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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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gedacht, daß ich eine Frau wirklich lieben könnte.«
 Sie streichelte seine Wangen und verschränkte dann die Hände hinter seinem Kopf. »Du mußt viele Frauen gekannt haben.«
 »Aber ich habe sie nicht geliebt.«
 »Hör mal! Pilar hat mir etwas gesagt –«
 »Erzähle!«
 »Nein, lieber nicht. Reden wir wieder über Madrid.«
 »Was wolltest du eben sagen?«
 »Ich möchte es nicht sagen.«
 »Vielleicht solltest du es lieber doch sagen, wenn es wichtig ist.«
 »Glaubst du, es ist wichtig?«
 »Ja.«
 »Aber wie kannst du das wissen, wenn du nicht weißt, was es ist?« »Ich merke es dir an.«
 »Dann will ich es dir nicht verschweigen. Pilar hat mir gesagt, daß wir morgen alle sterben werden und daß du es genauso gut weißt wie sie, und daß du es nicht wichtig nimmst. Sie hat das nicht vorwurfsvoll gesagt, sondern bewundernd.«
 »Das hat sie gesagt?« sagte er. Diese verrückte Hexe, dachte er, und er sagte: »Das ist wieder so ein Zigeunermist! Solches Zeug schwatzen alte Marktweiber und feige Kaffeehaushocker. Das ist reiner Mist.«
 Er fühlte, wie ihm unter den Achseln der Schweiß ausbrach und an den Armen entlanglief, und er sagte zu sich selbst: du hast also Angst, wie? Und laut sagte er: »Sie ist eine abergläubische Hexe mit einem mistigen Maul. Sprechen wir wieder über Madrid.«
 »Dann weißt du es also gar nicht?«
 »Natürlich nicht. Rede nicht solchen Mist daher«, sagte er, ein kräftigeres und häßlicheres Wort gebrauchend.
 Aber als er nun wieder über Madrid zu reden begann, gelang es ihm nicht mehr, sich was vorzumachen. Jetzt erzählte er bloß seinem Mädchen und sich selber lauter Lügen, um die Nacht vor dem Kampf hinzubringen, und er wußte es auch. Er tat es gern, aber verschwunden war das wollüstige Gefühl des Hinübergleitens. Trotzdem fing er wieder an.
 »Ich habe über dein Haar nachgedacht«, sagte er, »was wir mit ihm anfangen wollen. Siehst du, jetzt wächst es überall gleich lang wie das Fell eines Tieres, und es fühlt sich nett an, und es gefällt mir sehr, es ist schön, und wenn ich mit der Hand darüberstreiche, glättet es sich und richtet sich wieder auf wie ein Weizenfeld im Wind.«
 »Streich mir mit der Hand darüber.«
 Er tat es und ließ seine Hand auf ihrem Kopf ruhen und sprach weiter, die Lippen dicht über ihrem Hals, während es ihn in der Kehle zu würgen begann. »Aber in Madrid, habe ich mir gedacht, könnten wir zusammen zum Friseur gehen und es an den Seiten und hinten sauber schneiden lassen, so wie mein Haar geschnitten ist, und das wird dann in der Stadt besser aussehen, bis es richtig nachgewachsen ist.« »Ich werde dann so aussehen wie du«, sagte sie und preßte ihn dicht an sich. »Und dann werde ich es nie mehr anders haben wollen.«
 »Nein. Es wird ja weiterwachsen, und das ist nur, damit es am Anfang sauber aussieht, solange es noch nicht die richtige Länge hat. Wie lange wird es dauern, bis das Haar ganz lang ist?«
 »Richtig lang?«
 »Nein. Ich meine bis zu den Schultern. So möchte ich, daß du es trägst.«
 »Wie die Garbo im Kino?«
 »Ja«, sagte er heiser.
 Nun überkam ihn wieder die stürmische Lust, sich selber zu betrügen und gierig riß er dieses Gefühl an sich, und es hielt ihn gepackt, und er gab sich ihm hin. »So wird es dir glatt auf die Schultern hängen und sich an den Enden kräuseln wie eine Meereswelle, und es wird die Farbe reifen Weizens haben und dein Gesicht die Farbe dunklen Goldes und deine Augen die einzige Farbe, die zu deinem Haar und deiner Haut paßt, goldgelb mit dunklen Flecken darin, und ich werde deinen Kopf zurückbiegen und dir in die Augen schauen und dich fest an mich drücken –«
 »Wo?«
 »Wo immer. Wo wir gerade sind. Wie lange wird es dauern, bis dein Haar nachgewachsen ist?«
 »Ich weiß es nicht, denn es ist mir früher nicht passiert, daß man mir die Haare abgeschnitten hat. Aber ich glaube, in sechs Monaten werden sie wohl schon so lang sein, daß sie bis hinter die Ohren reichen, und in einem Jahr so lang, wie du es dir nur wünschen kannst. Aber weißt du, was vorher passieren wird?« »Sag es mir.«
 »Wir werden zusammen in dem großen, sauberen Bett sein, in deinem berühmten Zimmer in unserem berühmten Hotel, und wir werden zusammen in dem berühmten Bett sitzen und in den Spiegel des armoire schauen, und da wirst du in dem Spiegel sein, und da werde ich in dem Spiegel sein, und dann werde ich mich so zu dir wenden und so meine Arme

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