Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
Augenblick inmitten der Verwirrung inne. »Was sollen wir jetzt tun? Im Kreis laufen und hoffen, daß wir zehntausend Soldaten bis zur Erschöpfung treiben?«
»In dieser Situation höre ich gern auf jede vernünftige Alternative.« Auch Yvette war stehengeblieben und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie sah ihren Mann fragend an.
Pias schloß die Augen und atmete tief durch. »Im Zweifelsfall ist Bluffen immer noch das beste«, sagte er. »Nimm deinen Betäuber zur Hand und folge mir.« Er lief wieder los, diesmal in eine neue Richtung. Yvette war zu atemlos, um ihn zu fragen, was er vorhatte. Sie lief ihm einfach nach und hoffte, ihr Zigeunermann wäre nicht plötzlich übergeschnappt.
In diesem Augenblick wurde ihr klar, wohin er wollte. Er strebte der einzigen Richtung zu, in der nicht geschossen wurde -aus gutem Grund. Direkt vor ihnen lag nun das Waffendepot. Wäre das Depot zufällig von ein paar Hochenergiestrahlen getroffen worden, so hätte die Explosion das ganze Tal zerstäubt.
Am Rande des sträucherbestandenen Gebietes hielten sie kurz inne und sahen zum Depot hinüber. Die drei Wachen von vorhin waren um weitere zwei verstärkt worden. Und alle befanden sich außer Reichweite der Betäuber der Bavols. Die Agenten mußten aus ihrer Deckung heraus, wenn sie die Wachen unschädlich machen wollten.
»Auf Newforest gibt es ein altes Sprichwort«, erklärte Pias atemlos. »Man feilscht viel besser mit geborgten Waren. Wir haben die bessere Verhandlungsposition, wenn wir ebensoviel Macht in Händen haben wie sie. Wenn der Gegner mehr Menschen zur Verfügung hat, dann werden wir ihm eben mehr Waffen und Munition entgegensetzen.«
Das ist ja reiner Wahnsinn, dachte Yvette bei sich, doch sie wußte gleichzeitig, daß nur genialer Wahnsinn sie aus dieser Lage retten konnte. »Du bist verrückt, und ich liebe dich!« Sie gab ihm einen flüchtigen Kuß auf die Wange und lief aus der Deckung den Wachen entgegen. Pias, dem ihre Tollkühnheit zunächst den Atem raubte, lief ihr nach.
Die Wachen verloren verständlicherweise die Nerven, als zwei Gestalten wie Irre aus dem Dickicht stürmten, heulend und schreiend, und wahllos Schüsse aufs Depot abgaben. Es dauerte eine ganze Sekunde, bis sie merkten, daß die zwei nur Betäuber und keine Strahler hatten und daher keine unmittelbare Bedrohung des Waffenarsenals bedeuteten. Auch die Wachen hatten bloß Betäuber - man hatte offenbar vor dem Depot nicht das Schicksal herausfordern wollen -, und die Reichweite ihrer Waffen ging über die der Bavols nicht hinaus. Beide Seiten mußten warten, bis der Abstand geringer wurde. Es stand nun fünf zu zwei, aber die zwei Agenten waren besser trainiert, waren auf die Situation vorbereitet und besser motiviert als die Gegenseite. Für sie ging es um Leben und Tod, während es für die Wachen nur eine Aufgabe war wie alle anderen. Die Agenten waren so schnell, daß die Wachen auf sie gar nicht anlegen konnten. Andererseits aber war die Treffsicherheit der Bavols nicht zu überbieten.
Die fünf Wachen fielen um, und die Agenten stürzten ins Innere des Depots. Da stürmte auch schon eine Gruppe von Verfolgern aus dem Unterholz. Die Soldaten wollten auf das flüchtende Paar anlegen, doch ihr Vorgesetzter brachte sie rasch zur Vernunft. »Seid ihr übergeschnappt? Wenn ihr die beiden verfehlt, fliegt das ganze Tal in die Luft!«
In diesem Augenblick befanden sich Pias und Yvette bereits in Sicherheit. »Was jetzt?« fragte Yvette außer Atem.
»Wir haben jetzt eine kleine Atempause, bis die da draußen sich mit ihrem obersten Vorgesetzten besprechen. In der Zwischenzeit müssen wir unseren Bluff zusammenbasteln. Du wirst mir dabei helfen. Ich möchte nämlich eine Hebelzündung an einen dieser Sprengkörper anbringen. Die werden es sich dann gründlich überlegen, ehe sie unsere Stellung angreifen.«
Yvette hatte im Umgang mit Sprengstoff mehr Erfahrung, deshalb fiel ihr der Großteil der Arbeit zu. Trotz ihrer schmerzenden Schulter, die sie während des Laufens vergessen hatte, machte sie sich rasch ans Werk.
Die Hebelzündung bestand aus einem über eine Rolle laufenden Seil. Pias hielt das eine Seilende fest, während an das andere Ende ein Gewicht gehängt wurde. Sollte Pias erschossen werden, würde seine Hand das Seil loslassen, das Gewicht würde herunterfallen, und mehrere Tonnen Sprengstoff würden sich entzünden.
»Jetzt wird sich herausstellen, ob die da drüben Spielernaturen sind«, meinte Pias.
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