Wem die Stunde schlaegt
weh, wenn man so etwas hört.«
»Du kommst aus einer Stadt«, sagte der Soldat, welcher kochte. »Du kommst aus Lugo, was verstehst du denn vom Meer oder vom Land?«
»In der Stadt lernt man mehr, als ihr analfabetos auf dem Meer oder auf dem Land lernt.«
»In diesem Mond kommt der erste große Sardinenschwarm«, sagte der Soldat, welcher kochte. »In diesem Monat werden die Sardinenkähne instand gesetzt, und die Makrelen haben sich bereits nach Norden verzogen.« »Warum bist du nicht bei der Marine, wenn du aus Noya stammst?« fragte der Korporal.
»Weil ich nicht in Noya eingetragen bin, sondern in Negreira, meinem Geburtsort. Und in Negreira, das am Tambre liegt, kommt man zur Armee.«
»Pech«, sagte der Korporal.
»Glaub nicht, daß es bei der Marine gefahrlos ist«, sagte der Soldat, der auf der Pritsche saß. »Auch wenn man in keine Schlacht gerät, so ist doch die Küste im Winter sehr gefährlich.«
»Nichts kann schlimmer sein als die Armee«, sagte der Korporal.
»Du bist Korporal«, sagte der Soldat, welcher kochte. »Wie kannst du so daherreden?«
»Nein«, sagte der Korporal. »Ich meine bloß die Gefahr. Ich meine, daß man Bombardements aushalten muß, daß man gezwungen wird, Sturmangriffe zu machen, daß man im Schützengraben hocken muß.«
»Hier spüren wir davon nichts«, sagte der Soldat auf der Pritsche.
»Gott sei uns gnädig«, sagte der Korporal. »Aber wer weiß, wann wir wieder mitten hineingeraten. Sicherlich wird dieses bequeme Leben nicht ewig dauern!«
»Wie lange noch, glaubst du, werden wir hier zugeteilt sein?«
»Das weiß ich nicht«, sagte der Korporal. »Aber ich wollte, wir könnten bis Kriegsende hier bleiben.«
»Sechs Stunden ist zu lang, um Wache zu stehen«, sagte der Soldat, welcher kochte.
»Solange der Schneesturm dauert, werden wir alle drei Stunden wechseln«, sagte der Korporal. »Das ist nur normal.«
»Was sollen bloß diese vielen Stabsautos?« fragte der Soldat auf der Pritsche. »Mir gefallen sie gar nicht, alle diese Stabsautos.«
»Mir auch nicht«, sagte der Korporal. »Alle solchen Sachen sind ein böses Zeichen.«
»Und die Flugzeuge«, sagte der Soldat, welcher kochte. »Flugzeuge sind auch ein böses Zeichen.«
»Aber wir haben großartige Flugzeuge«, sagte der Korporal. »Die Roten haben keine solchen Flugzeuge wie wir. Diese Flugzeuge heute morgen, da konnte einem das Herz im Leibe lachen.«
»Ich habe schon rote Flugzeuge gesehen, die waren gar nicht so ohne«, sagte der Soldat auf der Pritsche. »Ich habe diese zweimotorigen Bomber gesehen, und das war ein schauriger Anblick.«
»Ja. Aber sie sind nicht so großartig wie unsere Flugzeuge«, sagte der Korporal. »Wir haben eine Flugwaffe, die ist unübertrefflich.«
So redeten sie in der Sägemühle, während Anselmo wartend im Schnee stand, die Straße beobachtete und das Licht im Fenster der Sägemühle sah.
Hoffentlich brauche ich keinen Menschen umzubringen, dachte Anselmo. Ich glaube, nach dem Krieg wird man für all das Morden irgendeine große Buße tun müssen. Wenn wir nach dem Krieg keine Religion mehr haben, dann, glaube ich, muß irgendeine zivile Buße organisiert werden, damit alle sich von dem Morden reinigen können, sonst werden wir nie eine anständige und menschliche Grundlage für unser Leben haben. Das Morden ist nötig, ich weiß es, aber trotzdem bekommt es den Menschen sehr schlecht, und ich glaube, wenn das alles vorbei ist und wir den Krieg gewonnen haben, muß irgendeine Buße veranstaltet werden, damit wir alle uns reinwaschen können.
Anselmo war ein sehr guter Mensch, und sooft er lange allein war, und er war die meiste Zeit allein, kehrte er immer wieder zu diesem Problem zurück.
Ich möchte wissen, wie es mit dem Inglés steht, dachte er. Er hat mir erzählt, daß es ihm gar nichts ausmacht. Aber er scheint ein gefühlvoller und gutmütiger Mensch zu sein. Vielleicht nehmen die jüngeren Menschen es nicht wichtig. Vielleicht haben Ausländer, oder solche, die nicht in unserer Religion groß geworden sind, eine ganz andere Einstellung. Aber ich glaube, jeder, der da mitmacht, muß mit der Zeit verrohen, und ich glaube, wenn es auch nötig ist, so ist es doch eine schwere Sünde, und wir müssen hinterher etwas sehr Wirksames tun, um sie abzubüßen.
Es war inzwischen dunkel geworden, er blickte zu dem erleuchteten Fenster hinüber und schlug die Arme gegen die Brust, um sie zu erwärmen. Jetzt aber, dachte er,
Weitere Kostenlose Bücher