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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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unter dem estribo am unteren Rand der barrera, wo der Bulle ihn hingeschleudert hatte.« »Hast du etwas gerochen?« fragte Fernando.
 »Nein«, sagte Pilar. »Ich saß zu weit weg. Wir saßen in der siebenten Reihe des dritten tendido, gerade um die Ecke, und deshalb konnte ich alles genau sehen. Aber am selben Abend hat Blanquet, der auch unter Joselito gearbeitet hatte, als Joselito getötet wurde, dem Finito im Fornos alles erzählt, und Finito fragte Juan Luis de la Rosa, und der wollte nicht reden. Aber er nickte mit dem Kopf, daß es wahr sei. Ich war dabei. So, Inglés, hast vielleicht auch du für manche Dinge kein Ohr wie Chicuelo und Marcial Lalanda und alle die banderilleros und picadores und wie alle die gente des Juan Luis und Manolo Granero an jenem Tag. Aber Juan Luis und Blanquet waren nicht taub. Und auch ich habe ein Ohr für solche Dinge.«
 »Warum sagst du Ohr, wenn es sich um die Nase handelt?« fragte Fernando.
  »¡Leche!« sagte Pilar. »Du solltest Professor sein an Stelle des Inglés! Aber ich könnte dir auch noch von anderen Dingen erzählen, Inglés, und bezweifle du nicht, was du ganz einfach nicht sehen und nicht hören kannst. Du hörst nicht, was ein Hund hört. Und du riechst auch nicht, was ein Hund riecht. Aber ein bißchen was hast du auch schon erlebt, und du weißt jetzt, was einem alles passieren kann.«
 Maria legte die Hand auf Robert Jordans Schulter, und er dachte plötzlich: Mach Schluß mit diesem dummen Zeug und nütze die kurzen Stunden, die dir geschenkt sind. Aber es ist noch zu früh. Wir müssen den Rest des Abends totschlagen. Daher sagte er zu Pablo: »Du, glaubst du an diese Hexereien?«
 »Ich weiß nicht«, sagte Pablo. »Ich bin mehr deiner Meinung. Ich habe noch nie etwas Übernatürliches erlebt. Aber Angst, ja, Angst schon. Oft genug. Aber ich glaube, daß Pilar Ereignisse aus der Hand erraten kann. Wenn sie uns nicht anlügt, ist es vielleicht wahr, daß sie so was gerochen hat.« » Qué va, daß ich lüge!« sagte Pilar. »Diese Geschichte habe doch nicht ich erfunden. Dieser Blanquet war ein ernster Mensch und außerdem sehr fromm. Er war auch kein Zigeuner, sondern ein Bürger aus Valencia. Hast du ihn nie gesehen?«
 »Ja«, sagte Robert Jordan. »Ich habe ihn oft gesehen. Er war klein, hatte eine graue Gesichtsfarbe, und keiner konnte besser den Mantel schwingen als er. Er war flink wie ein Hase.«
 »Richtig«, sagte Pilar. »Seine Haut ist grau von einem Herzleiden, und die Zigeuner sagen, daß er den Tod mit sich herumträgt, aber daß er ihn mit seinem Mantel wegwischt, wie man den Staub von einem Tisch fegt. Aber er, der kein Zigeuner war, hat den Tod gerochen an Joselito, als Joselito in Talavera kämpfte. Obschon ich nicht verstehe, wie er ihn riechen konnte, unter all dem Manzanillagestank. Blanquet hat es uns nachher erzählt, er traute sich gar nicht recht, davon zu erzählen, und die, die ihn hörten, sagten, es ist reine Phantasie, und was er gerochen hatte, das war das Leben, das José damals führte und unter den Achseln aus sich herausschwitzte. Aber dann später kam die Geschichte mit Manolo Granero, an der Juan Luis de la Rosa beteiligt war. Freilich, Juan Luis war gerade kein Ehrenmann, aber sehr sensibel bei der Arbeit und auch ein großer Frauenjäger. Aber Blanquet war ein ernster Mensch und ein sehr stiller Mensch und gar nicht fähig, eine Unwahrheit zu sagen. Und ich habe dir schon gesagt, daß ich den Tod gerochen habe an deinem Kameraden, der hier bei uns war.«
 »Ich glaube das nicht«, sagte Robert Jordan. »Du sagst doch auch, daß die Sache mit Blanquet unmittelbar vor dem paseo passiert ist. Kurz vor Beginn des Stierkampfs. Aber eure Sache mit Kaschkin und dem Zug ist gut ausgegangen, und er ist nicht dabei umgekommen. Wie also konntest du den Tod an ihm riechen?« »Das hat gar nichts damit zu tun«, sagte Pilar. »Ignacio Sánchez Mejías hat in seiner letzten Saison so stark nach Tod gerochen, daß viele im Café nicht mit ihm sitzen wollten. Alle Zigeuner haben davon gewußt.«
 »Solche Sachen werden hinterher erfunden«, sagte Robert Jordan. »Alle Welt wußte, daß Sánchez Mejías einer cornada entgegengeht, weil er schon zu lange außer Übung war, weil er einen schwerfälligen und gefährlichen Stil hatte, weil er seine Kräfte und die Beweglichkeit in den Beinen verloren hatte, und weil seine Reflexe nicht mehr so funktionierten wie früher.«
 »Richtig«, sagte Pilar. »Das stimmt alles. Aber

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