Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
Befehl. Ihr müßt die zweite Hälfte von einem Losungswort wissen.« »Wie ist denn die erste Hälfte?« sagte Robert Jordan.
 »Ich habe sie vergessen«, sagte der Mann im Finstern und lachte. »So geh schon, du Sch..., zum Lagerfeuer mit deinem besch... Dynamit.«
 »Das nennt man Guerilladisziplin«, sagte Anselmo. »Entspann den Hahn.«
 »Er ist entspannt«, sagte der Mann im Finstern. »Ich hab' ihn mit Daumen und Zeigefinger runtergelassen.«
 »Das wirst du mal mit einer Mauser machen, die keinen Haken am Hahn hat, und das Ding wird losgehen.«
 »Das ist eine Mauser«, sagte der Mann. »Aber ich habe einen großartigen Griff mit Daumen und Zeigefinger. Ich mach's immer so.«
 »Wohin zielt der Lauf?« fragte Anselmo im Finstern.
 »Auf dich«, sagte der Mann, »die ganze Zeit, wie ich den Hahn runtergelassen habe, und wenn du zum Lager kommst, gib Befehl, daß mich jemand ablöst, weil ich einen unbeschreiblichen besch... Hunger habe, und das Losungswort hab ich auch vergessen.«
 »Wie heißt du?« fragte Robert Jordan.
 »Agustín«, sagte der Mann. »Ich heiße Agustín, und ich verrecke hier vor Langeweile.«
 »Wir werden alles ausrichten«, sagte Robert Jordan, und er überlegte, daß das Wort aburrimiento, das im Spanischen »Langeweile« bedeutet, ein Wort ist, welches kein Bauer in irgendeinem Land verwenden würde. Aber im Mund eines Spaniers, gleichgültig welcher Klasse, ist es eines der gebräuchlichsten Wörter.
 »Hör mal«, sagte Agustín. Er kam dicht heran und legte die Hand auf Robert Jordans Schulter. Dann schlug er Feuer mit Stein und Stahl, blies auf den Schwamm und hielt ihn empor, das Gesicht des jungen Mannes im trüben Schein betrachtend. »Du siehst aus wie der andere«, sagte er. »Aber ein bißchen anders. Hör zu.« Er ließ das Feuerzeug sinken und stand da, die Flinte in der Hand. »Sag mir eines. Stimmt das mit der Brücke?« »Was denn?«
 »Daß wir die besch... Brücke sprengen und dann wie die besch... Hunde aus diesen besch... Bergen abhauen müssen?«
 »Ich weiß es nicht.«
 »Du weißt es nicht«, sagte Agustín. »So eine Barbarei! Wem gehört denn das Dynamit?«
 »Mir.«
 »Und du weißt nicht, wofür es ist? Erzähl mir nichts!«
 »Ich weiß, wofür es ist, und auch du wirst das rechtzeitig erfahren«, sagte Robert Jordan. »Aber jetzt gehen wir zum Lager.«
 »Geh zum Teufel!« sagte Agustín. »Und – – – dich selber. Aber soll ich dir was sagen, was für dich von Nutzen sein kann?«
 »Ja«, sagte Robert Jordan. »Wenn es nicht unaussprechlich ist. Wenn es nicht – – – ist«, und er erwähnte hier das hervorstechendste der ordinären Wörter, mit denen Agustín das Gespräch gewürzt hatte. Agustín führte eine so ordinäre Sprache, jedes Hauptwort mit einem obszönen Adjektiv verknüpfend und die gleiche Schweinerei als Verbum benützend, daß Robert Jordan zweifelte, ob er überhaupt imstande wäre, einen geraden Satz hervorzubringen. Als Agustín das Wort hörte, lachte er im Finstern. »Das ist meine Art zu reden. Vielleicht klingt es häßlich. Wer weiß? Jeder redet nach seiner Art. Hör zu. Die Brücke ist mir gar nichts. Die Brücke ist mir ebenso gut wie was anderes. Außerdem langweile ich mich hier in den Bergen. Hauen wir ab, wenn es sein muß. Diese Berge sagen mir gar nichts. Gehen wir weg. Aber eines will ich dir sagen! Paß gut auf deinen Sprengstoff auf.« »Danke«, sagte Robert Jordan. »Ich werde mich in acht nehmen. Vor dir?«
 »Nein«, sagte Agustín. »Vor Leuten, die weniger besch... equipiert sind als ich.«
 »So?« sagte Robert Jordan.
 »Du verstehst Spanisch«, sagte Agustín in ernstem Ton. »Gib gut acht auf deinen besch... Sprengstoff.«
 »Danke.«
 »Nein, bedank dich nicht bei mir. Gib auf dein Zeug acht.«
 »Ist etwas passiert?«
 »Nein, sonst würde ich dir nicht mit solchem Gerede die Zeit stehlen.«
 »Ich danke dir trotzdem. Wir gehen jetzt zum Lager.«
 »Gut«, sagte Agustín. »Und daß sie jemand herschicken, der das Losungswort kennt!«
 »Treffen wir dich im Lager?«
 »Ja, Mann. Und bald.«
 »Komm«, sagte Robert Jordan zu Anselmo.
 Sie gingen am Rande der Lichtung entlang, ein grauer Nebel bedeckte den Boden. Nun war das Gras unter den Füßen von einer üppigen Weichheit, anders als zuvor der harte Nadelboden des Waldes, und die Feuchte des Taus drang durch die leinenen Schuhe. Ein Stück weiter vorne zwischen den Stämmen sah Robert Jordan ein Licht schimmern,

Weitere Kostenlose Bücher