Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
sie nun das gesamte Panorama des Landefeldes überblicken - und damit hatte sie die Möglichkeit, die Aktivitäten ihres Bruders zu verfolgen.
Im Norden zeigte eine brennende Fläche an, daß Jules bei den dort aufgestellten Geschützen erfolgreich gewesen war. Es bedurfte einiger Mühe ihrerseits, bis sie den Punkt auf dem Bildschirm erfaßt hatte, der sein Kopter sein mußte und jetzt Richtung Osten flog. Hinter ihm schossen Strahlen hoch - aus festen Geschützen und Handfeuerwaffen, aber Jules konnte dank seines Reaktionsvermögens, das sogar die langsam wirkenden Einrichtungen des Kopters ausglich, scheinbar mühelos den Todesstrahlen entkommen.
Während Yvette hinsah, unternahm der Kopter einen Angriff auf die Geschützstellung am Ostrand des Landefeldes und ging dazu im Sturzflug nieder, um gleich darauf wieder senkrecht hochzusteigen. Aus dieser Entfernung konnte sie das Fallen der Granate nicht beobachten, sie sah allerdings die große Explosion, die den Bildschirm ausfüllte. Mit jedem Treffer schaltete der Kopter ein Geschütz aus und erhöhte seine Erfolgschance.
Lady A's Stimme unterbrach Yvettes Gedankengänge. »Wir haben das Wichtigste entschlüsselt. Gurten Sie sich an.«
Yvettes Herz sank. Sie wollte ihren Bruder keinesfalls hier zurücklassen, daran hatten auch seine beherzten Abschiedsworte nichts ändern können. »Er hat erst zwei Batterien ausgeschaltet«, wandte sie ein. »Wir sollten warten, bis er alle erwischt hat. Damit erhöhen sich unsere Fluchtchancen.«
Lady A zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde. »Wir müssen ohnehin warten, bis die Antriebe warmgelaufen sind. Diese Frist wollen wir ihm gönnen.« Das war ungewöhnlich großzügig, und Yvette war froh über diesen Gunstbeweis.
Jules' Kopter machte unbeirrt weiter, und Yvette schöpfte schon Hoffnung. Jules mußte es schaffen, zurückzukommen, ehe sie starteten. Dann aber wurden in einem einzigen Augenblick alle Hoffnungen zunichte. Ein Strahl aus einem schweren Geschütz am Südrand des Feldes traf den Heckrotor und trennte praktisch das ganze Heck ab.
Der Kopter geriet ins Trudeln. Yvette hielt den Atem an. In einem letzten selbstmörderischen Sturzflug sauste er direkt auf die Geschützstellung zu. Eine gewaltige Explosion flammte auf, als Kopter und Geschütz in einem einzigen hellorangen Feuerball aufgingen.
Yvette saß reglos auf ihrer Beschleunigungsliege und wagte kaum zu atmen. Das Bild brannte sich ihr ins Gedächtnis ein wie ein plötzlich angehaltener Film. Ein Teil ihrer selbst wollte nicht glauben, was sie nur allzu deutlich gesehen hatte. Den Tod eines nahen Angehörigen verstandesgemäß zu akzeptieren war eines, etwas ganz anderes aber, diese Erfahrung durchzustehen.
Von der Hauptkonsole her sagte Lady A seelenruhig: »Das war's. Er hat drei von vier Batterien ausgeschaltet. Die vierte soll uns nicht stören. Tatiana hat mittlerweile die Deflektorschirme entdeckt, also kann es schon nicht so ganz schlimm werden.«
Das alles brachte sie in so betont unbeteiligtem sachlichen Ton vor, daß Yvette unbezwingbare Mordlust verspürte. Gleichzeitig fühlte sie sich so schlapp, daß sie gar nicht fähig gewesen wäre, ihrem Impuls zu folgen.
Falls Lady A Yvettes Gefühle spürte, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie ging vielmehr daran, das Schiff endlich zu starten. Der Boden bebte, als die Antriebe aufheulten - Lady A handhabte alles sehr geschickt. Und dann hob das Schiff ruckartig und unvermittelt ab, so daß alle aufschreckten. Die einzige noch intakte Batterie unternahm heldenhafte Versuche, das Fluchtschiff abzuschießen. Sengende Strahlen streiften den Rumpf, die Abschirmeinrichtungen aber hielten stand. In Sekundenschnelle war das Schiff außerhalb der Reichweite der Geschützbatterie, durchschoß die Atmosphäre und drang in den leeren Raum ein. Jules' letzte Mission war ein Erfolg gewesen. Er hatte die feindliche Artillerie so weitgehend ausgeschaltet, daß das Schiff den Planeten verlassen konnte.
Damit waren sie aber noch lange nicht außer Gefahr. Im Orbit um Omikron befanden sich feindliche Schiffe, Patrouillen, die sich auf den kleinen Aufklärer stürzten, kaum daß er die Atmosphäre verlassen hatte. Das Agententeam mußte noch einmal eine Probe seines Könnens ablegen, ehe es in Sicherheit war.
Fortier und Tatiana studierten die Instrumentenanordnung und versuchten dahinterzukommen, wie das Waffensystem funktionierte, während Lady A vor den für sie ungewohnten Steuereinrichtungen
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