Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
wir nicht beratschlagen, abstimmen oder Pläne aushecken. Einer im Team muß letztlich das Sagen haben und Entscheidungen treffen können, die alle sofort akzeptieren. Ohne diese Regelung würde unsere Gruppe zerfallen. Wir müssen jetzt, während wir die Sache ruhig und vernünftig besprechen können, entscheiden, wer dieser Teamführer sein soll.«
»Ganz klar, daß ich das sein werde«, entgegnete Lady A befehls-gewohnt. »Ich habe das Team zusammengestellt, ich bin die Älteste, mein Verstand ist frei von emotionalen Belastungen ...«
»Blödsinn!« rief Jules aus. »Das alles zählt in Gefahrensituationen nicht. Da zählt einzig und allein die Erfahrung. Ich gebe zu, daß Sie jede Menge Erfahrung im Versteckspiel haben ... aber Sie haben noch nie an einer geheimen Mission teilgenommen, bei der es gilt, schwer zugängliche Informationen zu sammeln und lebendig davonzukommen. Das bringt gänzlich andere Probleme mit sich, die gänzlich andere Geschicklichkeiten erfordern und bei denen andere Entscheidungen gefällt werden. Mir ist es einerlei, wie ungetrübt Ihr Verstand und wie stark und schnell Ihr Roboterkörper ist. Ihnen fehlt die Erfahrung, auf die es ankommt. Fortier, Periwinkle und ich haben sie. Von Iwanow weiß ich nichts und habe deswegen meine Zweifel. Aber ich weiß, daß Sie die Person mit Entscheidungsvollmacht nicht sein dürfen.«
Lady A funkelte Jules wütend an. Er hielt ihrem Blick gelassen stand. Auf der Brücke herrschte eisige Stille, während sich der stille Zweikampf zweier eiserner Willenskräfte abspielte. Ganz unerwartet verzog Lady A die Miene zu einem Lächeln.
»Karascho«, sagte sie. »Ich habe Sie wegen Ihrer Erfahrung ausgewählt, deswegen kann ich mir diese Erfahrung ebensogut zunutze machen. Ich glaube, wir können uns auf Sie als Anführer einigen. In Katastrophensituationen gilt Ihre Stimme - aber im Normalfall erwarte ich, daß ich das letzte Wort habe.«
Jules sah Yvette und Fortier an, die zustimmend nickten.
»Alles klar«, sagte er zu Lady A.
Diese war noch nicht fertig. »Dies ist mein Schiff, das ich steuern werde«, sagte sie. »Wenn Sie wollen, kann Captain Fortier als mein Kopilot fungieren. Ich weiß, daß Sie ein versierter Flieger sind, aber meine Reflexe sind unübertroffen, und unter den gegebenen Umständen könnten wir darauf angewiesen sein. Als Pilot habe ich auf meinem Schiff das letzte Wort. Ihr Machtanspruch fängt an, wenn wir sicher auf Omikron aufsetzen. Einverstanden?«
»Einverstanden«, ließ sich Jules vernehmen. Er konnte es kaum fassen, wie glatt dieser Zweikampf mit Lady A verlaufen war. Da hatte er viel mehr Widerstand erwartet. Lady A war ein Mensch, der nur ungern Befehle anderer entgegennahm und besonders von ihm, aber sie war eine Frau mit Verstand.
Sie hatte ihn seiner besonderen Fähigkeiten wegen ausgewählt, und er war sicher, sie würde auf ihn hören, wenn es darauf ankäme.
Nachdem man diese Einzelheiten geregelt hatte, waren sie startklar. Lady A wies den Agenten des Imperiums drei Beschleunigungsliegen innerhalb der halbkugelförmigen Brücke zu, während sie sich an den Steuereinrichtungen zu schaffen machte. Die H-16 hob majestätisch von dem kleinen, privaten Raumflughafen ab und schoß hinaus ins All. Ungeachtet aller Vorbehalte und Hindernisse war die Mission angelaufen, und sie waren unterwegs, um das Geheimnis der Omikron-Invasion aufzudecken.
5.
Gestrandet
Nereid lag so nahe am Omikron-System, daß der Flug nur ein paar Stunden dauern würde. Und diese Stunden nützte das Team sehr klug aus.
Als Teamführer mußte Jules sich Gewißheit darüber verschaffen, mit welchen Mitteln und Talenten er im Ernstfall rechnen konnte. Nach einem Gespräch mit Iwanow stellte er fest, daß der Mann über einen sehr vielfältigen Hintergrund verfügte - als Profisportler, Rauswerfer in Bars, Einbrecher, Mörder und in jüngster Zeit als Faktotum innerhalb von Lady As verbrecherischer Verschwörung. Iwanow war kein Tugendbold, und Lady A hatte mit ihm eine gute Wahl getroffen. Er verfügte über die für eine Mission dieser Art nötigen Fähigkeiten. Man konnte sich darauf verlassen, daß er seinen Teil zum Gelingen beitragen würde.
Aimee Amorat konnte natürlich auch als Trumpfkarte gelten, solange sie sich als vertrauenswürdig erwies. In körperlicher Hinsicht war sie ausdauernder als alle anderen, dazu verfügte sie über einen rasch arbeitenden und gewitzten Verstand. In ihrer Jugend war sie Schauspielerin
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