Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
richtiges Bild erhalten, und wenn Sie eines hätten, wüßte ich nicht, was Sie damit anfangen wollten. Ich habe fast unaufhörlich ein solches Bild vor Augen, und was mache ich? Ich bemühe mich, es zu vergessen.« »Finden Sie es so schlimm?«
 »Es ist jetzt etwas besser geworden. Das Schlimmste verschwindet mit der Zeit. Trotzdem sieht es immer noch recht erbärmlich aus. Wir versuchen, eine Massenarmee zu schaffen, und einige ihrer Elemente, die Leute unter Modesto, El Campesino, Lister und Durán, sind zuverlässig. Mehr als zuverlässig. Hervorragend. Das werden Sie sehen. Außerdem haben wir noch die Brigaden, wenn auch ihre Rolle sich verändert hat. Aber eine Armee, die aus guten und schlechten Elementen zusammengesetzt ist, kann keinen Krieg gewinnen. Alle müssen einen gewissen Grad politischer Entwicklung erreicht haben, alle müssen wissen, worum sie kämpfen und wie wichtig das Kampfziel ist. Alle müssen an das Kampfziel glauben, und alle müssen sich der Disziplin fügen. Wir sind im Begriff, eine Massenarmee aus Wehrpflichtigen zu schaffen, und haben nicht genug Zeit, ihr die Disziplin einzuimpfen, die eine solche Massenarmee haben muß, um sich im Feuer ordentlich zu verhalten. Wir sprechen immer von einem Volksheer, aber unsere Armee wird weder die Eigenschaften eines wirklichen Volksheeres haben noch die eiserne Disziplin, die eine aus Wehrpflichtigen bestehende Armee braucht. Sie werden ja sehen. Es ist das ein sehr gefährliches Verfahren.«
 »Sie sind heute nicht in sehr heiterer Stimmung?«
 »Nein«, sagte Karkow. »Ich komme soeben aus Valencia und habe dort eine Menge Leute gesprochen. Wenn man aus Valencia zurückkommt, ist man nicht gut gelaunt. In Madrid hat man ein gutes und sauberes Gefühl und sieht keine andere Möglichkeit als die des Sieges. In Valencia herrscht eine ganz andere Atmosphäre. Dort dominieren immer noch die Feiglinge, die aus Madrid geflohen sind. Sie haben sich in der bürokratischen Schlamperei häuslich eingerichtet und verachten die Madrider. Ihr Hauptbestreben ist jetzt, das Kriegskommissariat zu schwächen. Und Barcelona! Barcelona müßten Sie sehen!« »Wie ist es dort?«
 »Immer noch wie in der Operette. Zuerst war Barcelona das Paradies der Narren und romantischen Revoluzzer. Jetzt ist es das Paradies der Scheinsoldaten, der Soldaten, die gern in Uniform herumgehen, die gern prahlen und sich aufblasen und schwarzrote Halstücher tragen, die alles am Krieg lieben, nur nicht den Kampf. In Valencia wird einem übel, und in Barcelona muß man lachen.«
 »Was ist mit dem Putsch der POUM?«
 »Die POUM war nie ernst zu nehmen. Ein paar Verrückte und ein paar Wildgewordene, die reine Kinderei. Dazu ein paar ehrliche, irregeleitete Menschen. Ferner ein recht guter Kopf, und außerdem ein kleines bißchen Faschistengeld. Nicht sehr viel. Die arme POUM. Sie waren alle sehr dumm, diese Leute.«
 »Sind viele bei dem Putsch gefallen?«
 »Nicht so viele, wie nachher erschossen wurden oder jetzt noch erschossen werden. Die POUM. Sie ist wie ihr Name. Nicht ernst zu nehmen. Sie sollte MUMPS oder MASERN heißen. Aber nein, Masern sind viel gefährlicher. Masern können das Gehör und die Augen zerstören. Einmal aber haben sie ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen, um Walter zu beseitigen, und Modesto zu beseitigen, um Prieto zu beseitigen. Sie sehen, wie bei ihnen alles durcheinandergeht? Wie sie die verschiedensten Typen durcheinanderschmeißen? Arme POUM! Nie hat sie jemanden beseitigt. Weder an der Front noch sonstwo. Ja, vielleicht ein paar Leute in Barcelona.«
 »Waren Sie dort?«
 »Ja. Ich habe in einem Telegramm die Verruchtheit dieser infamen Organisation trotzkistischer Mörder und ihre verachtungswürdigen faschistischen Machinationen geschildert, aber, unter uns gesagt, sie ist nicht sehr ernst zu nehmen, die POUM. Nin war ihr einziger Kopf. Wir hatten ihn fest, aber er ist uns entwischt.« »Wo ist er jetzt?«
 »In Paris. Wir sagen, er ist in Paris. Er war ein sehr angenehmer Mensch, aber er hatte schlimme politische Abweichungen.«
 »Aber die Leute hatten doch wirklich Verbindung mit den Faschisten, wie?«
 »Wer hat sie nicht?«
 »Wir.«
 »Wer weiß? Hoffentlich nicht. Sie zum Beispiel begeben sich sehr oft hinter die faschistische Front.« Er grinste. »Der Bruder eines der Sekretäre der republikanischen Gesandtschaft in Paris ist vorige Woche nach St. Jean de Luz gefahren, um dort mit Burgos-Leuten

Weitere Kostenlose Bücher