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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Sigüenza zusammengezogen worden, abgesehen von denen, die im Norden operieren. Sie haben aber nicht genug Truppen und nicht genug Material, um zwei Hauptoffensiven gleichzeitig durchzuführen. Das ist unmöglich. Es muß also ein Bluff sein.
 Aber wir wissen, wieviel Truppen die Italiener im ganzen vorigen und vorvorigen Monat in Cádiz gelandet haben. Es besteht immer die Möglichkeit, daß sie es noch einmal bei Guadalajara versuchen, nicht so idiotisch wie das erste Mal, sondern mit drei Hauptkolonnen, die in breiter Front längs der Eisenbahn zu dem westlichen Rand der Hochebene vorstoßen. Auf eine ganz bestimmte Art wäre es zu machen, das hatte Hans ihm gezeigt. Das erste Mal hatten sie viele Fehler begangen.Der ganze Plan war ungesund. Sie hatten bei der Arganda-Offensive gegen die Straße Madrid-Valencia keinen einzigen der Truppenteile verwendet, die sie bei Guadalajara eingesetzt hatten. Warum hatten sie nicht diese beiden Vorstöße gleichzeitig unternommen? Warum? Warum? Wann werden wir erfahren, warum? Aber beide Male stoppten wir sie mit denselben Truppen. Nie hätten wir sie stoppen können, wenn sie beide Vorstöße gleichzeitig unternommen hätten. Grüble nicht soviel, sagte er sich. Schau, was für Wunder geschehen sind! Entweder wirst du morgen früh die Brücke sprengen müssen oder du wirst sie nicht zu sprengen haben. Aber fange nicht an, dir einzureden, daß du sie überhaupt nicht wirst sprengen müssen. Eines schönen Tages, früher oder später, wirst du sie sprengen müssen. Und wenn es nicht diese Brücke ist, wird es irgendeine andere Brücke sein. Nicht du bestimmst, was zu geschehen hat. Du führst Befehle durch. Führe sie durch und versuche nicht, dir darüber noch Gedanken zu machen.
 Die vorliegenden Befehle sind klar. Viel zu klar. Aber du sollst nicht grübeln, und du sollst keine Angst haben. Gestattest du dir den Luxus gewöhnlicher Angst, wirst du mit dieser Angst die anderen infizieren, die mit dir zu arbeiten haben.
 Aber das mit den Köpfen war doch eine starke Sache, sagte er zu sich. Und der Alte, der ganz allein auf dem Hügel die Leichen findet! Wie würde dir so etwas gefallen? Das hat dich gepackt, nicht wahr? Ja, das hat dich gepackt, Jordan. Du bist heute einige Male recht ordentlich gepackt worden. Aber du hast dich tadellos gehalten. Bisher hast du dich gut gehalten. Als Spanischlehrer an der Universität von Montana bist du gut zu gebrauchen, sagte er, sich selber verspottend. Dazu bist du gut zu gebrauchen. Aber fang nicht an, dir einzubilden, daß du etwas Besonderes bist. Du hast es in deinem neuen Beruf nicht sehr weit gebracht. Denk bloß an Durán, der überhaupt keine militärische Ausbildung genossen hat und vor der Bewegung ein verbummelter Komponist war! Heute ist er ein verteufelt tüchtiger Brigadegeneral. Für Durán war das alles so leicht und einfach zu erlernen wie das Schachspiel für ein Schachwunderkind. Du hast seit deiner frühesten Jugend militärische Fragen studiert, seit dein Großvater dich mit dem amerikanischen Bürgerkrieg bekannt machte. (Großvater sagte bloß immer »Rebellionskrieg«.) Aber im Vergleich zu Durán bist du wie ein solider, braver Schachspieler gegen ein Wunderkind. Der alte Durán! Es wäre nett, Durán wieder einmal zu sehen. Wenn diese Geschichte vorüber ist, wird er ihn im Gaylord treffen. Ja. Wenn diese Geschichte vorbei ist. (Schau, wie gut du dich hältst!)
 Im Gaylord werde ich ihn treffen, sagte er abermals zu sich selbst, wenn diese Geschichte vorüber ist. Mach dir nichts vor! sagte er. Tu deine Pflicht, wie sich's gehört. Ganz kalt. Ohne dir was vorzumachen. Du wirst Durán nie mehr wiedersehen, und es ist auch nicht wichtig. Nein, so ist es auch nicht richtig, sagte er zu sich. Das ist alles ein Luxus, den du dir nicht zu gestatten hast.
 Bitte, keinerlei heroische Resignation! Hier in den Bergen können wir keine Bürger mit heroischer Resignation brauchen. Dein Großvater hat im amerikanischen Bürgerkrieg vier Jahre lang mitgekämpft, und du beendest gerade dein erstes Jahr in diesem Krieg. Du hast noch einen weiten Weg vor dir, und du machst deine Arbeit gar nicht schlecht. Und jetzt hast du auch noch Maria. Ja, du hast alles! Du mußt nicht grübeln. Was bedeutet schon ein kleines Scharmützel zwischen einem Guerillatrupp und einer Kavallerieschwadron? Gar nichts. Und wenn sie ihnen schon die Köpfe abgeschnitten haben! Ist das so wichtig? Gar nicht wichtig. Als Großvater nach dem Krieg im

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