Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
auf der Terrasse vor Helenas Penthouse-Wohnung und blickten zum dunklen Himmel empor. Neben dem allgegenwärtigen Licht der Riesenstadt Miami waren nur wenige Sterne zu sehen. Diese funkelten friedlich und ließen nicht erkennen, daß ein blutiger Kampf bevorstand. Die Frauen suchten die Stelle, an der er stattfinden sollte, und konnten sie nicht entdecken, weil sie sich im Moment auf der Tagseite befanden. Sie hätten ohnehin nichts sehen können. Das Licht aus jener Region würde Jahrhunderte bis zur Erde brauchen. Dennoch hätten sie zu gern einen Blick auf die Stelle geworfen, wo vielleicht das Schicksal der Galaxis entschieden würde.
»Es tut mir schrecklich leid um Jules«, sagte Helena und schnitt damit ein Thema an, dem sie bislang ausgewichen waren. »Ich habe ihn sehr geschätzt. Was er dir bedeutet hat, kann ich mir denken.«
»Merci. Wir haben unser ganzes Leben zusammen verbracht, wir sind zusammen aufgewachsen und haben gemeinsam für den Zirkus gearbeitet. Obwohl uns bewußt war, daß jederzeit einer von uns bei einer Aktion getötet werden konnte, habe ich trotzdem das Gefühl, ich hätte mein halbes Ich verloren. Sicher klingt es sonderbar, wenn ich sage, ich würde Pias nicht so schrecklich vermissen, falls er mir entrissen würde - und ich liebe Pias über alles. Aber ich kenne ihn erst wenige Jahre, während Jules immer bei mir war.« Nachdenklich nahm sie einen Schluck Orangensaft, den Helena ihr gereicht hatte. Dann starrte sie wieder zum Nachthimmel hoch.
»Wir könnten jetzt Schwestern sein«, meinte Helena. »Wenn er es zugelassen hätte, dann hätte ich Jules sehr lieben können. Aber er hat mich von allem Anfang an entmutigt, was ich ihm im nachhinein hoch anrechne. Manch einer hätte mir für eine Weile etwas vorgemacht, bis er bekommen hätte, was er wollte. Aber Jules war zu ehrlich dazu.«
»Ja, Aufrichtigkeit war eine seiner hervorstechendsten Eigenschaften«, gab Yvette ihr recht. »Er hat damals auch befürchtet, die physiologischen Unterschiede zwischen Bewohnern von Ein- g- und Drei-g-Welten würden eine Ehe zu einem Risiko machen. In eurem Fall wäre dazu noch der Umstand gekommen, daß dein Vater unser Chef ist, was ständig Probleme mit sich gebracht hätte. Und außerdem war er ohnehin mit Vonnie verlobt. Es war eine ideale Liebe und Partnerschaft.« Und in vertraulichem Ton fuhr sie fort: »Allerdings hat er mir gesagt, daß ihm die Wahl sehr schwer fiel. Du hast ihm sehr gut gefallen. Eigentlich mochte er dich von der ersten Begegnung auf dem Dach des Hauptquartiers an.« Sie sah Helena bekümmert an. »Ein Jammer, daß keiner der Männer, die deine Aufmerksamkeit erregten, seinen guten Geschmack teilten.«
»Wenn wir schon bei dem Thema sind - Paul Fortier hat mir einen Antrag gemacht. Leider war es an dem Abend, als Lady A zu Besuch kam, und seither ist so viel passiert, daß ich davon nicht sprechen wollte.«
»Hoffentlich hast du den Antrag angenommen«, äußerte Yvette neugierig.
»Natürlich, ich bin doch nicht dumm. Und wenn ich die Sache logisch betrachte, dann fällt mir auf, daß Paul viel mit Jules gemeinsam hat - er ist stark, sieht gut aus, ist intelligent, liebevoll und dabei abenteuerlustig. Sie haben sogar denselben Körperbau, weil Pauls Familie vor einigen Generationen von Des-Piaines eingewandert ist. Ein Problem gibt es diesbezüglich nicht, weil er auf einer Ein-g-Welt aufgewachsen ist. Ja, Paul und Jules haben viel gemeinsam, auch ...«
Sie wandte den Blick ab und nahm einen Schluck, während Yvette geduldig wartete, bis Helena weitersprechen konnte. »... auch den Umstand, daß Paul von mir fort ist und sein Leben im Kampf gegen die Gastaadi aufs Spiel setzt«, schloß Helena kaum hörbar. »Gut möglich, daß er morgen bei dem Kampf ums Leben kommt, und weder du noch ich noch irgend jemand kann etwas dagegen tun.«
Sie wandte sich um und sah ihre Freundin offen an. »Yvette, ich will nicht, daß es passiert. Ich möchte nicht noch einen Mann verlieren, den ich liebe. Ich möchte nicht wieder allein sein.«
Die zwei Frauen saßen an diesem Abend noch lange unter dem stillen, unbewegten Sternenhimmel beisammen und spendeten einander Trost.
13.
Besuch auf einem Miniplaneten
Als Jules den fremden Aufklärer verließ, um die Geschützstellungen unschädlich zu machen, wußte er mit Bestimmtheit, daß es für ihn keine Rückkehr gab. Seine bisherige Erfahrung mit Gefahrensituationen sagte ihm, daß die Chancen überwiegend gegen ihn waren. Ihm
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