Wem die Stunde schlaegt
mußt es ihm sehr klarmachen. Dieses Zeug mit Stäben und Divisionen ist mir ein Rätsel, immer bin ich zu einem ganz bestimmten Ort hingegangen, wie zum Beispiel zu einem Haus. In Navacerrada ist es das alte Hotel, dort befindet sich das Kommando. In Guadarrama ist es ein Haus mit einem Garten.«
»Der Ort, an dem dieser General sich aufhält«, sagte Robert Jordan, »wird dicht an der Front liegen, und zwar unter der Erde, um vor den Fliegern geschützt zu sein. Andrés wird sich leicht durchfragen, wenn er nur weiß, wonach er zu fragen hat. Er braucht dann nur den Zettel vorzuzeigen, den ich geschrieben habe. Aber hole ihn jetzt, denn die Depesche muß schnell ankommen.« Anselmo duckte sich unter die Decke und ging hinaus. Robert Jordan begann etwas in sein Notizbuch zu schreiben.
»Hör mal, Inglés !« sagte Pablo, immer noch den Weinnapf anstarrend.
»Ich schreibe«, sagte Robert Jordan, ohne aufzublicken.
»Hör mal, Inglés !« sagte Pablo zu dem Weinnapf. »Du brauchst nicht den Mut zu verlieren. Auch ohne Sordo haben wir genug Leute, um die Posten zu erledigen und die Brücke zu sprengen.«
»Gut«, sagte Robert Jordan, ohne mit dem Schreiben aufzuhören.
»Genug Leute«, sagte Pablo. »Ich habe heute deinen Scharfsinn sehr bewundert, Inglés «, sagte Pablo zu dem Weinnapf. »Ich finde, du hast sehr viel picardía. Du bist schlauer als ich. Ich habe Vertrauen zu dir.«
Robert Jordan hörte nur halb hin, er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf die Depesche an Golz, er versuchte seine Meldung in möglichst wenigen Worten zusammenzufassen und sie doch so zu formulieren, daß sie durchaus überzeugend klang, er versuchte, sie so zu formulieren, daß sie den Angriff unter allen Umständen abblasen würden, aber er wollte ihnen zugleich klarmachen, daß er nicht etwa irgendwelche Befürchtungen wegen der Gefährlichkeit seiner eigenen Mission hege, sondern nur den Wunsch habe, ihnen alle Fakten zugänglich zu machen.
»Inglés«, sagte Pablo.
»Ich schreibe«, erwiderte Robert Jordan, ohne aufzublicken. Ich sollte eigentlich zwei Boten schicken, dachte er. Aber dann werde ich nicht genug Leute haben, um die Brücke zu sprengen, falls sie gesprengt werden muß. Was weiß denn ich, warum sie diesen Angriff machen? Vielleicht ist es nur ein Präventivangriff. Vielleicht ein Ablenkungsmanöver. Vielleicht wollen sie die Flugzeuge von der Nordfront ablenken. Vielleicht ist es nur das! Vielleicht erwartet man gar nicht, daß der Angriff glückt. Was weiß denn ich darüber? Das ist mein Bericht an Golz. Ich sprenge die Brücke nicht eher, als bis der Angriff beginnt. Meine Befehle sind klar, und wenn der Angriff abgeblasen wird, dann habe ich nichts zu sprengen. Aber ich muß gerade so viele Leute hier behalten, daß sie ausreichen, um die Order durchzuführen. »Was hast du gesagt?« fragte er Pablo.
»Daß ich Vertrauen zu dir habe, Inglés .« Pablo sprach immer noch zu dem Weinnapf.
Mann, ich wollte, ich hätt's auch, dachte Robert Jordan. Er schrieb weiter.
XXX
Nun war also alles erledigt, was er noch in der Nacht zu erledigen hatte. Alle Befehle waren erteilt. Jeder einzelne wußte genau, was er morgen früh zu tun haben würde. Andrés war vor drei Stunden abmarschiert. Entweder wird es nun bei Tagesanbruch losgehen, oder es wird nicht losgehen. Ich glaube, es wird losgehen, sagte Robert Jordan zu sich selbst, während er von dem oberen Posten zur Höhle hinunterging. Er war oben gewesen, um mit Primitivo zu sprechen.
Golz führt den Angriff, aber er ist nicht befugt, ihn abzublasen. Die Erlaubnis, ihn abzublasen, muß aus Madrid eingeholt werden. Wahrscheinlich werden sie dort niemanden aus dem Schlaf trommeln können, und wenn einer aufwacht, wird er zu schläfrig sein, um nachzudenken. Ich hätte Golz schon früher von den Vorbereitungen unterrichten müssen, die der Gegner getroffen hat, um unseren Angriff abzufangen, aber wie soll ich etwas mitteilen, bevor es geschehen ist? Erst nach Einbruch der Dunkelheit haben sie ihren Kram hinaufgeschafft. Sie wollten verhindern, daß unsere Flieger die Transporte erspähen. Aber was bedeuten die vielen Flugzeuge? Was bedeuten diese faschistischen Flugzeuge?
Unsere Leute müßten eigentlich durch die Flugzeuge aufmerksam geworden sein. Aber vielleicht ist das Ganze nur ein Täuschungsmanöver, und die Faschisten planen eine neue Offensive bei Guadalajara. Angeblich sind ja wieder sehr viel italienische Truppen in Soria und in
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