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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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fragte er: »Glaubst du, es wird an der Brücke gekämpft werden?«
 »Möglicherweise.«
 »Ich habe noch nie einen Kampf miterlebt, ohne wegzulaufen«, sagte Anselmo. »Ich weiß nicht, wie ich mich aufführen würde. Ich bin ein alter Mann und weiß es wirklich nicht.«
 »Ich bürge für dich«, sagte Robert Jordan.
 »Hast du viele Kämpfe miterlebt?«
 »Mehrere.«
 »Und was hältst du von diesem Kampf an der Brücke?«
 »Zuallererst denke ich an die Brücke. Das ist mein Geschäft. Die Brücke zerstören ist nicht schwer. Dann werden wir alles übrige regeln. Die Präliminarien. Es wird alles schriftlich niedergelegt.«
 »Es sind nicht viele, die lesen können«, sagte Anselmo.
 »Es wird schriftlich festgelegt, damit alle Bescheid wissen, aber es wird auch jedem einzelnen genau erklärt werden.«
 »Was man mir zuweist, das werde ich machen«, sagte Anselmo. »Aber weil ich mich an die Schießerei in Segovia erinnere – falls es zum Kampf kommt, oder falls auch nur sehr viel geschossen wird, möchte ich genau wissen, was ich unter allen Umständen tun muß, damit ich nicht davonlaufe. Ich erinnere mich, damals in Segovia hatte ich einen großen Hang zum Davonlaufen.« »Wir bleiben beisammen«, sagte Robert Jordan. »Ich werde dir zu jedem Zeitpunkt sagen, was zu tun ist.«
 »Dann ist es kein Problem«, sagte Anselmo. »Ich tue alles, was man mir befiehlt.«
 »Unser die Brücke und der Kampf und die Schlacht, wenn es dazu kommt!« sagte Robert Jordan, und wie er das so in der Dunkelheit sagte, kam er sich ein wenig theatralisch vor, aber im Spanischen klang es gut.
 »Es müßte eigentlich sehr interessant sein«, sagte Anselmo, und als Robert Jordan ihn das so ehrlich und klar und ohne jede Pose sagen hörte – ohne die englische Pose der Nüchternheit und ohne alle lateinische Prahlerei –, schätzte er sich glücklich, diesen alten Mann an seiner Seite zu haben, und da er nun die Brücke gesehen und seine Berechnungen angestellt und erkannt hatte, wie einfach es sein würde, die Posten zu überrumpeln und die Brücke auf normale Weise zu sprengen, ärgerte er sich über Golz' Befehle und darüber, daß sie notwendig waren. Sie mißfielen ihm, nicht nur seinetwegen, sondern auch des Alten wegen. Verdammt unangenehme Befehle für alle die, die sie durchzuführen hatten.
 Und so soll man nicht denken, sagte er zu sich selber, und warum soll gerade dir nichts passieren oder diesem und jenem? Weder ein Robert Jordan noch dieser alte Mann bedeutet irgend etwas. Ihr seid Werkzeuge und habt eure Pflicht zu tun. Hier liegen notwendige Befehle vor, für die wir nichts können, und da ist eine Brücke, und diese Brücke kann ein Wendepunkt für das ganze Menschengeschlecht werden. Wie alles, was in diesem Krieg geschieht. Du hast nur eines zu tun, und das mußt du tun. Nur eines, verdammt noch mal, dachte er. Wenn es nur eines wäre, wär's leicht. Hör auf zu grübeln, du alberner Hohlkopf, sagte er zu sich selber. Denk an was anderes. Und so dachte er an das Mädchen Maria, Haut, Haare und Augen von der gleichen goldbraunen Farbe, das Haar ein wenig dunkler, aber es wird heller werden, wenn die Haut sich tiefer bräunt, die glatte Haut, mit dem blaßgoldenen Schimmer über einem dunklen Schatten. Glatt wird ihre Haut sein, glatt am ganzen Körper, und sie bewegte sich unbeholfen, und ihre Bewegungen waren unbeholfen, als wäre etwas an ihr und um sie, das sie verlegen machte, als ob es sichtbar wäre, obgleich es nicht sichtbar war, sondern nur in ihren Gedanken existierte. Und sie errötete, wenn er sie ansah, und sie saß da, die Hände über den Knien gefaltet und das Hemd am Halse offen, die Hügel ihrer Brüste unter dem Hemd, und als er an sie dachte, würgte es ihn in der Kehle, und das Gehen wurde ihm schwer, und er und Anselmo redeten kein Wort mehr, bis der Alte sagte: »Jetzt gehen wir durch diese Felsen bis zum Lager.«
 Als sie im Finstern durch die Felsen kamen, rief jemand sie an: »Halt! Wer da?« Sie hörten das Klicken des Gewehrverschlusses und dann das dumpfe Geräusch, wie der Bolzen gegen das Holz schlug und einschnappte.
 »Genossen«, sagte Anselmo.
 »Was für Genossen?«
 »Genossen von Pablo«, sagte der Alte. »Kennst du uns nicht?«
 »Ja«, sagte die Stimme. »Aber es ist Befehl. Wißt ihr das Losungswort?«
 »Nein. Wir kommen von unten.«
 »Ich weiß«, sagte der Mann im Finstern. »Ihr kommt von der Brücke. Ich weiß das alles. Es ist nicht mein

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