Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
andermal begegnen«, sagte er zum Abschied, »dann tun Sie gut daran, sich schwereres Geschütz zu besorgen als ein paar hintergründige Anspielungen.«
Das werde ich, Stanck, das werde ich, dachte Fortier mit grimmiger Entschlossenheit.
In den nächsten Tagen war Fortier geradezu besessen von Herman Stanck. Er brütete über dem Lebenslauf des Mannes, den ihm die SOTE-Computer geliefert hatten, bis er ihn praktisch auswendig kannte. Stanck hatte seine gegenwärtige Position seit fünfzehn Jahren inne, in denen ihm nicht ein einziger Makel nachzuweisen war. Als Beamter mit Leib und Seele hatte er sich nie verheiratet und sein Leben den Regierungsaffären von Sektor Vier gewidmet. Über seine Tätigkeit existierten viele Presseberichte, die Liste seiner Ehrungen und Anerkennungen war endlos. Sein Privatleben war wirklich privat, doch hatte es um ihn nie auch nur die Andeutung eines Skandals gegeben - und das allein war schon eine Besonderheit für einen Mann, der so lange im öffentlichen Leben stand wie Stanck.
Allem Anschein nach war er so loyal wie nur möglich. Wenn man ihn des Hochverrats bezichtigte, war das ähnlich schlimm wie Kindermord oder Tierquälerei. Fortier durfte gegen ihn nicht vorgehen, ehe er nicht handfeste Beweise gesammelt hatte. Und dennoch - sein Agenteninstinkt ließ ihm keine Ruhe. Fortier spürte, daß Stancks feindseliges Wesen irgendein schuldhaftes Geheimnis verdeckte. Ihm war es unbegreiflich, daß jemand ein so überschwengliches Empfehlungsschreiben vergessen konnte, auch wenn es zehn Jahre zurücklag - und vor allem, wenn die hochgejubelte Person gar nicht existiert hatte.
In Stancks Karriere gab es keine Hinweise. Fortier machte sich also über das Privatleben des Mannes her. Es zeigte sich, daß Stanck Eigenbrötler war, den niemand so richtig kannte. Aber auch von daher ergab sich nichts, was auf verräterische Aktivitäten hingedeutet hätte.
Verzweifelt stürzte Fortier sich sodann auf den Bericht über Stancks Finanzen. Stanck lebte bescheiden und blieb immer im Rahmen seiner Mittel. Er war kein Spieler oder Verschwender und hatte sogar ein paar geschickte Investitionen getätigt, die ihn zu einem ziemlich wohlhabenden Mann gemacht hatten - aber auch hier nicht die Andeutung einer Unregelmäßigkeit. Es waren grundsolide geschäftliche Transaktionen. Fortier wollte schon enttäuscht aufgeben, als sein Blick auf ein kleines, verstecktes Detail fiel, das ihm beinahe entgangen wäre, weil es so unauffällig war. Aus Stancks Aktiva ging hervor, daß ihm beim Eintritt in den Ruhestand eine stattliche Summe zustand, die sich aus nicht in Anspruch genommenen Krankengeldbeträgen zusammensetzte.
Fortier rief nun die Gehaltsauszahlungen ab, und stellte etwas sehr Sonderbares fest. In den fünfzehn Jahren seiner Tätigkeit hatte Stanck nicht einen einzigen Arbeitstag wegen Krankheit versäumt. Über die Zeit, ehe Stanck seinen Posten angetreten hatte, lagen keine Berichte vor, bis auf die rätselhafte Eintragung, daß er vom Großherzog persönlich ernannt worden war.
Diese zwei Punkte waren Abweichungen vom Normalen, in die Fortier sich vergrub. Zum zweitenmal war er auf jemanden gestoßen, der keine Vergangenheit besaß. Aber noch viel auffallender war Stancks phänomenale Gesundheit. Bei einem Mann Anfang Zwanzig wäre es schon unglaublich genug gewesen, aber bei einem Mann in mittleren Jahren war es ganz ausgeschlossen.
Fortier ließ sich nun medizinische Berichte über Stanck geben, nur um zu entdecken, daß es keine gab. Stanck hatte in den Jahren seines hohen Amtes keinen Arzt aufgesucht. Normalerweise mußte sich jeder öffentliche Angestellte vor der Einstellung einer Untersuchung unterziehen, aber eine Notiz in Stancks Unterlagen besagte, daß in diesem Fall auf Grund einer direkten Anordnung des Großherzogs davon Abstand genommen worden war.
Der Gedanke, der sich Fortier geradezu aufdrängte, wollte ihm gar nicht gefallen. Er wußte nur zu gut, daß es den Verschwörern gelungen war, Roboterduplikate tatsächlich existierender Menschen zu schaffen und sie an deren Stelle einzusetzen. Vor dem Angriff auf die Erde war er selbst von einem Doppelgänger-Roboter ausgeschaltet worden, eine Episode, die beinahe tödlich für ihn geendet hatte. Wenn nun auch Stanck ein solcher Roboter war, den man in die Regierung von Sektor Vier eingeschleust hatte? Damit wäre seine eiserne Gesundheit erklärt und seine Scheu vor einem Arztbesuch, aber auch seine eigenbrötlerische
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