Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
getrübt. Früher hatte ich Gefühle, und ich habe noch eine Erinnerung daran. Als Schauspielerin bin ich sogar imstande, sie sehr überzeugend vorzutäuschen. Und mein Intellekt sagt mir, welche Gefühle ich hätte, wäre mein Körper noch sterblich. Tanya war meine Enkelin, mein letzter Nachkomme. Biologisch werde ich keine Nachkommen mehr haben, niemanden, dem ich meinen Lebensfunken weitergeben kann. Als alte Frau hätte ich über diese Tragödie bittere Tränen vergossen.
In meiner gegenwärtigen Gestalt aber ist das alles überflüssig. Ich habe es nicht notwendig, mich genetisch verdünnt fortzupflanzen, bis eine blassere Gestalt Tanyas wiederersteht. Mein Bewußtsein kann ewig fortdauern. Ist dieser Körper einmal abgenutzt, kann ich mir neue bauen lassen. Das verleiht mir Geduld und Beharrungsvermögen und eine Perspektive, die euch Sterblichen versagt ist. Und deswegen werde ich aus unserem kleinen Kampf siegreich hervorgehen.«
»Auch Dr. Loxner hat sich für unsterblich gehalten«, wandte Fortier ein.
»Loxner war Narr und Genie in einem«, sagte Lady A. »Er hat sein Bewußtsein an eine höchst unvollkommene körperliche Form gebunden, die weder fliehen noch sich wirksam verteidigen konnte. Ich habe versucht, es ihm auszureden, er aber hat immer eingewendet, daß sein Super-Computer-Asteroid ihm immense Möglichkeiten verliehe. Er hat sich keine Hintertür offengelassen. Und das ist natürlich der Schlüssel zum Erfolg -eine Hintertür, ein Ausweg, für den Fall, daß alles um einen herum in Trümmer fällt.«
»Mit anderen Worten«, sagte Yvette sarkastisch, »Sie lassen Ihre Mitarbeiter glatt hängen, wenn die Lage brenzlig wird, nur um die eigene Haut zu retten. Gut zu wissen, da wir in einer Situation aufeinander angewiesen sein werden, in der es um Leben und Tod gehen kann - aber zum Glück sind Sie ebenso abhängig von uns wie umgekehrt.«
Falls Lady A diese Kritik unter die Haut ging, ließ sie es sich nicht anmerken. »In diesem Fall geht der Erfolg unserer Mission über alles«, gab sie zurück. »Falls ich vor der Entscheidung stünde, Sie zu retten oder mit lebenswichtigen Informationen zur Erde zurückzukehren, würde ich Sie opfern, ohne eine Sekunde zu zögern. Ich gehe davon aus, daß Ihnen während Ihrer Ausbildung ähnliche Wertvorstellungen eingeimpft wurden.«
»Gewiß doch«, antwortete Yvette. »Ehrlich gesagt, würde ich es begrüßen, Sie opfern zu müssen.«
»Solange Sie nicht vergessen, daß mich das Imperium samt meiner Flotte braucht, falls wir es mit einer Invasion fremdartiger Wesen zu tun haben ... Ach, da wären wir schon.«
Das Schiff von Lady A stand als einziges auf einem Privatflughafen außerhalb der Stadtgrenze von Cochinburg, der Hauptstadt von Nereid. Es wirkte sehr eindrucksvoll mit seiner zum Himmel gerichteten Spitze. Es war viel größer, als es für den Transport von sechs Personen erforderlich gewesen wäre. Als Fortier eine diesbezügliche Bemerkung machte, erklärte Lady A: »Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Ein kleineres Schiff wäre schneller und viel wendiger, aber die zusätzliche Verteidigungskraft werden wir auch gut brauchen können. Den vorliegenden Berichten konnte ich entnehmen, daß der Gegner den Luftraum um Omikron beherrscht. Mein Mitarbeiter, der in aller Heimlichkeit startete, schaffte es kaum, ihnen lebend zu entkommen. Sie wollen unter allen Umständen verhindern, daß jemand näher herankommt und sie in Augenschein nimmt, was nicht weiter verwunderlich ist... sie wollen das Überraschungsmoment möglichst lange ausnutzen.
Solange uns die Möglichkeit eines Kampfes droht, möchte ich zurückschlagen können. Dieses Schiff, eine H-16, ist so schwer bestückt wie ein Navy-Schiff von dreifacher Größe. Geheimhaltung ist gut, Geschicklichkeit ist noch besser, aber überlegene Feuerkraft kann nie schaden.«
Ihr Bodenfahrzeug brachte sie bis an den Rand des Landefeldes, auf das der Computer eingestellt worden war. Die Insassen stiegen aus und liefen in der langanhaltenden Abenddämmerung auf Nereid über das verlassene Feld. Die Luft war kühl und erfüllt vom schwachen, nicht zu identifizierenden Duft einheimischer Blumen. Lady A ging voran. Sie legte dabei ein solches Tempo vor, daß sogar die drei Abkömmlinge einer Drei-g-Welt in Laufschritt verfallen mußten, um mithalten zu können. Jules argwöhnte, daß sie ihren Körper, der keine Ermüdung kannte, nur deshalb so hetzte, um es ihnen tüchtig zu zeigen.
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