Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
gewesen. Zweifellos hatten ihr die Fähigkeiten auf diesem Gebiet im Verlauf des letzten halben Jahrhunderts unzählige Male Leben und Freiheit gerettet. Sie war der größten von SOTE jemals veranstalteten Menschenjagd entgangen, und das zu einer Zeit, als sie noch ein Mensch aus Fleisch und Blut war. Solange ihre Interessen mit denen des Teams übereinstimmten, würde ihr Beitrag großartig sein... aber Jules mußte ständig die Augen nach eventuellen Anzeichen von Verrat offenhalten. Auf Gastonia hatte sie ihn zum Narren gehalten, und das sollte sich nicht wiederholen.
Mit seiner Schwester war die Zusammenarbeit verständlicherweise ideal. Von ihren Auftritten als Akrobaten im Zirkus der Galaxis her waren sie aufeinander eingespielt und wußten, daß ihr Leben oft von den Bewegungen und Reaktionen des anderen abhing. Mit Fortier hatte Jules noch nicht zusammengearbeitet, er wußte aber, daß der Offizier sich als Geheimagent im Kampf gegen die Piraten hervorragend bewährt hatte. Auf Fortiers Ausbildung und Einsatzfreudigkeit war hundertprozentig Verlaß.
Blieb also nur Tatiana als großes Fragezeichen. Jules war über ihre Teilnahme an der Aktion nicht sehr glücklich, wenngleich er zugeben mußte, daß man ihre Fähigkeiten dringend brauchen würde. Er erfuhr von ihr, daß sie Akademikerin war und bis auf Schulhofprügeleien noch nie einen Kampf mitgemacht hatte. Sie war intelligent und belesen, hatte aber von Waffen und ihrer Anwendung keine Ahnung. Zwar verfügte sie über den Mut des Amateurs und schien ziemlich couragiert, aber auch das konnte sich als Nachteil erweisen. Mut zum falschen Zeitpunkt war ebenso katastrophal wie Feigheit. Die für einen Geheimagenten so lebenswichtige Umsicht und Vorsicht erwuchsen allein aus großer Erfahrung.
Jules bat seine Schwester, Tatiana beiseite zu nehmen und ihr wenigstens einige Grundbegriffe zu vermitteln. Yvette brachte der jungen Frau nun in aller Eile bei, hinzufallen ohne sich zu verletzen, lehrte sie die richtige Messerhaltung beim Kampf und den Umgang mit einem Strahler. In der Beengtheit des Schiffes gab es keine Möglichkeit, richtig schießen zu üben. Erst im Ernstfall würde es sich zeigen, wie es um Tatianas Treffsicherheit stand.
In der Zwischenzeit beriet Jules mit Lady A und Fortier über mögliche Vorgehensweisen. Das Schwierige dabei war, daß man es mit zu vielen unbekannten Faktoren zu tun hatte und definitive Pläne nicht entwickeln konnte. Die Lady A vorliegenden Berichte besagten, daß die größeren Städte so gut wie ausgelöscht waren, es gab aber keinen Hinweis darauf, wo, wenn überhaupt, die Invasoren eine eigene Basis errichtet hatten. Es gab keine Möglichkeit festzustellen, wie weit der Feind seine Stellung in den der Invasion folgenden Tagen ausgebaut hatte und ob schon Beobachtungssysteme installiert worden waren, die ankommende Schiffe aufspürten. Die beste Annäherungsart war, möglichst rasch und niedrig anzufliegen, die Atmosphäre nur zu streifen und vor allem nach zwei Dingen Ausschau zu halten: nach einem möglichen Angriff von Patrouillenschiffen und nach einer Anhäufung feindlicher Stellungen auf dem Planeten, die eventuell auf einen Stützpunkt hindeuten konnten. Von da an hieß es improvisieren - aber das war für Jules nichts Ungewohntes.
Viel zu rasch kam die Meldung vom Schiffscomputer, daß sie in das Solar-System von Omikron eingetreten waren. Nun war es höchste Zeit, aus der Subsphäre aufzutauchen. Die Besatzung der H-16 schnallte sich auf den Beschleunigungsliegen fest. Jules, Yvette und Iwanow übernahmen die Überwachung der Geschütze. Sobald sie sich wieder im normalen Raum befänden, konnte alles mögliche passieren, deswegen mußten sie auf der Hut sein.
Das Schiff glitt in einem der glattesten Übergänge, die Jules je erlebt hatte, aus der Subsphäre. Äußerst widerwillig mußte er sich eingestehen, daß Lady A eine hervorragende Pilotin war. Sie hatte seit dem Start den Kurs festgelegt und es geschafft, eine knappe Million Kilometer von Omikron entfernt in die Normalsphäre überzugehen - eine Meisterleistung an Exaktheit, im Vergleich zu der sich ein Meisterschlag im Golfspiel vergleichsweise trivial ausnimmt.
Die H-16 hielt nun mit Höchstgeschwindigkeit auf Omikron zu. Paul Fortier behielt dabei die Sensoren ständig im Auge, damit er entsprechend reagieren konnte, falls ihr Eindringen in den Bereich von Omikron entdeckt würde. Auch Lady A war voll gespannter Aufmerksamkeit.
Minutenlang
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