glaube, ich werde langsam ebenso mystisch wie Liu«, sagte die Prinzessin zu Yvette, als sie sich neben ihr zum Lunch niederließ. »Ich fange schon an, solche Redensarten von mir zu geben ... und ich habe das Gefühl, daß ich ihn schon besser verstehe.«
Nach dem Essen brach die Gesellschaft wieder auf, diesmal in der Hoffnung auf größeres Wild. Borov hielt sich im Hintergrund und bewahrte Abstand von Liu. Seine Rippenschmerzen und die eisige Bemerkung der Prinzessin hatten seine Laune noch mehr strapaziert, und er richtete seinen Mißmut mit aller Vehemenz gegen Liu. Dauernd ließ er spöttische Andeutungen über den Anarianer fallen, der seiner Meinung nach seine mangelnde Geschicklichkeit hinter ethischen Einwänden gegen die Jagd verberge. Seine Bemerkungen wurden immer lauter, bis der Anarianer sie schließlich nicht mehr überhören konnte. Aber noch immer schenkte Liu ihm keine Beachtung und ging, die
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