Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
Jules und Yvette versuchten verzweifelt, noch im Fallen an einer der Streben Halt zu finden, doch es glückte nicht. Die Schwerkraft war zu stark, und auch DesPlainianern waren gewisse Grenzen des Reaktionsvermögens gesetzt.
Die zwei Körper krachten schwer gegen die Unterseite der Außenwand. Trotz der Polsterung und Isolierung ihrer Anzüge war der Aufprall doch so unsanft, daß die beiden ihn nicht verkrafteten. Die Agenten verloren das Bewußtsein und blieben erdrückt durch das Eigengewicht und die Last der Anzüge liegen.
Tanya Boros, die gesichert und bequem inmitten ihres mechanischen Spinnennetzes saß, lächelte befriedigt. Man hatte ihr zwar die Festnahme der Agenten Wombat und Periwinkle gemeldet, doch war sie keinen Augenblick im Zweifel darüber gewesen, wer eigentlich hinter der Aktion steckte. Der Angriff war ganz unerwartet erfolgt, und die Station hatte programmgemäß reagiert. Lady A würde hocherfreut sein, daß diese neue Errungenschaft in ihrem Arsenal so klaglos funktioniert hatte.
Und in der Zwischenzeit hatte Tanya Boros das Vergnügen, persönlich ein Verhör führen zu können. Mit dem Agenten Wombat hatte sie nämlich noch eine alte Rechnung zu begleichen.
10.
Ein neuer Verbündeter und ein alter Gegner
Helena und Luise deForrest, ihre aus dem Zirkus stammende Begleiterin, sahen sich nun einem Dilemma gegenüber. Was sollte nun mit dem gefangenen Captain Fortier geschehen? Laufenlassen wollten sie ihn nicht, andererseits aber wollten sie die Tarnung des Zirkus nicht gefährden, indem sie Fortier dorthin schafften. Auch wenn Fortiers Ergebenheit dem Imperium gegenüber außer Zweifel stand, wäre es eine schlechte Taktik gewesen, zu viele Menschen in die Verbindung des Zirkus mit SOTE einzuweihen.
Helena fand schließlich einen Kompromiß. Sie mietete sich in einem kleinen Hotel ein, und Luise schaffte Fortier durch den Hintereingang hinauf ins Zimmer. Von dort aus riefen sie Herzog Etienne an und erklärten ihm die Lage. Er war sofort einverstanden, zu kommen und gemeinsam mit ihnen weitere Einzelheiten herauszufinden.
Während sie auf den Herzog warteten, hatte Helena Gelegenheit, sich mit ihrem Gefangenen ein wenig zu unterhalten. Sie hätte ihn zu gern gehaßt, war aber dazu nicht fähig. Denn sie wußte, daß der Captain anständig und intelligent war und seine Pflicht dem Imperium gegenüber nach bestem Wissen und Gewissen erfüllte. Helena mußte zugeben, daß sie ihren Vater vielleicht selbst den Behörden ausgeliefert hätte, wäre sie auf die gegen ihn sprechenden Beweise gestoßen.
Aber was noch wichtiger war: Helena fand, daß Paul Fortier ein unheimlich gut aussehender Mann war. Mittelgroß und muskulös, hatte er sehr ansprechende Gesichtszüge. Augenfarbe und Haare waren dunkel. Ein schmaler Schnurrbart zierte die Oberlippe. Sie konnte sich erinnern, nach dem Aufstand am Krönungstag sein persönliches Dossier gelesen zu haben. Seine Familie stammte von DesPlaines, die letzten Generationen hatten jedoch auf Welten mit Ein-g-Schwerkraft gelebt und verfügten nicht mehr über die ganze Körperkraft und Schnelligkeit der echten DesPlainianer. Sie konnte sich auch noch daran erinnern, daß er unverheiratet war - ein Umstand, der ihr schon damals aufgefallen war und sich ihr nun wieder mit beunruhigender Deutlichkeit aufdrängte. Als sie ihn so auf dem Bett liegen sah, ertappte sie sich bei höchst unprofessionellen Gedanken.
Verärgert verdrängte sie diese Gedanken und versuchte, sich auf die vor ihr liegende Aufgabe zu konzentrieren. »Warum sind Sie hierhergekommen, Captain?« fragte sie übertrieben gleichmütig.
»Ich denke, das ist wohl klar«, gab er ebenso kühl zurück. »Ich wollte Sie zurückholen.«
»Aber Sie sind mir zwei Tage lang gefolgt. Warum haben Sie mich nicht einfach gepackt und mitgenommen?«
»Ich wollte sehen, ob Sie mich zu anderen Kontaktleuten führen würden.«
Helena stand auf und ging im Zimmer auf und ab, wobei sie ihm absichtlich den Rücken zukehrte. Luise behielt ihn indessen im Auge, damit er nicht unvorhergesehen reagieren konnte, doch beteiligte sie sich nicht an dem Gespräch.
»Denken Sie, was Sie wollen«, sagte Helena nach kurzem Nachdenken, »aber ich bin keine Verräterin. Ich bin geflohen, weil ich mich mit Freunden in Verbindung setzen wollte, um den Namen meines Vaters reinzuwaschen. Ich weiß, daß er unschuldig war.«
»Wenn es so ist, dann kann niemand mehr seinen Tod betrauern als ich«, meinte Fortier
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